Wien.

Ein klassischer Ball - der dennoch ganz anders ist, findet der Organisator Marko Stijakovic. - © Stanislav Jenis
Ein klassischer Ball - der dennoch ganz anders ist, findet der Organisator Marko Stijakovic. - © Stanislav Jenis

Zeljko Dragic ist begeistert: "Für mich ist das hier das Wien aus der k.u.k. Monarchie - einfach traumhaft." Der gebürtige Deutsche ist einer der 600 Besucher des serbischen Sveti Sava Balls, der letzten Samstag im Parkhotel Schönbrunn stattfand. Benannt ist der Ball nach dem gleichnamigen serbischen Erzbischof und Heiligen der orthodoxen Kirche (1175 bis 1236), der als Begründer Serbiens gilt. "Das ist mein erster Ball, den Smoking habe ich mir erst heute gekauft", erzählt Dragic, der aus Hannover stammt und sich als "waschechten Preußen" beschreibt. 1978 wurde er in Hannover geboren, entstammt einer jüdisch-serbischen Familie und gehört der liberalen jüdischen Gemeinde an, deren Gottesdienste er seit einigen Monaten auch in Wien besucht.

Dragic findet, dass Serbien in Wien sehr stark verankert ist. Sein Bruder ist nach einer einjährigen Hotelier-Ausbildung im Hotel Sacher zurückgekehrt mit der Feststellung: "Mir ist Wien zu balkanmäßig." Dass man wie in Serbien hier gleich per du ist und es mit der Pünktlichkeit nicht so genau nimmt, habe ihn gestört. Tief in der österreichischen Geschichte verankert ist auch der Sveti Sava Ball, der erstmals im Jahr 1846 in Wien stattgefunden hat, als Fürst Milo Obrenovic (1780 bis 1860) den Wunsch hatte, alle "namhaften Serben" Wiens wenigstens einmal im Jahr zu einem besonderen Ereignis zu versammeln. Engagiert wurde dazu Johann Strauß junior, dessen hier uraufgeführte Komposition später unter der Bezeichnung "Serbische Quadrille" berühmt wurde. "Kopien von der Quadrille gelangten auch nach Belgrad", erzählt Marko Stijakovic, Ballorganisator und Präsident der Österreich Serbischen Gesellschaft (ÖSG). "Daraufhin beschloss auch das Bürgertum in Belgrad, diese Balltradition aufzugreifen."

Auch Renate Zivkovic-David, die Schatzmeisterin der ÖSG und Mitorganisatorin betont: "Die Serben waren und sind in Wien immer sehr präsent, wie auch die Kroaten, Slowenen und Ungarn. Wien ist ganz einfach ein Völkermischmasch gewesen und das zeichnet es aus. Diese Vielfalt, dieses Multi-Kulti ist Wien für mich. Das Positive von der Vergangenheit kann man ja mitnehmen." Und: "Wir leben sicher noch die Monarchie und lieben sie. Wir wollen zwar keinen Kaiser mehr haben, aber die gute alte Zeit ist hier."

Wiederbelebt wurde diese gute alte Tradition aber erst vor 15 Jahren, in einer alles andere als erfreulichen Zeit. "Als der Krieg ausbrach, lebten extrem viele Exiljugoslawen im Ausland", erinnert sich Marko Stijakovic. "Die waren an den Taten dort nicht beteiligt, sind aber in ein schlechtes Licht geraten." Eine Möglichkeit wäre gewesen, sich in die eigenen Wohnungen zu verkriechen und darauf zu warten, bis alles wieder vorbei ist. "Wir haben stattdessen die Flucht nach vorne angetreten und gezeigt, dass wir mit dem nichts zu tun haben, auch wenn sich unsere Meinung damals nicht mit der Meinung der internationalen Medien gedeckt hat."