Zum Hauptinhalt springen

Kaum Niederschlag durch "Hass im Netz"-Paket

Von Simon Rosner

Politik

Trotz Verschärfung nicht mehr Anklagen und wenig Nachfrage bei Opferhilfe.


Von der Opposition muss sich die aktuelle Bundesregierung nicht gerade selten den Vorwurf der Gießkanne anhören. Doch es gibt auch das Gegenteil davon, also gewissermaßen den vollen Topf, der sich nicht leert. Vor zwei Jahren wurde nämlich das Budget der Opferhilfe deutlich erhöht, da die psychosoziale Prozessbegleitung auch bei (teils neuen) "Hass im Netz"-Delikten zur Verfügung steht.

Für das Vorjahr standen insgesamt 15,8 Millionen Euro für Prozessbegleitung bereit, wie aus einer parlamentarischen Anfragebeantwortung von Justizministerin Alma Zadic (Grünen) hervorgeht. 2021 waren es 13,6 Millionen Euro, wobei bereits dies ein aufgestocktes Budget war. Man kalkulierte damals mit Kosten von rund 3,3 Millionen Euro allein durch die "Hass im Netz"-Delikte. Doch tatsächlich wurde dann nur in 16 Fällen eine solche Prozessbegleitung nachgefragt mit Kosten von nur 11.458 Euro.

Ministerin Zadic reagierte mit einer Werbekampagne, im August des Vorjahres ging dann die Website "Hilfe bei Gewalt" online. Es gibt eine telefonische Hotline sowie eine Chat-Option, die für Jüngere oft attraktiver ist. In großen Lettern ist zu lesen: "Die Kosten für Prozessbegleitung trägt das Bundesministerium für Justiz." So richtig losgestartet ist die Initiative aber auch danach nicht.

Die SPÖ-Abgeordnete Katharina Kucharowits hatte von Zadic nach zwei Jahren "Hass im Netz" erneut die Zahlen zu Ermittlungen und Anklagen bei diesen Delikten sowie nach nachgefragter Prozessbegleitung wissen wollen. Viel weitergegangen ist nicht. Aus den 16 Fällen von 2021 sind im Vorjahr 27 geworden. Das ist zwar eine klare Steigerung, aber noch immer auf sehr niedrigem Niveau. Die Kosten für das Vorjahr: 23.560 Euro. Es blieben also wieder etliche Millionen im Topf, der zudem finanziell etwas aufgestockt worden war.

Nur marginale Steigerung trotz Verschärfung

Das vor zwei Jahren in Kraft getretene "Hass im Netz"-Gesetzespaket hatte legistisch die Verschärfung von zwei bereits bestehenden Paragrafen beinhaltet. Beim Cybermobbing (§ 107c) können seither auch schon Einzelfälle verfolgt werden, der Verhetzungstatbestand (§ 283) bezieht sich nun auch auf Einzelpersonen. Davor konnte das Delikt der Verhetzung nur gegen bestimmte Gruppen gesetzt werden.

Bei diesen beiden Tatbeständen hat die Verschärfung am Anfall für die Justiz nichts geändert. Bei Cybermobbing hatte es im ersten Jahr der neuen "Hass im Netz"-Regelung mit 56 Anklagen genauso viele gegeben wie davor. Im zweiten Jahr (2022) war diese Zahl sogar leicht rückläufig (54). Auch bei der Verhetzung gab es kaum Veränderung. Im ersten Jahr war die Zahl der Anklagen ganz leicht von 84 auf 92 gestiegen, im Vorjahr dann auf 95.

Die Statistik der Verurteilungen liegt bisher nur für das Jahr 2021 vor, also das erste Jahr von "Hass im Netz". Da Verfahren oft länger laufen, ist die Aussagekraft noch gering. Auffälligkeiten zeigten sich im ersten Jahr nach der Verschärfung nicht. Nach dem Verhetzungsparagrafen wurden etwa 40 Personen verurteilt und damit weniger als im Mittel der vorangegangenen Jahre.

Upskirting-Verbot zeigt Wirkung

Neu hinzugekommen ist damals das sogenannte "Upskirting-Verbot" (§ 120a). Seither ist auch das unbefugte Fotografieren des Intimbereichs strafbar (bis sechs Monate Haft). Bei einer unerlaubten Weiterverbreitung der Fotos, die schon davor verboten war, droht ein Jahr Haft. Aufgrund des technologischen Fortschritts haben sich die Fälle heimlicher Aufnahmen gemehrt.

Aus der Anfragebeantwortung von Zadic ist herauszulesen, dass dadurch wohl tatsächlich eine damals bestehende Gesetzeslücke geschlossen worden sein dürfte. Im ersten Jahr, 2021, kam es zu 22 Anklagen bei 45 Einstellungen. Im Vorjahr brachten die diversen Staatsanwaltschaften dann schon 40 Fälle zur Anklage (bei 100 Einstellungen). Bei neuen Delikten dauert es oft, bis sie in der Breite im Bewusstsein angelangt sind. Ebenso dauern Ermittlungen oft länger.

Dass es 2021 nur eine Verurteilung nach diesem neuen Delikt gegeben hat, heißt daher noch nicht viel. Im Juni sollten die Verurteilungszahlen für das Vorjahr veröffentlicht werden.