Wäre Finanzminister ein Job, der Sie reizen würde?

Natürlich, alles, was zu einer Verbesserung der Situation führt, ist reizvoll. Aber ich verstehe nicht, wie man in Österreich so etwas Dummes, wie dieses Steuersystem, überhaupt duldet. Es ist nur ungerecht.

Das findet die SPÖ auch und fordert Vermögens- und Erbschaftssteuer.

Das ist die Art, wie die SPÖ Politik versteht: Wenn man einen finanziellen Engpass hat, werden gleich wieder neue Steuern erfunden. Aber das ändert ja an der Gesamtsituation nichts, dass wir einen Reformstau haben. In den nächsten Jahren kommen enorme Kosten im Bereich der Pensionssicherung und Gesundheit auf uns zu. Aber wir leben, als gäbe es kein Morgen - und die Party zahlen die nächsten Generationen.

Pensionen sind ein großes Thema im Wahlkampf - etwa das Frauenpensionsalter. Gehört da an der Schraube gedreht?

Es gehört vor allem einmal ein gerechtes Pensionssystem geschaffen, und zwar für alle und nicht für die Beamten ein eigenes, für die Privatangestellten eines und für die Arbeiter eines. Ein Pensionsversicherungssystem für alle, ein Pensionskonto, wo man sieht, welche Ansprüche man sich schon erarbeitet hat und wann man in Pension gehen kann. Dann erübrigen sich alle Diskussionen über Anpassungen vom Frauen- an das Männerpensionsalter. Das Regelpensionsalter muss 65 sein - geht man vorher, hat man große Abschläge, geht man später, hat man Zuschläge.

Aber gerade die Alten sind den Unternehmen oft zu teuer.

Wir wollen die Gehaltskurve umdrehen. Nicht am Ende des Berufs soll man gut verdienen, sondern am Anfang, wenn man es braucht.

Und dann wird es weniger?

Nein, aber es flacht ab.

Bei den Lehrern will es die Regierung so machen. Würden Sie diesen Entwurf für ein neues Lehrerdienstrecht mittragen?

Ich möchte für die Lehrer ein Dienstrecht haben, das sich an der Privatwirtschaft orientiert, nicht wieder ein Beamtendienstrecht. Es soll offener sein, mit mehr Durchlässigkeit. Man muss ja nicht ein Leben lang Lehrer sein. Andererseits sollen auch Leute, die vorher in der Wirtschaft waren, eine Zeit lang unterrichten dürfen. Wir brauchen in den Schulen auch wieder eine Qualitätskontrolle. Das ist in jedem Betrieb das Thema Nummer eins. Ohne die nötige ISO-Zertifizierung bekommt man keinen Auftrag. In der Schule haben wir so etwas nicht, obwohl Bildung eigentlich der wichtigste Grundstein für das Funktionieren unserer Volkswirtschaft ist.

Was halten Sie von der aktuellen Standort-Debatte?

Das ist ernst zu nehmen. Im World Competitiveness Report (Rangliste der Volkswirtschaften mit höchsten Wachstumschancen, Anm.) waren wir 2007 an elfter Stelle, jetzt sind wir 23. Das ist eine längerfristige Entwicklung, die sich da abzeichnet. Seit Jahren schieben wir Dinge unerledigt vor uns her. Wir in Österreich glauben, so dramatisch wird es schon nicht sein. Aber um bei der Bildung zu bleiben: Wenn sich da nichts ändert, werden aus den 20 Prozent, die heute die Pflichtschule verlassen, ohne die Kulturtechniken zu beherrschen, in fünf Jahren 25 Prozent, in zehn Jahren 30 Prozent. Das sind die 30 Prozent, die keinen Job kriegen.

Gleichzeitig wird es, wenn wir keine exzellenten Schulen und Universitäten haben, auch die Spitzenjobs bei uns nicht mehr geben, weil wir die menschlichen Ressourcen nicht haben. Das macht mir Sorgen. Wenn wir diesen Weg gehen, wird immer weniger einbezahlt ins System. Wovon werden wir in Zukunft leben? Darum sollten wir uns mehr mit der Zukunft als mit der Vergangenheit beschäftigen. Die Entscheidungen, die wir auf die lange Bank schieben, werden uns in Zukunft viel Geld kosten.

Zur Person

Josef Bucher

ist seit 2008 Klubobmann des BZÖ-Parlamentsklubs und seit 2009 Bundesbündnisobmann des BZÖ. Der gelernte Touristikkaufmann ist geschieden und Vater von drei Söhnen.