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Die Spielregeln zur Impfpflicht

Von Daniel Bischof

Politik

Verordnung zur Impfpflicht sieht neue Ausnahmen vor. Eine erste Beschwerde ist bereits beim Höchstgericht eingelangt.


Auf die Fertigstellung des Grundgerüsts folgte die Feinarbeit: Die Verordnung zur Covid-19-Impfpflicht regelt nähere Details zur gesetzlich verankerten Impfpflicht, die seit Samstag in Kraft ist. Am Montag wurde die Verordnung vom Hauptausschuss des Nationalrats beschlossen. Ein Überblick.

Wie wird die Impfpflicht erfüllt?

Dreifach Geimpfte haben die Impfserie abgeschlossen und die Impfpflicht erfüllt. Ein gültiger Impfstatus liegt auch bis zum Ablauf der Intervalle zwischen den einzelnen Impfungen vor. Nach der Erstimpfung müssen sich Personen innerhalb von 65 Tagen zum zweiten Mal impfen lassen. Die dritte Impfung muss 190 Tage nach der Zweitimpfung erfolgen.

Der Zeitraum für die dritte Impfung ist knapp bemessen. Die EU-Arzneimittelbehörde EMA hat Auffrischungsimpfungen gegen das Coronavirus zwar genehmigt. Allerdings soll die dritte Impfung laut EMA frühestens sechs Monate nach Verabreichung der zweiten Dosis erfolgen.

Laut der rechtlichen Begründung zur Verordnung wurden die Intervalle "so gewählt, dass bei deren Einhaltung spätestens im Herbst/Winter 2022 eine Immunisierung der Bevölkerung mit drei Impfungen abgeschlossen ist". Das diene der "Vorbereitung auf zukünftige Infektionswellen": "Dazu war es notwendig, nicht die am längsten möglichen Fristen zu definieren, sondern medizinisch sinnvolle Fristen", heißt es.

Eine vierte Impfung ist derzeit nicht vorgesehen. Die Pflicht sei nach dem Drittstich erfüllt, "unabhängig davon, wie lange dieser zurückliegt", so die rechtliche Begründung. Jedoch könnten zukünftige Entwicklungen zu Änderungen führen: Dies könne etwa das "allfällige Erfordernis einer Viertimpfung" betreffen.

Was gilt für Genesene?

Von Covid-19-Genesene sind für 180 Tage von der Impfpflicht ausgenommen. Als Stichtag gilt der erste Tag der positiven Probenahme oder der im Absonderungsbescheid bestimmte erste Tag der Absonderung. Eine ärztliche Bestätigung über das Vorhandensein von Antikörpern gilt hingegen nicht als Nachweis: Dadurch wolle man "Umgehungen" der Impfpflicht vermeiden, heißt es in der rechtlichen Begründung.

Nach den 180 Tagen tritt wieder eine Strafbarkeit bei Nichterfüllung der Impfpflicht ein. Es gibt aber auch eine Erleichterung: Genesene, die noch keine Impfung erhalten haben, müssen sich nur zwei Mal impfen lassen - vorausgesetzt, die Erstimpfung erfolgt innerhalb von 180 Tagen ab dem Tag der Probenahme.

Welche weiteren Ausnahmen gibt es?

Von der Impfpflicht ausgenommen sind Schwangere. Der Grund wird in der rechtlichen Begründung nicht genannt. Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) hat die Ausnahme bei der Vorstellung des Gesetzesentwurfes damit erklärt, dass Schwangere "in einer sensiblen Lage sind". Eine Zulassung für die Corona-Impfung von Schwangeren gibt es nicht, sie erfolgt Off-Label.

Eine weitere Ausnahmegruppe sind "Personen, die nicht ohne konkrete und ernstliche Gefahr für Leib oder Gesundheit" gegen Covid-19 geimpft werden können. Dieser Ausnahmegrund sei "eng auszulegen", heißt es in der rechtlichen Begründung. Als Beispiel werden in der Verordnung Menschen aufgezählt, die eine Allergie oder Überempfindlichkeit gegen einzelne Inhaltsstoffe der Covid-19-Impfstoffe haben. Auch Personen, die nach einer Impfung schwere Nebenwirkungen hatten, sind ausgenommen: Vorausgesetzt wird, "dass eine wahrscheinliche Kausalität zur Impfung bestätigt oder in Abklärung ist".

Zuletzt sind auch Menschen ausgenommen, bei denen "eine ausreichende Immunantwort auf eine Impfung gegen Covid-19" nicht erwartet werden kann. Dazu zählen Krebskranke und Personen, die eine Kortisontherapie machen oder denen ein Organ oder Knochenmark transplantiert wurde. Die Ausnahmen dürfen von fachlich geeigneten Ambulanzen (Dermatologie, Onkologie, Geriatrie, etc.) für die dort behandelten Patienten ausgestellt werden. Weiters sind auch Amts- oder Epidemieärzte dazu befugt.

Welche Impfstoffe werden anerkannt?

Einerseits können alle von der EU zentral zugelassenen Impfstoffe gegen Covid-19 verwendet werden. Andererseits legt die Verordnung fest, mit welchen nicht zugelassenen Produkten die Pflicht erfüllt werden kann. Derzeit sind das zwei chinesische und drei indische Impfstoffe. Das russische Produkt Sputnik zählt nicht dazu.

Laut der Begründung werden nur jene Impfstoffe zusätzlich anerkannt, welche das "Emergency-Use-Listing-Procedure" der Weltgesundheitsorganisation positiv abgeschlossen haben. Das ist bei Sputnik nicht der Fall: "Mangels ausreichender Daten über die Wirksamkeit und Sicherheit können die Impfstoffe den zentral zugelassenen Impfstoffen nicht gleichgestellt werden", heißt es. Allerdings gibt es eine Erleichterung für Personen, die sich "mindestens zwei Impfungen mit im Ausland zugelassenen und nicht anerkannten oder nicht zentral zugelassenen Impfungen" unterzogen haben. Bei ihnen gilt die zweite Impfung als Erstimpfung. Wer also zwei Mal mit Sputnik geimpft ist, muss sich 65 Tage nach der zweiten Sputnik-Impfung die "Zweitimpfung" holen und 190 Tage danach die Drittimpfung.

Hält das Konstrukt rechtlich?

Das wird letztlich der Verfassungsgerichtshof entscheiden. Eine erste Beschwerde wurde bereits eingebracht, gab das Höchstgericht am Montag bekannt. Darin wird geltend gemacht, dass das Impfpflicht-Gesetz verfassungswidrig ist. Obwohl derzeit noch keine Strafen bei Verstößen vorgesehen sind, können bereits jetzt Individualanträge gegen die Impfpflicht eingebracht werden. Nämlich von Personen, die sich nach Inkrafttreten der gesetzlichen Impfpflicht impfen lassen, obwohl sie das innerlich ablehnen.