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Parlament mit Brandschutz und ohne Echo

Von Karl Ettinger

Politik

Ein Rundgang im sanierten Hohen Haus offenbart, was die Abgeordneten im Jänner erwartet.


Die Stele vor der Säulenhalle sticht ins Auge. Die mannshohen, grauen Ständer dienen der Steuerung der Technik. Diese zahlreichen, im Hohen Haus verteilten Stäbe verwehren aber auch jenen, die nicht den entsprechenden Code auf der elektronischen Karte haben, je nach Sektor den Zugang. In dem früher offenen Gang hinter dem Plenarsaal des Nationalrats wirken die nun derart abgetrennten Bereiche beim Präsidium wie Sperren.

Mehr als fünf Jahre hat die gut 400 Millionen Euro teure Generalsanierung gekostet. Die mit Zugangscode und (Glas-)Türen abgegrenzten Sektoren prägen den Eindruck bei einem ersten Rundgang für in- und ausländische Medienvertreter. Sie stehen im Widerspruch zu der mit dem Umbau angestrebten Öffnung des Hauses der Volksvertreter und zur nun vorhandenen Barrierefreiheit. Schon allein aus Brandschutzgründen war, wie Parlamentssprecher Rudolf Gollia freilich aufklärt, eine stärkere Teilung in bestimmte Abschnitte notwendig. Sonst hätte der Bau ohnehin wegen der feuerpolizeilichen Vorschriften saniert werden müssen.

200.000 Besucher pro Jahr werden erwartet

Vier helle und breite Stiegenhäuser haben enge Wendeltreppen abgelöst. Bis 2017 wurden jährlich 100.000 Besucher, davon zu 60 Prozent Schulgruppen, gezählt, nach der Eröffnung des sanierten Parlamentsgebäudes am 12. Jänner 2023 wird mit 200.000 pro Jahr gerechnet. Diese werden ebenerdig im Besucherzentrum, der Agora, empfangen.

1883 wurde der Bau von Theophil Hansen eröffnet. Während Nationalrats- und Bundesratsmandatare im nahen Ersatzquartier in der Hofburg seit 2017 ihr Domizil hatten, wurden im Parlamentsgebäude 10.000 Kubikmeter Ziegelschotter und Erdreich hinausbefördert. In der historischen Säulenhalle hat sich auf den ersten Blick nur wenig geändert. Einzig die ursprünglich anthrazitgrauen Sitzgelegenheiten an den Seiten haben die grellen roten Sofas jetzt wieder abgelöst.

Im demokratischen Herzstück des Hohen Hauses, dem Sitzungssaal des Nationalrates, fällt ein Unterschied sofort auf: Die früher lange Regierungsbank an der Stirnseite ist jetzt durch das Rednerpult geteilt, diese Neuerung hat man aus dem Ersatzquartier in der Hofburg übernommen. Außerdem ist der Plenarsaal flacher geworden, der Raum fällt von den Hinterbänklern zu den Klubobleuten nicht mehr so stark ab.

Die Bänke vor den Abgeordnetenplätzen sehen neben Steckdosen Zehn-Zoll-Bildschirme, auf denen die Parlamentarier Rednerliste und Tagesordnungspunkte verfolgen können. Sie würden auch die Möglichkeit einer kleinen Revolution, und zwar elektronische Abstimmungen statt des bisherigen Aufstehens, bieten. Dafür ist aber eine Änderung der Geschäftsordnung notwendig, für die sich bisher keine Mehrheit gefunden hat.

Telefonzellen hinter den Couloirs bleiben erhalten

An die schummerigen Couloirs hinter dem Plenum schließt nun ein breiter Raum an, durch den seitlich vom Schmerlingplatz Licht hereinströmt. Die Telefonzellen hinter den Couloirs sind auch im Handyzeitalter dank Denkmalschutz erhalten geblieben. Genauso die unzähligen Latten aus Nussholz wie in den 1950er Jahren an der Stirnseite des Plenarsaals, die vor dem Abbau durchnummeriert und nun stilgetreu genau dort platziert wurden.

Ein spezielles Problem wurde ebenfalls behoben. Die Tonprobleme durch die Glaskuppel und das sogenannte Flatterecho konnten beseitigt werden. Erst am vergangenen Freitag hat deswegen eine Probe stattgefunden. Allein das hat aber im April zu einer weiteren Verzögerung und zur Verschiebung der Eröffnung vom 26. Oktober auf Mitte Jänner geführt. Der Bundesrat ist jetzt im ehemaligen Budgetsaal untergebracht.

Völlig neu ist das Restaurant auf dem Dach, das den Namen des Verfassungsschöpfers Kelsen tragen wird. Ebenfalls neu ist der Besucherrundgang hinter Panzerglas hoch oben mit Blick auf das Nationalratsplenum.

Was den Zugang für Journalisten betrifft, so war ein Hauch von "Message Control" während der Umbauarbeiten zu merken. Die Vereinigung der gut 200 Parlamentsjournalistinnen und -journalisten sah sich im Gegensatz zu früheren Zeiten mit Plänen zu beschränkten Zutrittszonen konfrontiert. Allen voran war Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) Widerpart der erfahrenen und resoluten Präsidentin der Vereinigung, ORF-Redakteurin Claudia Dannhauser.