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ÖVP hielt 2019 Werbegrenze ein

Politik

Wanderung mit Kurz war zwar Wahlwerbung, in zwei anderen Streitfragen folgte Parteien-Senat aber Sichtweise der ÖVP.


Die ÖVP hat im Jahr 2019 die Obergrenze bei Wahlkampfkosten von sieben Millionen Euro nicht überschritten, wie der Unabhängige Parteien-Transparenz-Senat (UPTS) am Mittwoch erkannte. Er folgte in den vier strittigen Punkten zwischen der Volkspartei und dem Rechnungshof zweimal der ÖVP und einmal dem Rechnungshof. Die vierte Streitfrage wurde, weil bereits irrelevant, ausgeschieden.

Der Entscheidung des UPTS war ein monatelanges Hin und Her zwischen der ÖVP und dem Rechnungshof vorangegangen. Im Fokus stand dabei stets die Bewertung diverser Ausgaben: Gehören sie den laufenden Kosten an oder sind es Ausgaben für Wahlwerbung? Dass die ÖVP offiziell mehr Werbungskosten für die EU-Wahl 2019 abrechnete als für die Nationalratswahl, kam den Prüfern suspekt vor.

Strittig blieb eine Wandertour mit Sebastian Kurz ("Bergauf-Tour"), mutmaßliche Wahlprämien der Bundespartei sowie Leistungszulagen für Mitarbeiter der Volkspartei Niederösterreich sowie die Beschäftigung ehemaliger Kabinettsmitarbeiter bei der ÖVP.

Der im Kanzleramt angesiedelte UPTS, dem Wolfgang Pallitsch, ehemaliger Senatspräsident beim Verwaltungsgerichtshof, vorsitzt, befand im Fall der Bergwanderung die Argumentation der ÖVP für nicht glaubhaft. Diese hatte angegeben, dass es sich um eine rein interne Veranstaltung für Funktionäre gehandelt habe. Dagegen sprach allerdings der ausgewiesene PR-Charakter der Veranstaltung.

Zu den von der ÖVP bisher anerkannten 6,6 Millionen Euro müssen daher auch die Kosten für diese "Bergauf"-Touren von rund 218.000 Euro addiert werden. Damit kommt die Partei der Grenze von sieben Millionen Euro zwar sehr nahe, überschreitet sie aber nicht - weil die anderen beiden Streitfälle zugunsten der ÖVP entschieden wurden. Im Fall der niederösterreichischen Volkspartei sah der Senat keine Beweise für einen Zusammenhang zwischen den Auszahlungen und der Nationalratswahl. Die Prämien für Mitarbeiter der Bundespartei wertete der UPTS wiederum als klassische Erfolgsprämien im arbeitsrechtlichen Sinn, zumal sie nach der Wahl ausgezahlt wurden. Daher: keine Wahlkampfkosten.

Stocker fordert Entschuldigung ein

Die vierte Streitfrage zu Ex-Kabinettsmitarbeitern in der Bundespartei wurde gar nicht mehr entschieden, da der fragliche Betrag zu klein war, um die Grenze noch zu überschreiten.

Der Rechnungshof nahm die Entscheidung "zur Kenntnis", wie Sprecher Christian Neuwirth auf Twitter schrieb: "Unsere Vorgangsweise ist stets sachlich begründet und wohl überlegt. Sie war es auch in diesem Fall. Dass unsere Ansicht nicht geteilt wurde, müssen wir akzeptieren, zumal für uns auch keine Berufungsmöglichkeit dagegen vorgesehen ist."

ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker erinnerte an die "Vorverurteilung" durch andere Parteien, Kommentatoren und Medien. Auch Parteichef und Kanzler Karl Nehammer sei Fehlverhalten unterstellt worden, so Stocker: "Sie sollten nun Anstand und Rückgrat beweisen und sich in aller Form bei Karl Nehammer und der ÖVP für ihre nun als falsch erwiesenen Vorhalte entschuldigen."

Erneute Überprüfung bei SPÖ und FPÖ gefordert

Der Hintergrund: Seit der Nationalrat vor nunmehr elf Jahren eine Obergrenze bei Wahlkampfausgaben eingezogen hat, ringen die Parteien um deren Einhaltung. Einerseits ringen sie mit sich selbst, um irgendwie unter den sieben Millionen Euro zu bleiben. Hilfreich ist dabei, dass erst ab einem gewissen Stichtag Ausgaben als Wahlwerbung zählen.

Andererseits ringen die Parteien aber auch untereinander, weil sie sich immer wieder gegenseitig der Überschreitung bezichtigen, wobei kleine Parteien in der Regel nicht in Gefahr laufen, die Grenze zu überschreiten, da sie selten über die budgetären Mittel dazu verfügen. Die Ausnahme war das das Team Stronach, das 2013 kandidierte und die höchsten je gemeldeten Ausgaben aller Parteien hatte, nämlich 13,5 Millionen Euro. Die ÖVP unter Sebastian Kurz kam Stronach 2017 aber mit 13 Millionen Euro sehr nahe, entschuldigte sich dafür öffentlich und zahlte 800.000 Euro Strafe. Die ÖVP gelobte, 2019 innerhalb des Rahmens zu bleiben.

Der "Falter", der sich damals auf ihm zugespielte interne Unterlagen bezog, hatte im Vorfeld der 2019er-Wahl dann aber berichtet, dass die ÖVP bewusst plane, die Grenze erneut zu überschreiten. Dagegen klagte die Partei, verlor aber in allen Instanzen.

Für den Rechnungshof war es nicht plausibel, dass die ÖVP für Werbung bei der Nationalratswahl weniger ausgegeben haben soll als für die EU-Wahl. Daraufhin entwickelte sich das über Monate ziehende Hin und Her zwischen den Prüfern und der ÖVP um die Bewertung von Ausgaben.

Vor wenigen Tagen kritisierte Stocker deshalb auch den Rechnungshof, er habe ein neues Kriterium eingeführt, nämlich "politische Realität". Er sah die ÖVP härter geprüft als andere Parteien. Per Sachverhaltsdarstellung forderte er eine erneute Prüfung der Berichte von SPÖ und FPÖ, die wiederum die Volkspartei als unplausibel ansieht. Beide waren laut Rechnungshof knapp im Rahmen geblieben. Auch Kurz kritisierte am Mittwoch mediale Anschuldigungen, die sich später als falsch herausstellen würden.

Eine Überschreitung der Obergrenze ist künftig übrigens deutlich teurer als bisher. Sie kann nun im Extremfall bis zu 150 Prozent des Überziehungsbetrages ausmachen.(sir)