Zum Hauptinhalt springen

"Chance auf Machtwechsel"

Von Brigitte Pechar

Politik

Kärntner SPÖ, ÖVP und Grüne fordern Rücktritt der gesamten FPK-Spitze.


Wien/Klagenfurt. Auf politischer Ebene heißt es in Kärnten derzeit: alle gegen die FPK. SPÖ, ÖVP und Grüne haben am Dienstag den Rücktritt der gesamten FPK-Spitze gefordert. "Die Urteile haben gezeigt, dass dieses politische System am Ende ist", sagte SPÖ-Vorsitzender Peter Kaiser.

Im Urteil selbst ortete Kaiser "ein Zeichen gegen Korruption" und "ein notwendiges Signal". "Jeder, der verstrickt ist, muss seine Konsequenzen ziehen", sagte der neue ÖVP-Obmann Gabriel Obernosterer. Finanzlandesrat Harald Dobernig, Scheuch und Landeshauptmann Gerhard Dörfler müssten "Konsequenzen ziehen, bevor der Richter Konsequenzen zieht", sagte Obernosterer. Er wies auch darauf hin, dass Josef Martinz "nicht der alleinig Schuldige" sei. Auch ÖVP-Obmann Michael Spindelegger wollte das Urteil gegen Martinz nicht mit der ÖVP in Verbindung gebracht wissen: "Er ist nicht mehr Mitglied."

Landeshauptmann Dörfler schweigt. Aber sein Stellvertreter, FPK-Obmann Kurt Scheuch, versicherte, seine Partei hätte "in keiner Weise etwas mit dem ÖVP-Birnbacher/Martinz-Skandal" zu tun. Und im Übrigen sei in der Causa "kein Euro-Cent in die Parteikasse der Freiheitlichen geflossen".

Politikexperte Thomas Hofer analysierte die Reaktionen der Parteien auf das Gerichtsurteil für die "Wiener Zeitung". Dass etwa die FPK den Parteifinanzierungsskandal rund um Steuerberater Dietrich Birnbacher, der angeblich mit Jörg Haider eine Drittel-Lösung für die ursprünglich 12 Millionen von der Hypo ausgemacht hatte, alleine der ÖVP in die Schuhe zu scheiben versuche, sei "der Einser-Schmäh der Freiheitlichen". "Das unter Haider Gelernte wird hier voll angewendet", sagt Hofer: Die FPK ziehe sich auf den Standpunkt zurück, dass formal nur ein ÖVPler verurteilt worden sei, die FPK damit nichts zu tun habe. Daher streite sie alles ab, schreibe anderen die Schuld zu und konstruiere Verschwörungstheorien. Zwar werde diese Strategie bei der Mehrheit der Kärntner nicht ankommen, aber erreiche möglicherweise das Gewünschte beim FPK-Wählerpotenzial. Ganz anders sei die Art der ÖVP-Kärnten, mit der Causa umzugehen. Sie habe Konsequenzen gezogen, Fehler eingestanden und alle Vertrauten von Martinz aus der Parteiführung entfernt, sagte Hofer.

Bucher hält eisern

zu Jörg Haider

Dagegen sei die Reaktion von BZÖ-Obmann Josef Bucher bemerkenswert. "Das System ÖVP wurde verurteilt. Bei allen schuldig Gesprochenen handle es sich entweder um ehemalige ÖVP-Spitzenpolitiker oder der ÖVP sehr nahestehende Personen. Wenn sich jetzt einige am verstorbenen Landeshauptmann Jörg Haider abputzen wollen, ist das ein billiges Ablenkungsmanöver", ließ Bucher über den Parteipressedienst wissen. Einzig und allein die ÖVP habe Geld genommen. In diesen Aussagen erkennt Hofer den Versuch eines mühsamen Spagats: Bucher müsse bei den Kärntner Wahlen zumindest den Einzug in den Landtag schaffen. Da wolle man den Übervater Haider nicht anpatzen. Andererseits schade Bucher ein zu starkes Zuspitzen auf Kärnten und Haider österreichweit.

SPÖ mit Chance auf Landeshauptmann

Zwar dürfte es schwierig werden, glaubt Hofer, aber im Verein mit den Grünen und der ÖVP könnte der SPÖ bei der Landtagswahl - die laut Dörfler am 3. März stattfinden wird - ein Erfolg ins Haus stehen. "Die Chance auf einen Machtwechsel gibt es." Denn diesmal werde eine Mehrheitsbildung abseits der FPK möglich sein. Die drei Parteien ziehen schon an einem Strang, wenn es darum geht, ehebaldigst Neuwahlen umzusetzen. Auch kommende Woche soll deshalb wieder ein Sonderlandtag einberufen werden.

Laut einer Gallup-Umfrage für "Österreich" (Samstagsausgabe) käme die SPÖ auf 35 bis 37 Prozent, die FPK auf 25 bis 27 Prozent. Die Grünen kämen auf 14 bis 16 Prozent, die ÖVP auf 12 bis 14 Prozent und das BZÖ auf neun bis elf Prozent. Allerdings sind 40 Prozent der Befragten derzeit unentschlossen. Auch eine Market-Umfrage für den "Standard" sieht die SPÖ in Kärnten mit bis zu 36 Prozent auf Platz eins. Mit den enorm erstarkten Grünen, die bei 16 bis 18 Prozent stehen, könnte sich sogar eine rot-grüne Koalition ausgehen. Die FPK kann derzeit nur mit 24 bis 26 Prozent rechnen. Die ÖVP würde mit sieben bis neun Prozent einen historischen Tiefststand erreichen.