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Wie transparent ist Österreich?

Von Brigitte Pechar

Politik

Parteispenden sollen offengelegt werden.| Korruptionsregelungen für Mandatare werden verschärft.| Milliarden Daten werden gesammelt, aber Förderungen sind "Black Box".


Wien. Wie viele Daten braucht ein Staat, wie viele Informationen brauchen wiederum die Bürger über ihre Vertreter?

Mehr Transparenz bei Parteispenden: Sie müssen in Zukunft ab einer bestimmten Höhe im Internet veröffentlicht werden.
© Fleck

Pro Jahr werden Milliarden von Daten gesammelt - seit in Kraft treten der Vorratsdatenspeicherung mit 1. April wieder um Millionen mehr. Wer kann mit all diesen Informationen etwas anfangen und - vor allem - cui bono?

Die Regierung wird bei ihrer am Freitag am Wiener Kahlenberg stattfindenden Klausur ein Transparenzpaket beschließen. Wesentlichste Punkte: die verpflichtende Veröffentlichung von Parteispenden ab einer bestimmten Höhe, verschärfte Korruptionsregelungen für Mandatare (Anfütterungsverbot), klarere Regelungen im Unvereinbarkeitsgesetz und ein Lobbyisten-Gesetz. Alles in allem soll dieses Paket Politiker und Parteien - und somit deren Handlungen - gläserner machen.

"Wir können mit Stolz sagen, dass in Österreich die wesentlichen Bereiche statistisch gut erfasst sind", sagt der Direktor der Statistik Austria, Konrad Pesendorfer zur "Wiener Zeitung". Alleine sein Institut verfügt über eine nahezu unübersichtliche Menge an Daten: Von der Bevölkerungsentwicklung, Gesundheit, Nahrungsmitteln, Außenhandel, Industrieproduktion bis hin zu Emissionswerten kann dort alles nachgefragt werden.

Aber wie wichtig sind solche Informationen für die Gesellschaft? "Wenn man der Idee anhängt, dass politische Entscheidungen, aber auch Unternehmensentscheidungen dann am besten sind, wenn diese auf Fakten beruhen, dann kommt der Statistik eine wesentliche Rolle zu", sagt Pesendorfer.

Recht auf Wissen

Was noch nicht so gut durchleuchtet werden kann, gibt Pesendorfer zu bedenken, ist der Fluss öffentlicher Förderungen und Subventionen. Zwar sei der Einsatz öffentlicher Mittel gut erfasst, es gebe aber Potenzial nach oben bei detaillierten Positionen - vor allem bei Ländern und Gemeinden. Die Rechnungslegungsvorschriften ließen hier viel Raum zu, wie etwas verbucht wird. Da sei es oft sehr mühsam, die einzelnen Daten zusammenzutragen. Pesendorfer: "Wir laufen häufig den Daten hinterher. Aber gerade bei öffentlichen Mitteln braucht es eine klare Transparenz." Die Bürger hätten ein Recht darauf zu wissen, in welche Häfen ihr Geld geschleust werde. "Wo öffentliche Mittel fließen, müssen andere Grundsätze gelten, als im privatwirtschaftlichen Bereich", ist der oberste Statistiker des Landes überzeugt. Franz Fiedler, Präsident von Transparency International Österreich, spricht im Zusammenhang mit Förderungen sogar von einer "Black Box".

Aber nicht nur der Erfassung der Daten, sondern auch deren Darstellung muss Beachtung geschenkt werden. Pesendorfer führt hier das Beispiel der EU-Subventionen an die Landwirtschaft an. Diese seien sehr detailliert im Internet abrufbar gewesen. Nach Protesten stehen diese Informationen jetzt nicht mehr zur Verfügung. Da es sich aber um öffentliche Mittel handle, habe die Öffentlichkeit das Recht zu wissen, wohin diese fließen.

Der gläserne Mensch auf der einen Seite steht also nicht ganz so gläsernen Datensträngen im öffentlichen Bereich und bisher ganz und gar intransparenten Parteien oder anderen Machtapparaten wie Banken gegenüber. "Da beruft man sich auf Privatsphären der Parteien und hat den Blick darauf verloren, wie sehr man in die Privatsphäre der Bürger schon eingegriffen hat", kritisiert Fiedler.

Allerdings haben die bisherigen Ergebnisse aus dem Korruptions-Untersuchungsausschuss für enormen Unmut in der Bevölkerung über die undurchsichtigen Geldflüsse gesorgt. SPÖ und ÖVP haben sich daher unter diesem Druck dazu durchringen müssen, die seit Jahren überfälligen Änderungen im Parteiengesetz vorzunehmen. Geldflüsse von der Telekom oder anderen Unternehmen in die Wahlkämpfe der Parteien wird es daher künftig nur noch vor den Augen der Bürger geben. Alles soll deklariert und somit überprüfbar werden. So lautet zumindest die mit dem Transparenzpaket verbundene Hoffnung.

Und sollten die vorgeschlagenen rot-schwarzen Rezepturen der Opposition zu wenig weit gehen, wird es in parlamentarischen Nachverhandlungen zu Nachbesserungen kommen, schließlich braucht die Koalition zumindest für Änderungen im Parteiengesetz eine Verfassungsmehrheit.

"Das wird die Nagelprobe", erklärt Fiedler. Er meint damit, dass die Regierungsparteien jetzt ein klares Statement abgeben müssen, um verloren gegangene Glaubwürdigkeit bei den Bürgern wieder zurück zu gewinnen. Wenn tatsächlich alle Teil- und Vorfeldorganisationen samt Firmenbeteiligungen in das Parteiengesetz miteinbezogen werden und eine Stückelung der Spenden- die verhindert, dass man unter die Veröffentlichungspflicht fällt - verboten wird, "wird ein gewisser Gleichklang von Einzelpersonen und Parteien was die Datentransparenz betrifft erreicht", sagt Fiedler.

Für die Parteien liegt darin die Chance zu zeigen: "Wir haben nichts zu verbergen." Wenn Großspender Parteien fördern, tun sie dies, um bestimmte Ideologien zu unterstützen. Das sei durchaus legitim. Probleme entstehen für Fiedler dann, wenn dahinter ökonomische Motive stehen. Etwa, wenn Gesetze im Sinne des Spenders beschlossen werden. "Da erwarte ich, dass sich eine Partei nicht kaufen lässt", sagt der Chef von Transparency Österreich.

Weniger Großspender

Mit dem neuen Gesetz beschneiden sich die Parteien auch selbst. Schließlich wird kaum jeder Großspender, der einer Partei Geld zukommen lässt, seinen Namen samt Summe im Internet veröffentlicht sehen wollen. Aber das, so Fiedler, müssten "die Parteien im Interesse der Sauberkeit und der politischen Anständigkeit in Kauf nehmen". Weniger Einnahmen könnten also durchaus eine Konsequenz sein.

Aber selbst wenn, ist der Teich für die österreichische Parteienlandschaft noch nicht ausgetrocknet. Schließlich ist die staatliche Förderung - bezogen auf die Wählerschaft - so hoch wie in keinem anderen Land der Welt. 200 Millionen Euro an öffentlichen Geldern fließen ihnen jährlich zu - dazu kommen noch die Klubförderung, die Förderungen für die Bildungseinrichtungen und Wahlkampfkostenrückerstattung. Die Parteien werden lernen müssen, hauszuhalten.