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Darabos soll Partei mobilisieren

Von Brigitte Pechar

Politik

Eine Analyse der Regierungsumbildung und Personalrochaden in der SPÖ.


Wien. Warum gerade jetzt? SPÖ-Vorsitzender Bundeskanzler Werner Faymann bildet die Regierung um: Er nimmt Verteidigungsminister Norbert Darabos aus der Schusslinie und ersetzt ihn mit dem weitgehend unbekannten Gerald Klug. Warum jetzt, wo die SPÖ den Kärntner Wahlsieg noch genießen könnte und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache erstmals angeschlagen ist? Warum jetzt und nicht gleich nach der verlorenen Wehrpflicht-Abstimmung?

Faymann nützt ein Zeitfenster. Er wollte seinen loyalen Verteidigungsminister nicht unmittelbar nach der - aus SPÖ-Sicht - völlig misslungenen Volksbefragung zur Wehrpflicht abziehen, gleichzeitig musste er aber die Partei rechtzeitig vor der Nationalratswahl am 29. September in Stellung bringen. Und dafür braucht er den erfahrenen Wahlkampfstrategen Darabos in der Parteizentrale. Je näher der Wahltag rückt, desto dringlicher wurde es, dieses Problem zu lösen. Angeblich soll sich der neue, alte Parteimanager weitreichende Vollmachten gesichert haben, sodass er die Oberhoheit über den Wahlkampf hat. Gleichzeitig wird mit Darabos wieder mehr Ruhe in die Löwelstraße einkehren. Denn das Team Darabos/Laura Rudas wird im Unterschied zu Günther Kräuter/Rudas eher friktionsfrei arbeiten. Zumindest ist davon auszugehen.

Ein Angriffsziel weniger

Indem Faymann Darabos aus der Rossauer Kaserne abzieht, nimmt er den Gegnern im Wahlkampf eine leichte Zielscheibe für politische Attacken weg. Gleichzeitig reagiert er innerparteilich auf das Wahlergebnis in Niederösterreich. Denn der Kärntner Sieg der SPÖ ist zwar schön. Aber die SPÖ hat ein Mobilisierungs- und Strukturproblem, das hat die Landtagswahl in Niederösterreich überdeutlich gezeigt.

Darabos wird in der Kürze das Strukturproblem nicht lösen, aber dass er mobilisieren kann, hat er bereits bewiesen: Er hat den damals unbekannten Hans Niessl im Burgenland zum Landeshauptmann verholfen, indem er ihn quer durchs Land gekarrt und dafür gesorgt hat, dass er mit möglichst allen Landesbürgern in Kontakt kommt. Er hat auch Alfred Gusenbauer auf Tour geschickt, ihm etwas Volksnähe verschafft und gleichzeitig einen sehr harten, bisweilen sogar untergriffigen Wahlkampf gegen Wolfgang Schüssel geführt. Der Erfolg gab ihm recht. Und Darabos hat auch Bundespräsident Heinz Fischer bei dessen Einzug in die Hofburg unterstützt. Jetzt ist es erneut an ihm, in der SPÖ die gewohnte Einheitlichkeit herzustellen.

Ein Steirer musste es sein

Gerald Klug als Verteidigungsminister ist sicherlich ein Schachzug. Denn die ÖVP zieht das Thema Sicherheit schon jetzt hoch und wird es weiter forcieren. Da steht dann ein gelernter Gewerkschafter, Sozialrechtler und Präsenzdiener an der Spitze des Verteidigungsressorts, der nicht als Weichspüler bekannt ist. Klug gilt als rational und alle Befragten bestätigen: Der Mann sei so, wie er heiße, klug. Das wichtigste Argument für den bisherigen Vorsitzenden des SPÖ-Klubs im Bundesrat ist aber seine Herkunft: die Steiermark. Denn schließlich zieht Faymann aus der Parteizentrale den Steirer Kräuter ab und lobt ihn auf den Posten des Volksanwalts anstelle von Peter Kostelka (66). Steiermarks Landeshauptmann Franz Voves hätte sicherlich ein gewaltiges Wort fallen gelassen, wäre sein Bundesland nicht berücksichtigt worden.

An der Wiener Gerüchtebörse standen auch weitere SPÖ-Minister zum Handel ausgeschrieben: etwa Unterrichtsministerin Claudia Schmied oder Gesundheitsminister Alois Stöger. Gegen deren Ablöse am Ende einer fünfjährigen Legislaturperiode gibt es einige Gründe, der wichtigste ist: Sechs Monate vor einer Wahl verbraucht man nicht mehrere Personalreserven - möglicherweise vergeblich.