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Der starke Mann heißt Dietrich

Von Simon Rosner

Politik

Nachbaur bleibt bis zur Babypause Klubchefin, danach übernimmt ihre Stellvertreterin. Alles in Stronachs Sinn?


Wien. Was Frank Stronach frühstückt, entzieht sich der Kenntnis des Autors. Da sich der Unternehmer und Parteigründer derzeit aber in Kanada aufhält, können Melange und Mohnweckerl nahezu ausgeschlossen werden. Vielleicht ein Spiegelei? Pancake mit Ahornsirup? Eine Klubchefin?

Während in Wien nämlich, gleich hinter dem Parlament, die Krisensitzung beim Team Stronach begann, ging in Aurora, Ontario, gerade die Sonne auf, wo Frank Stronach in einer großzügigen Villa residiert. Ohne ihn geht nichts in dieser, seiner Partei, auch bei Abwesenheit ist er gegenwärtig, wie auch Robert Lugar vor Beginn der Sitzung klar machte. "Frank wird laufend dazugeschaltet", erklärte er.

Fünf Stunden später: Nachbaur bleibt bis zur Geburt ihres Kindes Ende März Klubchefin, danach übernimmt Waltraud Dietrich die Leitung, bereits jetzt ist sie geschäftsführende Chefin. Dabei hatte sich Stronach ursprünglich einen "starken Mann" an der Spitze gewünscht, doch Dietrich ist eine ruhige Natur, vielleicht noch ruhiger als Nachbaur. Auch im Nationalrat ist sie bisher nicht als angriffige Oppositionspolitikerin in Erscheinung getreten, eher im Gegenteil, wie zu hören ist.

Applaus für Nachbaur

Wie nicht anders zu erwarten war, wurde auf der Pressekonferenz im Anschluss an die Sitzung ostentativ Einigkeit dargeboten. Dass die Abgeordneten allerdings die Ausführungen ihrer neuen und alten Klubchefin gleich mehrfach mit Applaus bedachten, war dann aber doch ein klassischer Fall von Overacting.

Beim Eintreffen der Mandatare ein paar Stunden zuvor hatte Georg Vetter orakelt: "Wir werden schrecklich streiten und danach berichten, dass wir nach einer konstruktiven Sitzung einen schwungvollen Neuanfang unternehmen." So kam es dann auch.

Unter den Applaudanten bei der Pressekonferenz war auch Lugar, der freilich als Verlierer aus dem Ränkespiel im Team Stronach hervorgegangen ist. Wieder einmal. Er war bereits als Klubchef nach der Wahl abmontiert worden und durfte dann auch nicht den Geschäftsführer machen. Sich selbst nahm er aus dem Spiel um die Nachfolge Nachbaurs raus: "Ich bin kein starker Mann, werde es nicht sein", sagte er vor der Sitzung sehr klar.

Allerdings hatte Lugar den Versuch einer Ablöse Nachbaurs nach ihrem Austritt aus der Bundespartei recht offen betrieben und vor dem Treffen erklärt, dass der Klub nun entscheiden müsse, welche Politik er verfolgen wolle. "Die Politik Frank Stronachs oder die Politik Kathrin Nachbaurs?"

Es dürfte die zweite Variante gewesen sein. Vermutlich war es auch kein Zufall, dass Nachbaur gemeinsam mit Dietrich und Christoph Hagen zur Sitzung erschien. Letzterer hatte sich tags davor sehr klar für Nachbaur ausgesprochen. Weshalb sich auch die Frage stellt, ob Stronach mit seinen Wünschen noch durchkommt, zumindest so wie einst, als er noch jede halbwegs wichtige Entscheidung fällte.

Neun Millionen Euro

Er hat weiterhin ein gutes Druckmittel, nämlich neun Millionen Euro an offenen Darlehen. Die Partei muss pro Jahr eine Million zurückzahlen, wenn Stronach seine Kredite nicht nachtäglich zu Parteispenden umwandelt. Dass Stronach ein derartiges Machtmittel auch einsetzt, weiß man aus Theorie ("Wer das Gold hat, macht die Regel") und Praxis. Er hatte beispielsweise Fußballern gegen ihren Willen einen Wechsel zu seinem damals neuen Verein in Wiener Neustadt dekretiert. Starker Mann eben.

Doch Nachbaur kennt dieses Spiel offenbar auch, wie der "Kurier" berichtet. Bis Sommer bezog sie 140.000 Euro von der Stronach Group. Als Klubchefin darf sie jedoch keinen Nebenverdienst haben, weshalb Dietrich als geschäftsführende Obfrau das Gehalt von 14.000 Euro brutto erhielt. Nach dem "Rausschmiss" bei der Stronach Group hätte Nachbaur nun ein Anrecht darauf gehabt und soll - laut "Kurier" - versucht haben, sich von Stronach diesen Anspruch für 600.000 Euro abkaufen zu lassen. Für 900.000 Euro wäre sie gänzlich zurückgetreten, in diesem Fall wäre dann die Niederösterreicherin Renate Heiser-Fischer in den Nationalrat nachgerückt. Diese ist noch bei der Stronach Group tätig und ist mit Stronachs Anwalt Michael Krüger liiert.

Dazu kommt es aber nicht, denn Nachbaur hat angekündigt, nach der Babypause als "einfache Abgeordnete" und Wirtschaftssprecherin in den Nationalrat zurückkehren zu wollen. Die Gerüchte über finanzielle Vereinbarungen mit Stronach dementierte Nachbaur entschieden. Und Lugar erklärte auf der Pressekonferenz, (und das gänzlich ernst): "Das Problem ist damit gelöst."