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ÖH: Keine Wahl ohne Scharmützel

Von Bettina Figl

Politik

SPÖ, Grüne und FPÖ wollen Rückkehr zur Direktwahl.


Wien. Gerüchte über verschwundene Stimmzettel wurden schon vor der Wahlnacht vergangenen Donnerstag laut. Und auch nach der ÖH-Wahl stand die Studienvertretung des Wiener Juridicums ungewöhnlich lange nicht fest.

Die Aktionsgemeinschaft (AG) hatte eine Neuauszählung der Stimmen durch eine der Unterwahlkommissionen gefordert. Am späten Dienstagnachmittag wurde bekannt, dass die Hauptwahlkommission gegen eine solche entschieden hat. Nun stellt die VP-nahe AG "nur noch" neun von zehn Studienvertretern, einen stellt der Verband Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ). Ob die AG das Ergebnis der Wahlkommission anfechten wird? "Wir werden uns das am Mittwoch in Ruhe anschauen und im Vorstand diskutieren", hieß es.

Der kleine Wahlbetrug

Immer wieder kommt es bei den ÖH-Wahlen zu Ungereimtheiten, zu gröberen Schwierigkeiten kam es zuletzt beim E-Voting, das der Verfassungsgerichtshof 2009 als gesetzeswidrig aufgehoben hat. Wahlbetrug "im kleineren Rahmen" stehe aber nach wie vor an der Tagesordnung, geben ÖH-Mitarbeiter unverhohlen zu. Die politische Verantwortung für die Wahlen liegt bei der ÖH und beim Wissenschaftsministerium.
Diesem wirft die ÖH vor, keinerlei Schulungen anzubieten. Für die Vorsitzenden der Wahlkommissionen an den 21 Unis gebe es eine Vorbesprechung, beteuert Bernhard Varga, Vorsitzender der Bundeswahlkommission.

Doch der Mitarbeiter des Wissenschaftsministeriums gesteht, die Beisitzer an den jeweiligen Unterwahlkommissionen seien "nicht immer facheinschlägig ausgebildet", denn das sei "sehr zeitaufwendig", aber: "Man könnte es versuchen."

Zu den Ungereimtheiten bei der Stimmauszählung sagt Varga: "Es passiert immer ein bisschen etwas, auch bei der Nationalratswahl, das gehört dazu", doch "im Großen und Ganzen" funktioniere es, "mit kleinen Ausreißern". Mit 80.000 Studierenden sei die Uni Wien eine der größten Unis Europas, und die ÖH-Wahl sei "sehr komplex durchzuführen". Für Thomas Wallerberger, bis 2011 mit Sigrid Maurer im ÖH-Vorsitz, ist es "sehr bedenklich, dass der Leiter der Bundeswahlkommission Vorwürfen zu Wahlbetrug nicht ernsthaft nachgeht".

Seit Jahren fordert die ÖH eine Rückkehr zur Direktwahl, die unter Schwarzblau abgeschafft wurde. "Allen, die nur ein bisschen damit befasst sind, ist klar, dass dies nur den Sinn hatte, die AG an die Macht zu bringen, und das hat nicht funktioniert", so Wallerberger.

Direkt statt ums Eck?

Die derzeitige Bundesvertretung mit 100 Mandataren sei "aufgebläht und demokratiepolitisch bedenklich". Die Wahlreform würde die Stimmenauszählung aber nicht vereinfachen, "im Gegenteil", so Varga. Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle wiederholte am Dienstag seine Gesprächsbereitschaft bei der Wahlrechtsreform, will aber einen Vorschlag aller Fraktionen. Das ÖH-Wahl-Gesetz könnten auch die Parteien ändern.

Der grüne Wissenschaftssprecher Kurt Grünewald will dazu einen Antrag im Parlament einbringen - realistischerweise erst nach den Nationalratswahlen im Herbst, sagt er. Das indirekte Wahlrecht ist für ihn "ganz schlimm" und als ob "neun Landtage die Nationalratsabgeordneten bestimmen könnten". Er sieht die Abschaffung der Direktwahl unter Schwarzblau als "Antwort darauf, dass die ÖH nicht nur Servicestelle, sondern bundespolitisch tätig ist". "Wir sollten zur Direktwahl zurückkehren, das würde der ÖH in bundespolitischen Anliegen stärkere Legitimation und Rückenwind geben", sagt auch SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl und kündigt an, die SPÖ werde die Reform der ÖH-Wahl "bei den Koalitionsgesprächen thematisieren". Auch die FPÖ will zurück zur Direktwahl und sagt, sie werde einen solchen Antrag "sicher unterstützen".