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Warum das Klimaschutzgesetz auf Eis liegt

Von Petra Tempfer

Politik

Grüne und ÖVP können sich offenbar nicht auf verbindliche Vorgaben und Ziele zu den Treibhausgasen einigen.


Seit mehr als eineinhalb Jahren, genau genommen seit 1. Jänner 2021, ist das alte Klimaschutzgesetz ausgelaufen. Seitdem bastelt Österreichs Regierung an einem Entwurf für ein Nachfolgegesetz, das festlegt, wie viele Treibhausgasemissionen in den Bereichen Verkehr, Gebäude, Abfallwirtschaft, Industrie und Landwirtschaft jährlich ausgestoßen werden dürfen. Doch offenbar kann man sich vor allem bei der Verbindlichkeit und den Strafzahlungen für Bund und Länder bei Verfehlungen nicht einigen. Deshalb liegt das neue Gesetz nach wie vor auf Eis.

"Wir arbeiten aktuell sehr intensiv an der Finalisierung des neuen Klimaschutzgesetzes. Die regierungsinternen Gespräche sind weit fortgeschritten, und das Gesetz soll zeitnahe in Begutachtung gehen", hatte es noch vor einem Monat vom Umweltministerium gegenüber der "Wiener Zeitung" geheißen. Aktuell stellt sich die Situation allerdings ganz anders dar: Das Klimaschutzgesetz habe "nicht oberste Priorität", sagte ÖVP-Klimasprecher Johannes Schmuckenschlager am Montag gegenüber Ö1.

Vielmehr setze man auf einzelne Gesetze wie das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz oder schnellere Verfahren bei der Umweltverträglichkeitsprüfung, mit denen man ebenfalls die Rahmenbedingungen schaffen könne. Schließlich gebe es im Moment zahlreiche andere Krisen zu bewältigen.

"Stehen auf Seite der Wirtschaft"

"Es gab immer irgendeine andere Krise, und Klimaschutz hatte dann nicht Priorität. Ich glaube, wir sehen jetzt alle, dass wir Klimaschutz endlich so ernst nehmen müssen, wie ja auch die Wissenschaft sagt, und dazu gehört eben auch ein Klimaschutzgesetz", konterte daraufhin der grüne Klimasprecher Lukas Hammer. Aus seiner Sicht haben die Grünen der ÖVP schon vor eineinviertel Jahren ein beschlussfertiges Klimaschutzgesetz vorgelegt, präzisierte er im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".

Der große Streitpunkt war jedoch damals wie heute die Verbindlichkeit. So wollen die Grünen die Klimaziele in der Verfassung verankern - inklusive Strafzahlungen für Bund und Länder bei Verfehlungen. Damit könne man die Länder nicht alleine lassen, sagte dazu Schmuckenschlager, der grundsätzlich den Wünschen der Wirtschaft folgen möchte. "Dass wir auf der Seite der Wirtschaft stehen, das war immer so, und das wird auch so bleiben. Und ich sehe das auch wirklich nicht als Fehler. Ich glaube, man sollte es vielmehr aus der Perspektive betrachten, dass man sagt: ,Wie können wir diese Energiewende auch mit der Wirtschaft zusammenbringen?‘ Denn sonst ist es nicht machbar."

Ohne Sanktionen und Verbindlichkeit gehe es aber nicht, beharrten die Grünen, das habe das alte Klimaschutzgesetz gezeigt. Dieses hatte zwar eine eigene Vereinbarung zwischen Bund und Ländern für die Verantwortlichkeit und Konsequenzen vorgesehen, wenn die jährlichen Ziele verfehlt werden - diese kam allerdings nie zustande.

Nur Umweltschutz ist ein Staatsziel

Auch bei der Verankerung des Rechts auf Klimaschutz in der Verfassung prallen die Meinungen der Regierungsparteien aufeinander. Während die Grünen diese fordern, lehnen sie die ÖVP und Wirtschaftsvertreter ab. In Österreich ist es derzeit so, dass der umfassende Umweltschutz seit 1984 als Staatsziel Teil der Bundesverfassung ist. Nicht jedoch der Klimaschutz, eine ganz spezielle Variante des Umweltschutzes, die über diesen hinausgeht. Das Klimavolksbegehren, das 2020 insgesamt 380.590 Unterschriften erhielt und dadurch zwingend im Parlament behandelt wurde, hatte ebenfalls eine Verankerung in der Verfassung gefordert.

SPÖ-Umwelt- und Klimasprecherin Julia Herr reagierte mit scharfer Kritik auf die Untätigkeit der Regierung. "Die Österreichische Bundesregierung tut so, als ob es keine Klimakrise gäbe, während das halbe Land im Hochwasser versinkt. Leidtragende unter dieser vollkommenen Selbstaufgabe der Bundesregierung ist dabei die Bevölkerung, die mit Hitze, Dürre, Starkwetterereignissen und horrenden Kosten alleingelassen wird", sagte sie. Auch die Neos zeigten sich empört.