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Recht auf Information von Kunden nicht klar

Von Barbara Sorge

Politik

Die neuen Regelungen zum Einsatz von Corona-positiven Arbeitskräften werfen viele Fragen auf. Auch aus der Pflege kommt massive Kritik.


Ab Montag dürfen Menschen, deren Corona-Test positiv war, die aber symptomlos sind, arbeiten. Wie sieht es mit Kundinnen und Konsumenten aus, die sich vor einer Ansteckung schützen wollen? Müssen diese informiert werden, dass sie von Corona-positiven Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedient werden?

"Meiner Meinung nach schon", sagt Arbeitsrechtsexpertin Katharina Körber-Risak. Ein Betrieb, etwa in der Gastronomie, Hotellerie oder im Handel, müsste diese Tatsache auch gegenüber Kunden kommunizieren, um eine Haftungsvermeidung bei der Beschäftigung von Corona-positiven Arbeitnehmern zu erreichen. Nicht geklärt sei allerdings, ob eine Antwort aus datenschutzrechtlichen Gründen verwehrt werden dürfe, da es sich um Gesundheitsdaten handle, die einem strengeren Schutz unterliegen, als andere personenbezogene Daten. "Es wäre schön, wenn der Gesetzgeber einen gesetzlichen Rechtfertigungsgrund vorsehen würde", so Körber-Risak.

Der Arbeitsrechtsexperte der Arbeiterkammer Wien, Philipp Brokes, hält es für strittig, ob der Kunde aus der vorvertraglichen Aufklärungspflicht das Recht ableiten kann, zu erfahren, welcher Kellner positiv ist. "In der Praxis wird sich die Frage erst dann stellen, wenn eine Infektion tatsächlich erfolgt ist. Da muss ich im Schadenersatzprozess, den ich gegen eine konkrete Person führen muss, die Kausalitätskette glaubhaft schildern, um meinen Anspruch zu beweisen." Das sei schwierig, da man ja auch auf dem Weg zum Einkauf oder zum Gasthaus mit verkehrsbeschränkten Personen in Kontakt kommen könnte.

Anders sei das aus seiner Sicht am Arbeitsplatz, wo man wisse, dass Infizierte mit möglicherweise vulnerablen Personengruppen wie etwa Schwangeren in Kontakt kommen könnten, die keinem Arbeitsverbot unterlägen. "Ich könnte mir vorstellen, dass diese in Ausnahmefällen das Recht hätten, zu erfahren, welcher Kollege positiv ist, um das eigene Verhalten darauf anzupassen, allenfalls bestimmte Räume zu meiden." Die Arbeiterkammer ist mit vielen Anfragen dazu konfrontiert, und Brokes hält fest, dass die Fragen, die mit der neuen Regelung einhergehen, "auf vielen Ebenen arbeitsrechtliches Neuland" seien.

Pflegeorganisationen schlagen Alarm

Kritik am Auslaufen der Corona-Quarantänepflicht kommt aus der Pflege. In diesem Bereich Corona-positive Mitarbeiter einzusetzen, stehe im absoluten Widerspruch zur Fürsorgepflicht, die Organisationen im Pflegebereich zukomme, erklärte Alex Bodmann, Vorsitzender des Interessenverbands der Arbeitgeberverbände der Freien Wohlfahrt. Diesem gehören etwa die Caritas, die Diakonie, das Rote Kreuz und die Sozialwirtschaft Österreich an.

Die neuen Regelungen sehen vor, positiv getestete Mitarbeiter auch in der Pflegebetreuung einzusetzen - dabei handle es sich bei den Klientinnen und Klienten großteils um ältere, pflegebedürftige Menschen und sehr häufig um Menschen mit Erkrankungen, erinnerte Bodmann in einer Aussendung am Samstag. "Personengruppen also, bei denen Corona zu ernsthaften Folgen und im schlimmsten Fall zu Tod führen kann", meinte Bodmann. "Es ist und bleibt unsere Verantwortung, Menschen, die sich uns anvertraut haben, auch weiter so gut wie möglich vor einer Ansteckung zu schützen."

Die neuen Regelungen seien in Anbetracht der Folgen weder nachvollziehbar noch rechtfertigbar, geschweige denn umsetzbar. Es sei schlicht nicht durchführbar, positiv getestete Mitarbeiter einzusetzen und gleichzeitig sinnvolle Sicherheitsvorkehrungen zu treffen. Nicht nachvollziehbar sei etwa auch die Regelung, dass infizierte, symptomlose Sanitäter im Rettungswesen weiterhin beschäftigt werden sollen, ihr Einsatz aber aufgrund des Betretungsverbots von Krankenanstalten de facto unmöglich ist.

Auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Pflege und Betreuung stoße die vorgeschlagene Vorgehensweise auf völliges Unverständnis, betonte Bodmann. Einerseits wollten sie die Pflegebedürftigen nicht gefährden, andererseits könnten trotz entsprechender Schutzmaßnahmen Ansteckungen auch in der Belegschaft erfolgen. Das würde die bestehende Personalknappheit weiter verschärfen. Die Politik müsse Regelungen schaffen, die es verhindern, dass die Arbeitgeber das volle Risiko tragen, forderte Bodmann.

Bei Stadt Wien kein Einsatz von symptomlosen Positiven

Die Stadt Wien gab am Freitag bekannt, dass in Wiener Spitälern, Pflegeeinrichtungen, Kindergärten und (den städtischen) Schulen auch nach dem Quarantäne-Ende keine positiv getesteten Mitarbeiter zum Einsatz kommen werden. Eingesetzt werden können Corona-Infizierte ohne Symptome (mit permanenter Maskenpflicht) nur in Bereichen ohne Kundenkontakt - also für Telefonauskünfte oder Online-Auftragsbearbeitung.

Der Artikel wurde am 30. Juli um 12 Uhr aktualisiert.

Die Verordnung im Rechtsinformationssystem

Informationen der Arbeiterkammer zu Job und Corona