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Niederwasser "dramatisch" für Güterverkehr

Von Petra Tempfer

Politik
Die Donau ist nicht mehr überall passierbar - im Osten Rumäniens zum Beispiel geht abschnittsweise nichts mehr.
© getty images / Armin Weigel

Auf der Donau wird nur noch mit 35 bis 40 Prozent der Ladung gefahren. Gegenmaßnahmen wurden eingeleitet.


"Wir fahren nur noch mit 35 bis 40 Prozent der Ladung", sagt Norbert Baumann, Geschäftsführer der Danu Transport GmbH. Seit 40 Jahren betreibt er Schifffahrt. Das derzeitige Niederwasser der Donau, bedingt durch die lang anhaltende Trockenheit und geringen Niederschläge der vergangenen Monate, sei "dramatisch", sagt er - und der Güterverkehr dadurch schwer beeinträchtigt. In anderen Worten: "Wenn der Kunde 10.000 Tonnen Ware pro Monat braucht, bekommt er aktuell nur 4.000 Tonnen. Denn schneller fahren kann man bei niedrigem Wasserstand auch nicht."

Da die Verträge im Vorfeld abgeschlossen wurden, seien die Preise, die die Unternehmer pro Tonne bezahlen, zudem meist eingefroren - allein ein gewisser "Kleinwasserzuschlag" sei mitunter möglich. Jedes Schiff, egal wie viel Fracht wie Kohle oder Erze es transportiert, koste den Unternehmer aber gleich viel. Dazu komme das "Treibstoff-Allzeitpreishoch" für den Betrieb der Frachtschiffe selbst, so Baumann im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Er fahre nur bis nach Drobeta Turnu Severin in Rumänien: "Da geht es noch", sagt er, denn weiter östlich in Rumänien sei die Donau zum Teil schon unpassierbar.

Der Fahrwasserkasten, wie Fachleute die Fahrrinne für Schiffe bezeichnen, müsse für den Güterverkehr normalerweise 2,50 Meter tief sein, ergänzt Wolfram Mosser, Obmann der Berufsgruppe Schifffahrt in der Wirtschaftskammer. Am Mittwoch habe man "genau an diesem Limit gekratzt", sagt er, zwei Tage davor habe man die nötige Tiefe nicht erreicht.

Seichteste Stelle entscheidend

Wie schwer ein Frachtschiff beladen werden kann, orientiere sich immer am seichtesten Abschnitt. In Österreich gibt es laut der Wasserstraßen-Gesellschaft Via Donau genau zwei neuralgische Stellen, an denen das Wasser aufgrund der weit auseinanderliegenden Kraftwerke frei fließen und sich eine Strömungsdynamik inklusive seichter Stellen entwickeln kann. Konkret sei das in der Wachau - bei der Donaupegel-Mess-Station Kienstock - sowie östlich von Wien bis zur slowakischen Grenze der Fall. Den Aufzeichnungen zufolge ist der Pegel bei Kienstock zuletzt unter den sogenannten Regulierungsniederwasser-Wert von 164 Zentimetern gefallen. Also unter jenen Wasserstand, der im langjährigen Vergleich an durchschnittlich 94 Prozent der Tage eines Jahres an einem Donaupegel erreicht oder überschritten wurde, heißt es dazu von der Via Donau.

Dass dieser Wert unterschritten wird, komme grundsätzlich immer wieder einmal vor - für gewöhnlich allerdings erst im Herbst oder Winter. Im Zuge des "proaktiven Wasserstraßenmanagements", so die Via Donau, leite man heuer daher schon jetzt Maßnahmen gegen die sinkende Wassertiefe ein. Zu diesen zählen das Ausbaggern der Fahrrinne oder das Aufschütten von Inseln, um das Wasser zu leiten.

Passagierschiffe nicht betroffen

Generell ist die Situation der österreichischen Donau im Vergleich zu den Abschnitten in anderen Länder gut, wird sie doch von den Alpenflüssen wie Inn, Traun oder Enns gestützt. Auch die Passagierschifffahrt ist laut Via Donau noch nicht vom Niederwasser betroffen, weil die Schiffe leichter sind.

