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Vertrauen in Politik stark gesunken

Von Daniel Bischof

Politik

Im Vorjahr erreichten die Vertrauenswerte im Demokratiebefund noch Rekordwerte. Nun gehen sie wieder deutlich zurück.


Das Vertrauen in die Politik und Politiker ist heuer im Vergleich zum Vorjahr stark gesunken. Es ist aber noch immer höher als in den Jahren vor der Pandemie. Das ist die Bilanz des Demokratiebefunds 2021, der am Donnerstag von der "Initiative Mehrheitswahlrecht und Demokratiereform" in Wien vorgestellt wurde.

Hatten noch 2020 insgesamt 52 Prozent der Befragten "sehr" oder "eher" Vertrauen in die Politik, so waren es heuer nur mehr 37 Prozent. Auch das Vertrauen in die Politiker sank. 2020 zeigten 53 Prozent "weniger" bis "gar kein" Vertrauen in sie. 2021 stieg dieser Wert auf 67 Prozent.

Bei der Befragung im September 2020 seien die Vertrauenswerte hoch "wie kaum in den letzten Jahrzehnten davor" gewesen, sagte Johannes Klotz vom Meinungsforschungsinstitut OGM. Es hat für den diesjährigen Demokratiebefund Anfang September 804 Personen befragt (Schwankungsbreite 3,5 Prozent).

Pessimismus steigt

Nach der ersten Corona-Welle habe noch der Eindruck vorgeherrscht, dass die Pandemie sich durch die Maßnahmen beenden lasse, sagte Klotz. Von einer zweiten Infektionswelle sei man damals noch nicht ausgegangen.

Durch die andauernde Pandemie seien die Werte nun gesunken, so Klotz. Es seien "Indizien für einen zunehmenden Pessimismus zu erkennen". Das zeige sich bei der Diskussion um die Teuerungen, die Kosten der Energiewende und den weiteren Verlauf der Pandemie. Für das Jahr 2022 rechnet er mit einem weiteren Absinken der Vertrauenswerte.

Werden in den Vergleich die Jahre 2015, 2017 und 2019 einbezogen, ergibt sich ein anderes Bild. 2015, als die Befragung während des polarisierenden Flüchtlings- und Migrationskrise stattfand, hatten nur 22 Prozent "sehr" oder "eher" Vertrauen in die Politik (2017: 12 Prozent; 2019: 36 Prozent, 2021; 37 Prozent). Vor dem Hintergrund der "überwiegend kritischen Ergebnisse" in 2015 und 2017 und den "hype-ähnlich" hohen Werten 2020 habe sich die Situation heuer normalisiert, sagte Klotz.

Neuer Grundrechtskatalog

Um das Vertrauen langfristig zu steigern, mahnt die Initiative von der Politik Reformen ein. Obmann Heinrich Neisser forderte eine Debatte über einen neuen Grundrechtskatalog. Das derzeitige Grundrechtssystem sei äußerst zersplittert und unübersichtlich. Der neue Katalog müsse in einem breiten gesellschaftlichen Diskurs ausverhandelt und dann mittels Volksabstimmung beschlossen werden, sagte Neisser.

Politologe Klaus Poier von der Uni Graz gab sich überzeugt, dass eine Debatte um das Mehrheitswahlrecht in den nächsten Jahren wieder an Fahrt aufnehmen wird. In Deutschland würden nach den Bundestagswahlen nun zwei Parteien, die zwischen elf und vierzehn Prozent erzielt haben, untereinander "ausmachen, wer Kanzler wird". Dadurch werde das Mitspracherecht der Wähler letztlich stark eingeschränkt.