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Ärger über abgespeckte Energieeffizienz

Von Vilja Schiretz

Politik

Da SPÖ und FPÖ ihre Zustimmung verweigern, will Türkis-Grün das Gesetz nun mit einfacher Mehrheit beschließen.


Den Schaden an der Republik habe man wohl abgewendet. "Stinksauer" ist Lukas Hammer, Energiesprecher der Grünen, trotzdem. Am Donnerstag soll das Energieeffizienzgesetz bei einer Nationalratssondersitzung beschlossen werden, allerdings in einer zusammengestutzten Version. Für den Beschluss des ursprünglichen Entwurfs wäre eine Zweidrittelmehrheit nötig gewesen, ÖVP und Grüne wären also auf Unterstützung von SPÖ oder FPÖ angewiesen gewesen.

Doch die SPÖ hatte kürzlich angekündigt, nicht mehr als Mehrheitsbeschaffer für die Regierungsparteien zur Verfügung zu stehen, bis weitreichende Maßnahmen gegen die Teuerung - etwa eine bisher von der ÖVP blockierte Mietpreisbremse - beschlossen würden. Die FPÖ habe von Anfang an kein Interesse an Verhandlungen gezeigt, sagt Hammer. Auch am Mittwoch bestätigte der freiheitliche Nationalratsabgeordnete Gerhard Deimek bei einer Pressekonferenz, dem Gesetz nicht zustimmen zu wollen. Die europäischen Klimaziele seien ideologisch überschießend und beim forcierten Erneuerbaren-Ausbau werde auf Wirtschaftlichkeit und Leistbarkeit vergessen.

Länder können nichtverpflichtet werden

Deshalb wurde nun der ursprüngliche Entwurf so verändert, dass Bestimmungen, die einen Beschluss mit Zweidrittelmehrheit erfordert hätten, wegfallen - und damit die Stimmen von ÖVP und Grünen für einen Beschluss ausreichen. Konkret bedeutet das, dass sich der Bund nur selbst zum Energiesparen verpflichten kann, die verpflichtenden Sparziele für die Länder aber wegfallen.

Diese Einschränkung sei ein "Wermutstropfen", sagt Hammer. Doch zu warten, bis die SPÖ von ihrer Blockade abrückt, sei keine Option. Denn Österreich drohen ein EU-Vertragsverletzungsverfahren und Strafzahlungen, sollte das Gesetz und damit eine EU-Richtlinie nicht zeitnah umgesetzt werden. Der EU-Kommission habe man dazu einen detaillierten Zeitplan vorgelegt, den man nun einhalten wolle, sagt Hammer. Den Strafzahlungen werde man mit dem Beschluss am Donnerstag wohl entgehen, das abgespeckte Gesetz dürfte ausreichen, um die Vorgaben der EU zu erfüllen.

Dass die Koalitionsparteien nun der SPÖ die Schuld an möglichen Strafzahlungen geben, sei "billig und Populismus pur", kritisiert indes der rote Energiesprecher Alois Schroll. Bereits 2020 sei das frühere Energieeffizienzgesetz ausgelaufen, mehr als zwei Jahre sei die türkis-grüne Koalition nicht aktiv geworden - trotz drohendem Vertragsverletzungsverfahren. Er habe in den vergangenen Jahren mehrere entsprechende Anträge eingebracht, die aber von den Regierungsparteien abgelehnt worden seien. "Und jetzt muss es auf einmal schnell, schnell, schnell gehen", kritisiert Schroll. Auch inhaltlich sei er mit dem neuen Energieeffizienzgesetz unzufrieden. Vor allem falle im Vergleich zum früheren Gesetz die Verpflichtung der Energielieferanten weg, Energiesparmaßnahmen zu setzen, bemängelt Schroll. Auch ohne die angekündigte Blockade hätte er den roten Abgeordneten deshalb geraten, nicht für den Entwurf zu stimmen, betont der Energiesprecher.

Bei den Grünen sitzt der Ärger über die Sozialdemokraten jedenfalls tief. "Wenn die SPÖ bei ihrer Blockade bleibt, steht die Energiewende", sagt Hammer. Denn es sind vor allem grüne Herzensangelegenheiten, die nun an fehlenden Zweidrittelmehrheiten scheitern könnten. "Mit einfacher Mehrheit kommt man nicht weit", sagt Hammer und verweist etwa auf das Erneuerbare-Wärme-Gesetz, das den Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen vorsehen würde.

Kein "Plan B" für Erneuerbare-Wärme-Gesetz

Dieses müsste auf jeden Fall mit Zweidrittelmehrheit beschlossen werden, unter anderem, weil das Verbot von fossilen Heizungen im Bestand in das Grundrecht auf Eigentum eingreifen würde, erklärt Hammer. "Plan B" wie beim Energieeffizienzgesetz gebe es hier keinen. Den größeren Koalitionspartner treffe die SPÖ mit ihrer Blockade dagegen weniger stark: "Die ÖVP wird keine Mietpreisbremse beschließen, damit sie strengere Klimaschutzgesetze bekommt", meint Hammer. Abseits der Vorhaben rund um den Ausstieg aus fossilen Energien warten auch noch Pläne für ein Informationsfreiheitsgesetz und damit das Ende des Amtsgeheimnisses auf eine Umsetzung. Auch hier wäre eine Zweidrittelmehrheit nötig, um die Länder in die Pflicht nehmen zu können. Die Länder würden sich querlegen, rechtfertigte Verfassungsministerin Karoline Edtstadler immer wieder den Stillstand. Forderungen der Zivilgesellschaft, das Amtsgeheimnis zumindest im Bund abzuschaffen - was bereits mit einer einfachen Mehrheit möglich wäre - blockte sie in der Vergangenheit ab.

Ob das Vorgehen beim Energieeffizienzgesetz noch zum Vorbild für andere türkis-grüne Vorhaben wird, wird sich also weisen. Am Donnerstag stehen im Nationalrat jedenfalls auch Beschlüsse für ein Paket gegen Kinderarmut sowie ein Strompreiskosten-Ausgleichsgesetz mit Kompensationen für die Industrie an. Im Vorfeld kritisierte die SPÖ vor allem die Maßnahmen gegen Kinderarmut als zu wenig weitreichend - die Zustimmung der roten Abgeordneten brauchen ÖVP und Grüne in dieser Angelegenheit allerdings nicht.