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Bund packt wieder Hilfen-Koffer aus

Von Marina Delcheva

Politik

Neue Corona-Hilfen für Unternehmen im Lockdown beschlossen. Wirtschaftsprognose für heuer dürfte nicht halten.


Es ist der fünfte Lockdown in Österreich seit Beginn der Pandemie, Lockdown zwei und drei im November 2020 und Jänner 2021 wurden ja fürs Weihnachtsgeschäft unterbrochen. Und auch die Instrumente, mit denen man betroffenen Betrieben und Wirtschaftstreibenden finanziell unter die Arme greift, sind, mit kleinen Nachschärfungen, bekannt. Am Freitag haben Finanzminister Gernot Blümel, Arbeitsminister Martin Kocher (beide ÖVP) und Staatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) weitere Corona-Hilfen für die kommenden 20 Tage Lockdown angekündigt.

"Wir nutzen den bewährten Instrumentenkoffer. Dadurch sind wir schnell startklar und die Unternehmer kommen schneller zu ihrem Geld", so Blümel. Konkret sollen Unternehmen, die einen Umsatzeinbruch von mindestens 40 Prozent gegenüber dem Vergleichsmonat 2019 haben, einen Verlustersatz von 70 bis 90 Prozent bekommen. Dieser ist mit 12 statt wie bisher mit 10 Millionen Euro gedeckelt. Das gilt vorerst bis März kommenden Jahres. Der Ausfallbonus bei einem Umsatzeinbruch ab 40 Prozent beträgt 10 bis 40 Prozent des Umsatzrückgangs. Hierfür sind 700 Millionen Euro budgetiert.

Für den Härtefallfonds werden rund 100 Millionen Euro pro Monat veranschlagt. Dieser gilt vor allem für Freischaffende und Ein-Personen-Unternehmen. Wer mehr als 40 Prozent seines Einkommens Lockdown-bedingt verliert, bekommt eine Nettoersatzrate von 80 Prozent, zuzüglich 100 Euro. Außerdem soll es weiterhin Steuerstundungen und Herabsetzungen geben.

Mehr Kurzarbeit

Das budgetär gewichtigste Instrument - die Corona-Kurzarbeit - gilt ohnehin bis Jahresende und wird, so Kocher, ausgeweitet. Während des Lockdowns kann die Arbeitszeit auf 0 statt wie derzeit auf 50 Prozent reduziert werden. Die Arbeitnehmer bekommen 80 bis 90 Prozent ihres Nettoeinkommens ersetzt. Bisher zahlte oder genehmigte der Bund laut Finanzministerium Corona-Hilfen in der Höhe von 41,3 Milliarden Euro aus. 10,3 Milliarden davon flossen in die Kurzarbeit. Zu Beginn der Woche gab es österreichweit 74.000 Anmeldungen zur Kurzarbeit. Ab kommenden Montag dürften es dann wieder deutlich mehr sein.

Risikogruppen und Schwangere können vom Dienst freigestellt werden, wenn keine Homeoffice-Möglichkeit besteht. Für Letzteres gilt übrigens eine Empfehlung, aber keine Pflicht. "Wir haben das mit den Sozialpartnern besprochen und beide Seiten haben sich gegen eine Verpflichtung ausgesprochen", sagte Kocher dazu.

Viele Wirtschaftstreibende sind angesichts des neuerlichen Lockdowns frustriert und wütend. "Ein harter Lockdown im Weihnachtsgeschäft bedeutet, dass wesentliche Teile des stationären österreichischen Handels existenziell gefährdet sind und selbstredend dessen Arbeitsplätze", wird Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will in einer Aussendung zitiert. In der Branche werde es Umsatzverluste von rund 2,7 Milliarden Euro geben. WKÖ-Handelsobmann Rainer Trefelik spricht von einer "historischen Katastrophe", die man hätte vermeiden können."

Eine Milliarde Euro pro Woche

Ein harter Lockdown kostet Berechnungen des Instituts für Höhere Studien (IHS) zufolge und verglichen mit dem Vorjahreslockdown ungefähr eine Milliarde Euro pro Woche. "Das ist ein wöchentlicher Wirtschaftseinbruch von circa 12 Prozent", erklärte Ökonom Klaus Weyerstrass am Freitag vor Journalisten. Hochgerechnet auf 20 Tage - so lange soll der Lockdown dauern - entstehen Kosten von circa 3 Milliarden Euro.

Eigentlich hatte das IHS für heuer ein Wirtschaftswachstum von 4,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes prognostiziert. Angesichts der aktuellen Entwicklungen sagte Weyerstrass: "Höchstwahrscheinlich dürften wir die 4,5 Prozent heuer nicht erreichen." Mitte Dezember soll die angepasste Konjunkturprognose präsentiert werden. Und auch die Arbeitslosigkeit dürfte nun wieder steigen. Wie hoch der Anstieg ausfällt, könne man laut Weyerstrass und auch laut Kocher noch nicht vorhersagen. Das hängt auch davon ab, wie viele Betriebe die Kurzarbeit nutzen.

Die Tourismuswirtschaft hofft jedenfalls, dass man die Wintersaison irgendwie doch noch retten kann, sofern der Lockdown nicht verlängert werden muss. "Der generelle Lockdown trifft Tourismus und Freizeitwirtschaft genau zum Start von Wintersaison und Weihnachtsgeschäft ungebremst und in voller Härte. Er ist aber angesichts der drohenden Überlastung des Gesundheitssystems sowie zur Rettung der Wintersaison wohl unausweichlich", meint Robert Seeber, Tourismus-Spartenobmann in der Wirtschaftskammer (WKÖ).