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Als die Unis laufen lernten

Von Katharina Schmidt

Politik

Durchwachsene Bilanz nach zehn Jahren universitärer Autonomie.


Wien. Wütende Studenten auf der Straße, eine kampfeslustige Gewerkschaft, eine schäumende Opposition - zu der damals auch die SPÖ gehörte. Zehn Jahre ist es jetzt her, dass das Universitätsgesetz 2002 (UG 2002) von der schwarz-blauen Regierung durch den Ministerrat gebracht wurde.

Einer der wesentlichsten Eckpunkte der von der damaligen Wissenschaftsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP) durchgebrachten Reform: Die Unis wurden juristische Personen öffentlichen Rechts. Seither können sie selbst über ihr Personal entscheiden und sind weisungsfrei, sie unterliegen nur der Aufsicht des Bundes. Auch die internen Strukturen wurden geändert: Seit damals werden sie von einem Dreigestirn aus Rektorat, Senat und Uni-Rat geleitet, für die Wahl des Rektors sind die letzten beiden Gremien verantwortlich. Mit der Schaffung des Senats als Kollegialorgan, in dem die Professoren die absolute Mehrheit stellen, wurde die Mitbestimmung der Studenten und des Mittelbaus empfindlich eingeschränkt. Ein weiterer Kernpunkt des UG 2002 sind die Finanzen: Die Unis erhalten ein für drei Jahre ausverhandeltes Globalbudget, über das sie frei verfügen können, gleichzeitig regeln Leistungsvereinbarungen mit dem Ministerium, welche Leistungen erbracht werden müssen. Die Erträge aus den - mittlerweile abgeschafften und an manchen Unis wieder in Einführung befindlichen - Studiengebühren bleiben bei den Unis.

Medizin-Uni soll zurück

Neben den Gebühren steht auch ein weiterer Aspekt des UG mittlerweile wieder zur Disposition: Die Ausgliederung der medizinischen Unis (Wien, Innsbruck und Salzburg) aus dem Verband der Hauptuniversitäten. Seit vergangenem Jahr forciert die Tiroler Landesregierung eine Wiedervereinigung der mit Finanzproblemen kämpfenden medizinischen mit der Stammuniversität.

Trotz all dieser Mankos des Gesetzes gaben sich einige Zeitzeugen, die Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle am Dienstagabend ins Ministerium geladen hatte, überzeugt von der Sinnhaftigkeit des UG. Sigurd Höllinger, langjähriger Sektionschef im Wissenschaftsministerium und "Architekt" der Reform, sprach von der "größten Systemänderung seit 150 Jahren". Die Schwachstellen gelte es, auszugleichen - ohne die Autonomie zurückzuschrauben.

"Feiern und verbessern"

Georg Winckler, Ex-Rektor der Uni Wien und einst gemeinsam mit Höllinger Opfer einer Torten-Attacke aufgebrachter Studenten, meinte: "Wir sollten feiern, dass es ein gutes und modernes Gesetz ist, aber überlegen, wie wir in nächster Zeit unsere Strukturen verbessern." Die Rektoren warnte er davor, nur Geld zu fordern, ohne ihre Autonomie für Verwaltungsreformen einzusetzen.

Ein differenziertes Bild der Uni-Reform zeichnete auch Jürgen Janger vom Wifo. Die Unis seien leistungsfähiger geworden. Allerdings müssten Nachwuchswissenschafter die Möglichkeit einer durchgängigen Karriere haben.

Und wieder kam das Podium nicht ohne ausführliche Debatte über Gebühren und Zugangsbeschränkungen aus. Heinz Mayer, Dekan am Juridicum, forderte eine umfassende Studienreform.

"Studierfähigkeit fehlt"

Die Studierenden hätten derzeit "wesentlich mehr Rechte als Pflichten", dabei "sei der große Teil der Studierenden nicht studierfähig", sondern glaube, wie in der Mittelschule serviciert zu werden. Er plädiere daher für ein höheres Maß an Verbindlichkeit und eine politische Entscheidung über die Gebühren, sagte Mayer, Autor jenes Gutachtens, auf das sich Töchterle stützt, wenn er den Unis empfiehlt, autonom Gebühren einzuheben.

Töchterle selbst, der zuletzt wegen seiner starren Forderung nach einer umfassenden Studiengebühren-Regelung in die Defensive geraten war, zeigte sich angesichts der Debatte schon leicht genervt. Er wolle nichts durchboxen, die Gesetzeslage sei aber so, wie sie ist. Einem Abtausch mit dem Koalitionspartner gegen die Neue Mittelschule als Regelschule will er keinesfalls zustimmen.