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Auf der Suche nach der Strategie

Von Katharina Schmidt

Politik

Innenministerin Mikl-Leitner: Neuer Expertenrat soll Migrationsstrategie erarbeiten.


Wien. Sogar in die "Neue Zürcher Zeitung" hat es die Geschichte geschafft: "Österreichs hausgemachter Braindrain" titelte das Schweizer Blatt vor kurzem. Wie berichtet, ist der Wanderungssaldo von (qualifizierten) Österreichern seit Jahren negativ, dazu kommt, dass Asylwerber und Migranten aufgrund fehlender Arbeitserlaubnis beziehungsweise mangelnder Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse nicht in die Lage versetzt werden, mitgebrachte Qualifikationen auch einzusetzen.

Auch die 2011 eingeführte Rot-Weiß-Rot-Karte, die die Wende von der Abschottungs- hin zur Willkommenskultur schaffen sollte, hat ihr Ziel verfehlt: Statt 8000 Karten pro Jahr werden nur rund 1000 vergeben - ein Grund dafür ist mangelnde Praktikabilität, die zuletzt auch der Vorstandschef der Voestalpine bemängelt hat.

Bei all diesen hausgemachten Problemen sprechen Altersstruktur und Bevölkerungsprognosen eine eindeutige Sprache: Ohne Zuwanderung wird Österreich überaltern und schrumpfen - mit düsteren Folgen etwa für Pensions- und Sozialsystem.

Experten und Bekannte

Dass Österreich ein Zuwanderungsland ist, hat Innenministerin Johanna Mikl-Leitner in einem Pressegespräch am Donnerstag zwar zugegeben. Strategien, wie man die Zuwanderung Hochqualifizierter attraktiver machen und Abwanderung stoppen kann, hat sie aber nicht. Diese "Migrationsstrategie", die auch im Regierungsprogramm vorgesehen ist, soll nun ein eigener Expertenrat erarbeiten. Unter der Leitung des Osteuropaexperten Paul Lendvai sollen sich verschiedene Arbeitsgruppen Themenbereichen wie Diversität, Bildung oder Gesundheit widmen. Die Gruppen werden von bekannten Persönlichkeiten geleitet: Arabella Kiesbauer, der ehemalige Fernsehmoderator Gerald Groß, aber auch namhafte Experten wie der Chef des Fiskalrats, Bernhard Felderer, oder Heinz Fassmann, Leiter des Expertenrats für Integration, sollen in eineinhalb bis zwei Jahren ein "modernes und gesamthaftes Migrationssystem" erarbeiten, so Mikl-Leitner. Vor dem Sommer soll es einen Zeitplan geben.

Mehrfach angesprochen auf die thematischen Überschneidungen mit dem mittlerweile in Sebastian Kurz’ Außenministerium angesiedelten Expertenrat für Integration meinte die Ressortchefin, dass dieser weiterhin arbeiten solle. Der Migrationsrat sei eben dazu da, die Aspekte zu beleuchten, die im Vorfeld einer dauerhaften Ansiedelung in Österreich interessant sind. Dennoch: Auch der Migrationsrat wird wohl nicht darum herumkommen, viele der im Nationalen Aktionsplan Integration aus 2010 festgehaltenen Punkte (Arbeitsmarktzugang, Bildungszugang etc.) zu behandeln.

"Hoffnungsvoller Anfang"

Der, wie er selbst sagt, "pensionierte Migrant" Paul Lendvai erklärte, dass man nicht vorhabe, "erbauliche Banalitäten" von sich zu geben. Er sieht die Befassung des Expertengremiums als "hoffnungsvollen Anfang". Ziel sei es, "die legale Zuwanderung im Interesse Österreichs zu fördern". Denn die ist bisher sehr limitiert, politisch lenkbar ist nur ein kleiner Teil der Zuwanderung.

Lob kam von Industriellenvereinigung und WKO, die schon seit langem eine Migrationsstrategie fordern. Auch die Grüne Alev Korun reagierte wohlwollend, riet der ÖVP aber, wenigstens jetzt ihre "nationalstaatliche Kleingartenmentalität" zu überwinden.