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"Muss eine Lösung für alle geben"

Von Bettina Figl

Politik

Einige verweigern nun auch Wasser - Einladung an Bundespräsident Fischer.


Wien. Enttäuscht, aber kämpferisch zeigten sich die Flüchtlinge am Donnerstag in der Votivkirche. Derzeit halten sich dort rund 100 Flüchtlinge auf, von denen sich etwa 35 seit zwei Wochen im Hungerstreik befinden. Sie verlangten bei einer von ihnen abgehaltenen Pressekonferenz von der Politik Lösungen und betonten: "Es muss eine Lösung für alle geben, nicht nur für einzelne Personen." Das tags zuvor geführte Gespräch mit Innenministerin Mikl-Leitner bezeichnete Kahn Adalat, einer der Flüchtlinge, als "nicht zufriedenstellend", da es keinerlei Zugeständnisse der Innenministerin gegeben habe. Mikl-Leitner ihrerseits ließ ausrichten, dass sie durch ihr Treffen mit den Flüchtlingen und det Klarstellung, dass es keine strukturellen Änderungen im Asylwesen geben werde, einen Schlusspunkt gesetzt habe.

Die Flüchtlinge sehen sich gezwungen, ihren Hungerstreik fortzuführen, einige verweigern nun auch Wasser. Drei Personen sind derzeit im Spital. Enttäuscht sind die Flüchtlinge nicht nur von der Politik, sondern auch von der Caritas, die zwar als Vermittlerin erst das Gespräch mit dem Innenministerium möglich gemacht hat, aber: "Es hat nichts gebracht. Es gibt keine Bewegung."

"Sind nicht wegen warmen Quartieren gekommen"

Nachdem der Wiener Caritasdirektor Michael Landau nun die Flüchtlinge aufgerufen hat, in die bereitgestellten Quartiere zu übersiedeln, fragt Adalat: "Warum sollen wir jetzt die Kirche verlassen? Wir sind nicht wegen warmen Quartieren und Essen gekommen, sondern um uns hier ein Leben aufzubauen."

Die Flüchtlinge verstehen auch nicht, dass die Innenministerin Änderungen im Asylwesen mit Verweis auf EU-Vorgaben vom Tisch gewischt hat - schließlich sei das Löschen des Fingerabdrucks die allerletzte von insgesamt sieben Forderungen, zumindest die ersten drei - Grundversorgung für Asylwerber unabhängig von ihrem Rechtsstatus, freie Wahl des Aufenthaltsortes und Zugang zu Bildung und Arbeit - könnte man erfüllen.

Bezüglich des Gesprächs mit dem Innenministerium wurde kritisiert, dass es keine Dolmetscher gab, dass die Caritas auswählte, welche Flüchtlinge ins Innenministerium geladen wurden, und dass sie zu kurz vorab informiert wurden. Die Flüchtlinge verlangen einen weiteren Runden Tisch - diesmal in der Votivkirche und mit früherer Vorankündigung.

Sie kritisierten überdies, dass ein Sicherheitsdienst den Seiteneingang der Votivkirche bewacht: "Wir leben wie in einem Gefängnis. Die Kirche ist ein öffentlicher Raum. Alle sollen kommen können," so Flüchtlingsvertreter Muhammad Numan. Die Caritas entgegnete, der private Sicherheitsdienst solle auf Wunsch der Flüchtlinge für die Sicherheit in der Kirche sorgen. Caritas-Sprecher Klaus Schwertner riet ihnen, den Hungerstreik zu beenden, um bleibende Schäden zu verhindern. Das Quartier in der extrem kalten Kirche sei jedenfalls "nicht menschenwürdig", man wäre deshalb "froh" über eine Übersiedlung.

Instrumentalisierung: "Wir kämpfen für uns selbst"

Die Unterstützerin Marissa Lobo betonte, es handle sich um eine selbst organisierte Bewegung, und wies Berichte über eine Instrumentalisierung der Flüchtlinge zurück. Auch Nisar Ali erklärte: "Wir kämpfen für uns selbst." Zwar seien er und die anderen Flüchtlinge dankbar für die Unterstützung, er stellte aber klar: "Wenn man die 20.000 Kilometer von Afghanistan nach Wien zu Fuß zurückgelegt hat, dann ist ein Protestmarsch von Traiskirchen nach Wien kein Problem."

Muhammad Numan lud die Politiker dazu ein, "ihre Krawatten und Jacketts auszuziehen und hier zu übernachten, um zu erleben, wie es sich als Asylwerber in Österreich anfühlt". Explizit sprach er eine Einladung an Bundespräsident Heinz Fischer, in die Votivkirche zu kommen.

Unterdessen kündigte FPÖ-Klubchef Johann Gudenus in einer Aussendung an, er werde Anzeige gegen die Flüchtlinge in der Votivkirche einbringen, da "ihr Verhalten in mehrerer Hinsicht illegal" sei. Die Verstöße würden von Herabwürdigung religiöser Lehren über Störung der Religionsausübung und Aufforderung zum Ungehorsam bis Nötigung reichen. Mit kriminellen Methoden werde hier versucht, die Politik zu erpressen. Er appellierte an die Innenministerin, nach dem Park nun auch die Kirche räumen zu lassen. Nicht in Bezug auf die FPÖ, sondern die österreichische Politik allgemein warnte Numan: "Die Politiker sollten nicht mit uns spielen. Sonst werden wir auch mit ihnen spielen."