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Von Muhamed Beganovic

Politik

Immer mehr Frauen befinden sich unter den Spielern am PC.


Wien. Konzentration, Fingerfertigkeit und Ausdauer sind die Voraussetzungen für eine Sportart, die weltweit eine immer größere Anhängerschaft gewinnt: E-Sport - das kompetitive Spielen von Videospielen. Immer mehr Menschen möchten sich mit anderen bei "Fifa", "Call of Duty" oder "Tetris" im virtuellen Ring messen. Auch hierzulande.

Am 20. April wird Wien Schauplatz eines virtuellen Wettkampfes: Ein bundesweites "Fifa"-Turnier findet morgen im Haus der Begegnung im 2. Bezirk statt. "Das Turnier ist ein Buddy Event: Zwei gegen zwei spielen um den Sieg", erklärt Veranstalter Fatih Öztürk. Der Mittdreißiger ist mit Spielen wie "Super Mario", "Fifa" und "The Legend of Zelda" aufgewachsen. Seither ist er ein leidenschaftlicher Gamer. Er hat aus seiner Passion einen Lebensweg gemacht. Neben seinem Brotberuf als Grafiker versuchte er sich als Spieletester und gründete vor wenigen Monaten ComboClash, eine Website, die er mit Spielrezensionen und Neuigkeiten aus der Welt der Videospiele füttert. Ende Jänner gründete er auch einen gleichnamigen Verein, mit dem er das Bewusstsein für Videospiele stärken und den Ruf der Gamer verbessern wollte. "Videospiele werden oft verniedlicht. Und sie werden nur bei Kindern akzeptiert, bei Erwachsenen nicht mehr. Dabei stellen Videospiele die größte Unterhaltungsindustrie dar", meint Öztürk.

Ein episches Abenteuer von der Couch aus erleben

Das finden vier junge Burschen in einem Internetcafé in Favoriten ebenso. Draußen ist es dunkel und die Jugendlichen spielen die Fußballsimulation "Fifa" am PC gegeneinander. Jede verpasste Chance wird verspottet und verflucht, jeder Erfolg bejubelt und vom Gegner verharmlost. Zwei von ihnen, Faruk und Denis, üben für das große Turnier morgen. Vor Wochen haben sie sich angemeldet. Für den Sieg trainieren sie überall, zu Hause, bei Freunden, auf dem iPhone oder eben in Internetcafés. Mittlerweile spielen sie "Fifa" öfter als echten Fußball.

Die Videospiele-Industrie macht ein Milliardengeschäft mit Burschen wie Denis und Faruk. Fatih weiß, warum: "In einem Videospiel bist du der Held", sagt er. Ein episches Abenteuer zu erleben, ohne dabei die Couch zu verlassen, spricht weltweit Milliarden Menschen an. Etwa die Hälfte von ihnen sind Frauen.

Vor allem in den vergangenen zehn Jahren hat die Zahl an Gamerinnen zugenommen. Vermehrt tauschen junge Mädels Barbiepuppen gegen Controller und begeben sich in die virtuelle Welt. In Game-Foren im Internet tummeln sich unzählige weibliche User. Fatma Kücükgöl ist eine von ihnen. Sie erschießt Feinde in "Counter Strike", tötet und plündert in "Assassins Creed" und schlachtet Drachen in "Skyrim". Seit ihrer Kindheit ist sie eine begeisterte Zockerin, die den Videospielmarkt besser kennt als so mancher Junge. Sie beklagt jedoch den Sexismus in Videospielen. "Weibliche Figuren sind immer den männlichen unterlegen oder müssen von ihnen aus einer Notsituation gerettet werden", ärgert sich Kücükgöl. Sie appelliert an die Entwickler, Frauen in den Spielen nicht auf Opfer-Rollen zu reduzieren. "Ich wünsche mir weibliche Figuren, die mit Stärke und Fähigkeiten und nicht mit knappen Outfits punkten", sagt sie. Dieses Anliegen teilt sie sich mit Millionen anderen Gamerinnen weltweit, die sich über Playmatespielerinnen in Bikinis beklagen. Während männliche Figuren ausgeflippte Outfits, gewagte Körpertätowierungen und beeindruckende Ausrüstungen bekommen, werden weibliche Charaktere mit Hotpants, Latex-Anzügen oder Stofffetzen ausgestattet. Von der schlechteren Auswahl der Waffen gar nicht zu sprechen. Dennoch begeben sich viele Frauen in die Pro-Gamer-Ligen. Ubisoft, einer der führenden Spielhersteller, gründete sogar ein Team, ein professionelles Frauenteam namens "Frag Dolls". Es soll mehr Frauen in die Gaming-Welt locken.

Öztürk ist in der Zwischenzeit mit den Vorbereitungen für sein Turnier beschäftigt. "Ich will der österreichischen Gaming-Community ein Event mit einem unvergleichlichen Unterhaltungsfaktor bieten. Alle, die glauben, was in ,Fifa‘ draufzuhaben, müssen das erst auf unserem Feld beweisen", sagt Öztürk. Das Turnier nimmt ihn nun sehr in Anspruch. Wenn er wieder mehr Zeit hat, kickt er den Ball auch wieder einmal auf einem echten Rasen.