"Die Donau endet aber bekanntlich nicht in Bratislava", so die Via Donau, deshalb helfe Österreich EU-weit mit, ähnliche technische Standards wie hierzulande herzustellen - zum Beispiel, indem man andere Länder bei der Beschaffung von Schiffen zur Strömungsmessung unterstütze. Was Projekte im Sinne der Ökologie und Revitalisierung etwa von Donau-Altarmen betrifft, fließe wiederum auch einiges an Geld aus Brüssel in diese, heißt es. Schließlich gehe es EU-weit darum, den Bogen zwischen Transportweg und Ökosystem zu spannen.

Die anhaltende Trockenheit setzt vor allem den Ökosystemen geschlossener Gewässer zu. Speziell der Osten Österreichs ist betroffen: Eine Zuleitung von Donauwasser aus der ungarischen Moson-Donau soll zum Beispiel den Wasserstand des Neusiedler Sees um zehn Zentimeter heben, die Umsetzung wird derzeit geprüft. Für September ist ein runder Tisch dazu angekündigt.

Seewinkel im Trockenstress

Am Dienstag hatte der Neusiedler See einen Pegel von 114,94 Meter über Adria. Das bedeute weiter einen historischen Tiefststand, sagt Christian Sailer, Leiter des Hauptreferats Wasserwirtschaft beim Land Burgenland. Der gesamte Seewinkel ist zunehmend im Trockenstress. Die letzte noch wasserführende Lacke - die Darscho-Lacke bei Apetlon - droht laut Sailer in den nächsten Tagen komplett auszutrocknen. Vor allem die temperaturempfindlichen Fische Zander und Sichling könnten darunter leiden. Die Darscho-Lacke habe man bereits abgefischt. Der Zicksee sei mittlerweile verlandet, Mitte Juli habe man noch tonnenweise Fische herrausgeholt, etliche seien allerdings gestorben, so Sailer.

Doch auch in Niederösterreich sei der Lunzer See um etwa zehn Zentimeter niedriger als im Sommer 2021, heißt es von der Abteilung Wasserwirtschaft beim Amt der niederösterreichischen Landesregierung. Nach fünf Zentimetern über seien es nun fünf Zentimeter unter Mittelwasser, dem langjährigen Mittelwert.

Die Pegelstände von Seen und Flüssen in Kärnten sind ebenfalls schon seit Längerem niedrig. "Wir haben ein beträchtliches Niederschlagsdefizit", sagt Johannes Moser, Leiter des hydrographischen Dienstes. Bereits im Winter habe es wenig Schnee gegeben, es folgten ein regenarmer Frühling und ein trockener Sommer. Kritisch sei die Lage in Kärnten aber noch nicht.

Kurze Regenfälle prognostiziert

Im Westen Österreichs hatte Regen am Montagabend kurzfristig für Stabilisierung, nicht aber für nachhaltige Entspannung gesorgt. Mit 308 Zentimetern lag der Bodensee-Pegel am Dienstag zwar elf Zentimeter höher als beim bisherigen Tiefststand an einem 16. August, aber noch immer 94 Zentimeter unter dem durchschnittlichen Wasserstand. Vorarlbergs Flüsse führen durchwegs Niederwasser, und auch die Grundwasserpegel bleiben unter dem Mittelwert zurück.

Zu größeren Einschränkungen führt der aktuelle Pegelstand jedoch noch nicht. Die Bodenseeschifffahrt in Vorarlberg und in Deutschland kann ihre Linien vorerst weiterhin ohne Probleme bedienen - am Schweizer Ufer wurde die Fahrt den Alten Rhein hinauf nach Rheineck schon am 19. Juli eingestellt. Am Rhein selbst hat neben dem Niederwasser am Mittwoch zudem ein liegengebliebenes Güterschiff den Schiffsverkehr behindert und zeitweise für eine Sperre gesorgt. Im Laufe des Vormittags wurde es weggeschleppt.

Zumindest für Österreich sind für Freitag und Samstag Regenfälle prognostiziert, die für etwas Erleichterung sorgen könnten. Danach soll es allerdings noch einmal heiß werden - mit Temperaturen jenseits der 30 Grad.