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Inflation lähmt kommunale Bauprojekte

Von Martina Madner

Politik
Der Bau von Schulen und Kindergärten dürfte Städte und Gemeinden 2023 um ein Drittel mehr kosten als noch 2020. Die SPÖ und die Gemeinden sowie das KDZ fordern vom Bund neue Investitionspakete.
© stock.adobe.com / Kristin Gründler

Für neue Kindergärten und Schulen heißt es vielerorts bereits wegen steigender Bau- und Energiekosten: Bitte warten!


Der Neubau eines Kindergartens reißt ein Loch in die Finanzen der Stadtgemeinde St. Andrä im Lavanttal, wo knapp 10.000 Menschen wohnen. Zu den ursprünglich veranschlagten 2,5 Millionen Euro kam innerhalb nur eines Jahres eine Million Euro zusätzlicher Baukosten dazu. Die EU-Förderung für ländliche Entwicklung "Eler" und des Landes Kärntens aber blieben auf dem ursprünglichen Niveau: "Da hieß es, ihr dürft die Baukosten zwar überschreiten, aber ihr müsst selber schauen, wie ihr das finanziert", sagt Robert Astner, Amtsleiter von St. Andrä, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".

In Bruck an der Mur ist eine Neue Mittelschule für 450 bis 500 Schülerinnen und Schüler geplant, als Projektkosten für das Niedrigenergiehaus waren 2020 25 Millionen Euro veranschlagt. Laut Baukosten-Index der Statistik Austria sind die Baukosten gegenüber damals bereits heuer um 24 Prozent gestiegen, für 2023 sind bei einer Inflation von 7,5 Prozent 33,3 Prozent gegenüber 2020 prognostiziert - die Kosten für den Schulbau liegen demnach bei mehr als 33 Millionen Euro. "Wir Kommunen sind echt nicht mehr in der Lage, solche Kostensteigerungen zu tragen", sagt Peter Koch, Bürgermeister der Stadt (SPÖ). Und: "Gerade bei Bildungseinrichtungen sollte man nicht sparen."

Die 200 Millionen Euro jährlich vom Bund für den Ausbau der Kinderbetreuung, also um 57,5 Millionen mehr als bislang, werden vermutlich nicht ausreichen. "Die Mini-Budgeterhöhung, die von der Bundesregierung zur Milliarde gemogelt wurde, kommt in den Gemeinden, die neue Kindergartenplätze brauchen, nicht an. Spätestens 2023 hat die Teuerung bei den Baukosten die Budgeterhöhung aufgefressen", kritisiert SPÖ-Kommunalsprecher und Vorsitzender des "GemeindevertreterInnenverbandes", Andreas Kollross, das bisher Geplante.

Den Gemeinden fehlen 1,2 Milliarden Euro

Karoline Mitterer, Expertin beim KDZ-Zentrum für Verwaltungsforschung, formuliert es zwar sachlicher, die Argumentation aber geht in die gleiche Richtung: Nicht nur die Teuerung ist enorm: Das Wifo geht von 8 bis 9 Prozent heuer, weiteren 5 Prozent 2023 aus. Die für die Kommunen sehr relevanten Baupreise haben sich darüber hinaus entkoppelt, sie sind somit noch stärker gestiegen als die Inflation. Deshalb solle der Bund ein Investitionsprogramm für die Gemeinden auflegen, "um einen Investitionsrückstau zu vermeiden. Dabei sollten die Schwerpunkte auf der sozialen sowie klimaschutzrelevanten Infrastruktur liegen, also Kinderbetreuung, Schulen, Pflege und Infrastruktur".

Denn, so die KDZ-Vorausschau auf Einnahmen und Ausgaben: Der Material- und Betriebsaufwand droht 2023 gegenüber heuer um 11 bis 13 Prozent, der Instandhaltungsaufwand zwischen 10 und 15 Prozent zu steigen, Energie- und Treibstoffausgaben verdoppeln sich, könnten noch höher ausfallen, um nur einige Kostensteigerungen zu nennen. Das Plus bei Steuern, Mieterlösen und Transfers an die Gemeinden nimmt sich dagegen gering aus. In Summe steigen die Ausgaben mit 10 bis 11 Prozent doppelt so stark wie die Einnahmen, falls sich die Energiekosten verdreifachen. Soll heißen, den Gemeinden außerhalb von Wien fehlen im kommenden Jahr 1,2 Milliarden Euro.

Städte und Gemeinden hoffen auf neue Finanzhilfen

"Von zusätzlichen Investitionen ist aber gar keine Rede mehr", ärgert sich der SPÖ-Abgeordnete Kollross. Bürgermeister Koch hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben: "Wir sollten die Hilfspakete so wie wegen Corona neu auflegen, nur eben für Bildung und Infrastruktur", sagt der Brucker. Da gab es für die Stadt 1,6 Milliarden Euro vom Bund für Photovoltaik-Anlagen, die Sanierung des städtisches Freibads, eine Radbrücke und Straßen. Ein weiteres Viertel übernahm das Land, den Rest die Stadt: "Das war schon eine große Hilfe vom Bund, und wir könnten die Schule auch als Passivhaus bauen", so Koch.

Auch die Stadtgemeinde St. Andrä hofft auf zusätzliches Geld, der Kindergartenbau läuft bereits, ein Kredit dafür auch. "Wir sind eigentlich eine finanzstarke Gemeinde, mit guten Kommunalsteuereinnahmen", sagt Astner. "Aber Darlehen für dieses Riesenprojekt belasten unseren Haushalt schon sehr, und die Kosten steigen ja auch sonst."

Die Abwasserentsorgung des Reinhalteverbands Lavanttal, über den die Gemeinde mit vier weiteren und einem lokalen Betrieb die Kläranlage gemeinsam finanziert, kostet heuer wegen der höheren Stromkosten um eine Million Euro mehr; macht 150.000 Euro mehr als Anteil für St. Andrä. Die Spritkosten für die rund 20 Fahrzeuge der Feuerwehr und des Bauhofs haben sich auf etwa 70.000 Euro verdoppelt, zusätzliche 300.000 Euro kostet die Versechsfachung der Stromkosten für öffentliche Gebäude, von Schulen über Kindergärten bis hin zum Rathaussaal. "Und dann müssen wir von unserem Budget noch fast ein Drittel an das Land abliefern", sagt Astner mit einem Seufzer. Der Anteil, den sich die Länder von den Ertragsanteilen der Gemeinden holen, ist laut KDZ innerhalb von nur zehn Jahren von 40 auf 50 Prozent gestiegen.