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Korruptionsjäger beklagt Schikanen der Oberbehörden

Von Daniel Bischof

Politik

Oberstaatsanwalt der WKStA berichtet im U-Ausschuss von massiven Einflussnahmen.


Eine Behörde, die den Arbeitsaufwand personell kaum noch bewältigen kann, von ihren Vorgesetzten schikaniert wird und ständig falschen Vorwürfen ausgesetzt ist: Dieses Bild zeichnete am Dienstag Oberstaatsanwalt Matthias Purkart von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) im Ibiza-U-Ausschuss.

"Es wurde ein Klima geschaffen, bei dem uns Spitzenkräfte verlassen und sich kaum neue Bewerber finden", klagte Purkart. Die Ressourcen der WKStA seien sehr angespannt. Das führe auch zu langsameren, schlechteren Ermittlungen und schade dem Rechtsstaat, so der Ankläger.

Massive Kritik übte er an den Oberbehörden - der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien und dem Justizministerium. Vertreter der WKStA hatten im U-Ausschuss bereits mehrfach unerwünschte Einflussnahmen der vorgesetzten Behörden bemängelt. Eine Verbesserung der Situation sei bisher nicht eingetreten, erklärte Purkart. Im Gegenteil: Man sei weiter "Störfeuern" ausgesetzt, der Konflikt habe sich sogar zugespitzt.

Vergangenen Freitag sei eine Dienstaufsichtsprüfung bei der WKStA durch die OStA Wien eingeleitet worden, so Purkart. Grund dafür sei die Vorgangsweise der Behörde bei den Ermittlungen gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wegen falscher Beweisaussage. Die OStA Wien werfe der WKStA vor, anderen Verfahrensbeteiligten Akteneinsicht in diese Ermittlungen gewährt zu haben und damit gesetzwidrig gehandelt zu haben.

"Neue Eskalationsstufe"

Purkart weist das zurück. Bei der Vorgehensweise habe es sich um eine "jahrelange Übung" gehandelt, die allein schon 27 Mal in diesem Verfahrenskomplex geübt wurde. Derartige Prüfungen und Vorwürfe seien zeitraubend. Sie würden die Ermittlungen behindern, da die WKStA Zeit dafür aufbringen müsse, sich zu verteidigen, so der Oberstaatsanwalt.

Eine solche Dienst- und Fachaufsicht durch die Oberbehörden sei in dieser Form keinesfalls üblich. Offensichtlich werde im Justizministerium "aktiv nach Fehlern von uns gesucht". Auch sei man immer wieder dem Vorwurf ausgesetzt, dass die WKStA geheime Informationen aus den Ermittlungen weitergeben würde.

Das sei falsch. Alle Vorwürfe seien geprüft und zurückgewiesen worden. Im Februar 2021 habe sich stattdessen gezeigt, dass die Oberbehörden geheime Daten weiterleiten würden. Das habe das Vertrauen in die Vorgesetzten "nochmals massiv erschüttert": "Wir haben eine neue Eskalationsstufe erlebt."

Purkart erklärte auch, dass ein angeblicher WKStA-Leak von Chats von Öbag-Vorstand Thomas Schmid mit ÖGB-Chef Wolfgang Katzian von der ÖVP selbst gekommen sein muss. Die medial veröffentlichte Passage sei nämlich nicht Teil des Akts der WKStA gewesen.

Eine weitere rechtliche Front eröffnete sich am Dienstag durch neue Ermittlungen: Die WKStA ersuchte den Nationalrat um die Aufhebung der Immunität der Nationalratsabgeordneten und ÖVP-Justizsprecherin Michaela Steinacker. Gegen Steinacker und andere Personen liege ein Anfangsverdacht der Untreue und Vorteilsannahme vor, so die WKStA.

ÖVP dementiert Vorwurf

Steinacker soll von 1. Juli 2013 bis 31. Dezember 2017 unverhältnismäßig entlohnt worden sein. Steinacker war damals bereits Nationalratsabgeordnete und gleichzeitig bei der Raiffeisen evolution project development GmbH angestellt. Sie habe Gehalt von dem Unternehmen bezogen, tatsächlich jedoch "beinahe ausschließlich" für die ÖVP gearbeitet. Eine Whistleblowerin behauptet, Steinackers Tätigkeit habe als "verdeckte Parteispende" des Raiffeisen-Konzerns an die ÖVP gedient. Die ÖVP dementiert die Vorwürfe. "Das Auslieferungsbegehren gegen die Abgeordnete Michaela Steinacker entbehrt jeder Grundlage und ist deshalb auch zurückzuweisen", heißt es.