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Raab lässt Ländern freie Hand bei Rechtsanspruch

Von Karl Ettinger

Politik

Die Tiroler ÖVP ist mit Schwenk im Wahlkampf vorgeprescht. Der Bund sichert Unterstützung zu.


In der Debatte um einen Rechtsanspruch für Kinderbetreuung hat die Tiroler ÖVP mit dem Spitzenkandidaten für die Landtagswahl, Anton Mattle, ein neues Kapitel aufgeschlagen. Während sich die ÖVP auf Bundesebene bisher reserviert gegenüber dem im Parlament von SPÖ und Neos geforderten Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr des Kindes gezeigt hat, spricht sich die Tiroler Volkspartei in ihrem Wahlprogramm für die Landtagswahl am 25. September für einen Rechtsanspruch ab dem zweiten Lebensjahr des Kindes aus.

Familienministerin Susanne Raab (ÖVP) vollzieht zwar in der Bundesregierung nicht einen bundesweiten Schwenk mit. Sie lässt aber den Ländern dabei völlig freie Hand: "Wir unterstützen die Bundesländer. Es liegt in der Kompetenz dieser", erklärte sie der "Wiener Zeitung" am Rande des Ministerrats. Die Ressortchefin verwies dabei ausdrücklich darauf, dass die Kinderbetreuung eben in der Kompetenz der Bundesländer liege.

Auf Bundesebene haben die Grünen als Koalitionspartner die Kehrtwende Mattles und der Tiroler ÖVP hin zu einem Rechtsanspruch für Kinder ab zwei Jahren aufgenommen. Die grüne Familien- und Jugendsprecherin Barbara Nessler hat schon angekündigt, dass ihre Partei nicht loslassen werde und nach der Landtagswahl in Tirol Mattle sicher "beim Wort nehmen" werde. In Tirol hat die ÖVP in der seit 2013 bestehenden schwarz-grünen Koalition auf Landesebene unter Führung des scheidenden Landeshauptmannes Günther Platter bisher abgelehnt. Erst im Mai dieses Jahres ist ein Dringlichkeitsantrag der SPÖ mit Parteichef Georg Dornauer im Landtag abgeschmettert worden.

Familienministerin Raab ist in einem Punkt ganz auf einer Linie mit der Volkspartei unter dem neuen Landesparteichef und Spitzenkandidaten Anton Mattle. Für die Eltern müsse die Wahlfreiheit, ob Mütter und Väter ihr Kind selbst betreuen oder in den Kindergarten oder eine andere Betreuungseinrichtung geben, gewahrt bleiben. Das stellte sie auch nach dem Ministerrat klar. Man wolle, dass "flächendeckend" ein Angebot zur Verfügung stehe, betonte Raab, damit es die Wahlfreiheit für Eltern gebe.

Die Voraussetzungen dafür sieht sie von Seiten der Bundesregierung gegeben. Denn beginnend ab diesem September sei in Summe eine Milliarde Euro für den weiteren Ausbau der Kinderbetreuung und damit der Infrastruktur zur Verfügung gestellt worden. Für fünf Jahre wurden damit jährlich die Mittel von rund 140 auf 200 Millionen Euro angehoben.

Niederösterreich und Steiermark mit Personalsorgen

Die Diskussion um die Ausweitung der Kinderbetreuung ist nicht nur in Tirol eines der Wahlkampfthemen, das durch den Schwenk der Landeshauptmannpartei ÖVP eine neue Dynamik bekommen hat. In Niederösterreich musste ebenfalls die ÖVP mit Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner dem wachsenden Druck vor allem der SPÖ vor der Landtagswahl im ersten Quartal 2023 nachgeben. In der Vorwoche hat Niederösterreichs ÖVP, die im Landtag über eine absolute Mehrheit verfügt, nach einer Arbeitsklausur eine Ausweitung der Kinderbetreuung angekündigt. Dort wird das Eintrittsalter für die öffentlichen Kindergärten nun auf zwei Jahre ab September 2023 gesenkt. Insgesamt werden dort bis 2027 dann 750 Millionen Euro in die Kinderbetreuung investiert.

Es ist vor allem mehr Personal notwendig. Denn noch fehlen, wie auch in anderen Bundesländern, genügend Kindergärtnerinnen. In der Steiermark kämpft man schon jetzt mit einem akuten Personalmangel. Dort versucht die schwarz-rote Landesregierung unter dem neuen Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP) mit einer eigenen Prämie, dass bereits ausgebildete Kindergärtnerinnen wieder in ihren Beruf einsteigen. Wegen der Schließung von Kindergärten in Graz ist der neue Bildungslandesrat Werner Amon (ÖVP) am heutigen Donnerstag außerdem in einer Sondersitzung des Landtages auf Betreiben von FPÖ und vor allem Neos mit der Problematik konfrontiert.