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Pionierin in der Dresdnerstraße

Von Ania Haar

Politik
Osasu Ekemhankhomeh (M.) berät in Zukunft Jobsuchende beim AMS.
© Luiza Puiu

Es gebe beim AMS kaum Bewerber mit Migrationshintergrund.


Wien. "Der erste schwarze Lehrling ist beim AMS aufgenommen worden", verkündete Petra Draxl, Geschäftsführerin des Wiener Arbeitsmarktservice (AMS), neulich während einer Diskussionsrunde zum Thema "Integration unter dem Frauenaspekt". Zum ersten Mal hat das Unternehmen AMS, nicht die Vermittlungsstelle, einen Lehrling schwarzer Hautfarbe in ihren eigenen Reihen sitzen. Die Rede ist von der 17-jährigen Osasu Ekemhankhomehn, einer jungen Frau mit vielen Sommersprossen, die sich in drei Jahren zur Berufsberaterin ausbilden lässt.

"Mich freut es, dass sie eine Lehrstelle beim AMS gefunden hat, aber dass sie im Jahr 2013 die erste Schwarze ist, finde ich schockierend", sagt Esther Marie Kürmayr, Obfrau des Vereins Schwarze Frauen Community (SFC) in Wien. Der Verein wurde von schwarzen Frauen unterschiedlicher Nationen gegründet, um das Selbstbewusstsein schwarzer Frauen zu fördern und ihre Integration in der österreichischen Gesellschaft vorantreiben. Viele schwarze Männer und Frauen würden trotz ihres überdurchschnittlich hohen Bildungsniveaus und ihrer Sprachkompetenz nicht in qualifizierten Tätigkeiten arbeiten, meint Kürmayer. "Selbst im öffentlichen Dienst muss man lange suchen, um auf schwarze Menschen außerhalb des Reinigungssektors zu stoßen", erklärt sie. Für sie ist das ein klarer Fall von Diskriminierung. Um dieser entgegenzuwirken, gelte es für Kürmayr Bewusstseinsprozesse zu verändern. "Grund zu großer Freude wird es geben, wenn das Fördern dieser Prozesse selbstverständlich in Bildungseinrichtungen aller Art angeregt wird und für die Lehrenden in Aus- und Weiterbildung eingebaut wird", ergänzt Kürmayr.

Wenige Bewerber

Bewusste Diskriminierung als Schwarze hat Lehrling Ekemhankhomehn nicht erlebt. "Ich bin ein Mischling", gibt sie wieder, was ihre Mutter als Kind gesagt hatte und durchaus positiv gemeint hat. Zwar gab es in der Schule Burschen, die sie als "Negerlein" bezeichnet haben, aber das hat sie nicht besonders verletzt. Im Sommer, sagt sie, nehmen rassistische Bemerkungen zu, weil ihre Haut dunkler und ihre Sommersprossen mehr werden. Aber auch das nimmt sie mit Gelassenheit: "Da reagiere ich nicht", sagt sie. "Die Mama hat mich so erzogen, dass jeder Mensch gleich ist. Da gibt es keine Ausnahmen", erzählt sie und lächelt. Sie stehe dazu, dass sie einen afrikanischen Hintergrund habe, obwohl ihre Eltern sich früh trennten und sie nicht wirklich viel mit der afrikanischen Community und Kultur zu tun habe.

Ihre Mutter, eine Österreicherin, und ihr Vater, ein Nigerianer, lernten sich in einem Wiener Klub kennen. Ekemhankhomehn ist in behüteten Verhältnissen aufgewachsen - und mit vielen anderen Kindern, denn ihre Mutter arbeitet als Tagesmutter. Über die Lehrlingsausbildung hat sie von einer Freundin, die selbst beim AMS-Lehrling ist, erfahren. "Ich wollte einen Job haben, der nicht alltäglich ist. Ich wollte mit Kunden zu tun haben, aber auch meine EDV-Kenntnisse einsetzen", erzählt sie. Also bewarb sie sich und bekam die Lehrlingsstelle beim AMS in der Dresdnerstraße. In der Arbeit wird sie nie auf ihre nigerianische Herkunft angesprochen. "Das hat mich eigentlich gewundert, weil es die Kunden nicht erkannt haben."

Warum es beim AMS in den Beratungsstellen kaum Lehrlinge mit Migrationshintergrund gibt, hänge damit zusammen, dass es kaum Bewerber aus diesen Communitys gibt, heißt es aus der AMS-Pressestelle. Fürs Nächste bleibt Ekemhankhomehn wohl die einzige Beraterin mit nigerianischen Wurzeln beim AMS.