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Registrierkassenpflicht: "Aufwand in keiner Relation zu Einnahmen"

Von Sophia Freynschlag

Politik

"Stricherlliste" zur Umsatzerfassung ab 2016 nur mehr im Ausnahmefall - Mitterlehner räumt Bedenken ein.


Wien. Eine Registrierkasse verstelle ihm nur den Platz auf der Theke, sagt ein Wiener Cafetier. Seine Einnahmen habe er schon bisher - mit einer Stricherlliste - genau aufgezeichnet. "Wenn ich alle meine Steuern zahle, muss ich zusperren", meint hingegen eine Beislbetreiberin in Wien. Künftig müssen Unternehmen - mit wenigen Ausnahmen - ihre Bareinnahmen über Registrierkassen erfassen. Diese sollen mit einer digitalen Signatur vor Manipulation geschützt sein. Zudem muss verpflichtend eine Rechnung ausgestellt werden. Eine Beleglotterie kommt nicht.

Die Regierung will mit der Registrierkassen- und Belegpflicht für Bargeldgeschäfte - ursprünglich ein Vorschlag der SPÖ - einen Teil der Steuerreform gegenfinanzieren. Der flächendeckende Einsatz von Registrierkassen soll mit 900 Millionen Euro den größten Brocken an zusätzlichen Steuereinnahmen im 1,9 Milliarden Euro schweren Betrugsbekämpfungspaket bringen.

Es gehe nicht um einen "Pauschalverdacht" gegen ordentlich abrechnende Unternehmer, sondern darum, an den internationalen Durchschnitt anzuschließen, verteidigt Vizekanzler Reinhold Mitterlehner die Einführung. Österreich habe nämlich drei bis vier Milliarden Euro weniger Mehrwertsteuereinnahmen als andere Länder. Außerdem sei auch eine 200-Euro-Unterstützung für Unternehmen bei der Einführung neuer Systeme geplant.

Zweifel an Einnahmenhöhe

Die Registrierkassenpflicht bedeute einen "enormen Aufwand für Betriebe", wendet dagegen Tourismus-Spartenobfrau Petra Nocker-Schwarzenbacher ein: "Der Bürokratie- und Kostenaufwand für Klein- und Kleinstbetriebe steht in keiner Relation zu den Einnahmen." Die Grünen kritisieren, dass vor allem kleine Gewerbebetriebe, die es ohnehin schon schwerer hätten, betroffen seien. Handelsobfrau Bettina Lorentschitsch fürchtet einen "Bürokratie-Overkill". Die ÖVP hatte zuvor eine steuerbegünstigte Anschaffung von Registrierkassen vorgeschlagen. Neben der Kasse (Preis ab 100 Euro) benötigen Betriebe eine Smartcard (30 bis 50 Euro) mit einer speziellen Software.

Das von der Regierung veranschlagte Volumen von 900 Millionen Euro an Mehreinnahmen sei unrealistisch, so Nocker-Schwarzenbacher. Peter Bartos, Partner und Geschäftsführer des Wirtschaftsprüfers und Beraters BDO Austria, hält die 900 Millionen Euro für einen "stolzen Betrag". Der Linzer Volkswirtschafter Friedrich Schneider rechnet überhaupt nur mit 100 Millionen Euro.

Rechnung verlangen

Sind Registrierkassen eine wirksame Maßnahme gegen Steuerbetrug? Die Software Insika, die verwendet werden soll, gilt jedenfalls als manipulationssicher. "Die Frage lautet: Wird der Umsatz in die Kasse eingetippt?", gibt Bartos zu bedenken. Kunden müssten also Belege verlangen, damit weniger schwarz kassiert werde.

Bisher mussten rund drei Viertel der Betriebe keine Einzelaufzeichnungen führen, die Barbewegungsverordnung legte die Grenze mit 150.000 Euro Jahresumsatz fest. Ab 2016 müssen Unternehmen ab 15.000 Euro Jahresumsatz Registrierkassen verwenden. Die Neuregelung sieht Ausnahmen bis zu 30.000 Euro Umsatz für Betriebe wie Schirmbars und Maronibrater vor. Diese mussten bisher, unabhängig vom Umsatz, aufgrund der "Kalte-Hände-Regelung" keine Einzelaufzeichnungen führen. Ausnahmen sollen für mobile Friseure und Masseure gelten, die Belege sammeln und am Betriebsstandort in die Kasse eingeben können. Hinterleitner fordert, dass die Registrierkassenpflicht auch für Vereins- oder Zeltfeste gelten soll.