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Unabhängigkeit für Migrantinnen

Von Katharina Schmidt

Politik

Stadt Wien will Frauen mit eigenem Bildungsplan "arbeitsmarkt-fit" machen.


Wien. Hatice Öztürk und Seda Biter sind Schulkolleginnen. Seit Oktober und noch bis zum Sommer lernen sie gemeinsam, was man eben so in der Schule lernt. Deutsch, Mathematik, Geschichte, Kunst, Computerbasiskenntnisse. Später wollen beide in der Kinderbetreuung arbeiten.

Doch Öztürk und Biter unterscheiden sich von normalen Schülerinnen: Sie sind bereits Mitte 30, haben Familie und erarbeiten sich die Basis für ihre Ausbildung im "Frauencollege" in Simmering nebenher. Wie ihnen geht es vielen Frauen mit Migrationshintergrund: Migrantinnen sind sowohl in den höchsten als auch in den niedrigsten Bildungsschichten deutlich überrepräsentiert (siehe Grafik). 73 Prozent der türkischstämmigen Frauen haben lediglich einen Pflichtschulabschluss - entsprechend hoch ist die Arbeitslosenquote.

In Wien soll nun das bestehende Angebot für Frauen mit Migrationshintergrund mit einem dreistufigen "Sprach- und Bildungsplan" ausgebaut werden, wie Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger und Bildungsstadtrat Christian Oxonitsch am Montag erklärten. Als Grundlage werden Deutsch- und Alphabetisierungskurse in der Muttersprache angeboten. Als nächste Stufe folgen die bekannten "Mama lernt Deutsch"-Kurse, die bisher 6000 Frauen genutzt haben. Diese Kurse werden zu flexiblen Zeiten in Schulen oder Vereinen angeboten.

Die dritte Ausbaustufe, eben die "Frauencolleges", gibt es seit 2011 in Simmering und in der Hauptbücherei am Urban-Loritz-Platz, ab Herbst sollen sechs weitere Büchereien dazukommen. Dort vertiefen die Frauen ihre Deutschkenntnisse (auch mit Blick auf das für die Integrationsvereinbarung nötige Sprachniveau) und ihre Allgemeinbildung. Am Ende des zweisemestrigen Kurses steht ein Zertifikat, mit dem die Frauen als "arbeitsmarkt-fit" zum Arbeitnehmerinnenförderungsfonds gehen können. Die Stadt investiert wie bisher fünf Millionen Euro in das Programm, an dem 1600 Frauen gratis teilnehmen können. "Es geht darum, dass die Frauen selbständig und unabhängig arbeiten können", sagte Frauenberger. Öztürk und Biter sind jedenfalls froh über das Angebot: "Wir wollen starke Frauen sein", sagt Biter.