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Sophies Welt auf pädagogischem Universitätsniveau

Von Heike Hausensteiner

Wissen
Philosoph John Locke: Die Neugier ist der Wissensdurst nach Erkenntnis.
© wiki commoms

Kurs über Philosophieren mit Kindern und Jugendlichen startet zum dritten Mal in Graz.


Graz. Darf man lügen? Wer hat die Welt gemacht, als noch niemand da war? Kinderfragen wie diese fordern nicht nur Eltern, sondern auch Pädagogen.

Wer beruflich für Philosophieren mit Kindern und Jugendlichen gerüstet sein möchte, kann an der Karl-Franzens-Universität in Graz einen Weiterbildungskurs mit zertifiziertem Programm besuchen. Der Universitätskurs "Philosophieren mit Kindern und Jugendlichen" vermittelt grundlegende Fähigkeiten, wie Kinder darin unterrichtet werden können, zu philosophieren und eigenständig zu denken, heißt es im Programm. Denn: "Gerade in einer Zeit, in der traditionelle Werte neu überdacht und teilweise aufgehoben werden, stellt die Philosophie einen Weg dar, Kinder und Jugendliche bei ihrem Umgang mit diesen Herausforderungen zu unterstützen." Die wissenschaftliche Leitung liegt bei Daniela Camhy, die auch das Institut für Kinder- und Jugendphilosophie an der Uni Graz leitet. Sie leistete Pionierarbeit in Europa, indem sie Österreichs einzigen Weiterbildungskurs in Sachen Kinderphilosophie auf Uni-Niveau aus Übersee importierte. In den 1980er Jahren an der Montclair State University in New Jersey, USA, tätig, war sie die einzige dafür Ausgebildete in Europa, berichtet sie im Interview mit der "Wiener Zeitung".

Die Montclair University beherbergt das weltweit erste Institut für Kinderphilosophie seit 1974 dank dem 2010 verstorbenen Matthew Lipman, der als Begründer der Kinder- und Jugendphilosophie gilt. Im Gefolge der politischen Unruhen in den 60er Jahren hatte er bei seinen Philosophie-Studenten an der Columbia University deren Kritikfähigkeit als unterentwickelt diagnostiziert. Seine Bücher hat Camhy auf Deutsch herausgebracht.

Im November startet der Grazer Uni-Kurs, der im Unterschied zu einem Universitätslehrgang weniger umfangreich ist und ohne akademischen Titel abschließt, zum dritten Mal. Jüngst organisierte Daniela Camhy auch den Jahreskongress für Kinderphilosophie in Graz. Das diesjährige Thema widmete sich Möglichkeiten und Grenzen von "Kognition - Emotion - Kommunikation".

Bestimmte Gefühlslagen sind auch die Ursache für logische Fehlschlüsse bei Kindern. Dazu ist im Kinderphilosophiekurs ein zweitägiges Modul vorgesehen. Weitere Inhalte befassen sich mit dem interkulturellen Dialog, den "virtuellen Realitäten" der Informations- und Wissensgesellschaft sowie der Philosophie von Wissenschaft und Technik. Zudem gibt es Module zu Logik und Ethik von Vortragenden aus den Instituten für Philosophie der Universitäten Graz und Salzburg. Insgesamt sind zwölf Module zu absolvieren, aus einem davon müssen die Teilnehmer die Abschlussarbeit verfassen.

"Philosophieren mit Kindern und Jugendlichen" wird hauptsächlich von Lehrern, Sozialpädagogen und Philosophie-Absolventen belegt, sagt Programm-Managerin Jutta Pollhammer. Ziel ist, "junge Menschen zum Selbstdenken zu ermutigen und ihr Urteilsvermögen zu fördern", und das bereits bei Kindern im Grundschulalter. Im Zentrum stehe die Entwicklung einer Dialogkultur. Die Neugier der Kinder ist nämlich, wusste der englische Philosoph John Locke schon im 17. Jahrhundert, "der Wissensdurst nach Erkenntnis, darum sollte man diese in ihnen fördern und ermutigen".