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Roulette-Politik

Von Reinhard Göweil

Politik
Ein Juwel des Unternehmens: das Casino Baden

Die Regierung will die private Casinos Austria AG verstaatlichen, um sie dann zu verkaufen. Interesse hat die Novia-Gruppe aus Malta mit Ex-Raiffeisen-Manager Stepic und Alfred Gusenbauer.


Wien. Die Frage, warum ein privates Unternehmen verstaatlicht werden soll, um es danach zu privatisieren, beschäftigt auch die Chefs der Großbanken, die mit der Sache betraut sind. Da die meisten von ihnen an der Casinos-Lotterien-Gruppe beteiligt sind, fragen sie das eher leise.

Seit einigen Tagen gibt es Spekulationen, dass die staatliche ÖBIB, Nachfolger der ÖIAG, alle Anteile an der Casinos Austria zu erwerben gedenkt. Prompt treten private Interessenten auf den Plan, die auch kaufen wollen. Seither herrscht gelinde Verwirrung, was denn nun tatsächlich geplant ist, in Österreichs größtem Glücksspielunternehmen.

Tatsächlich hat vorige Woche der Ministerrat den Finanzminister ermächtigt, der ÖBIB zu einer Kontrollmehrheit zu verhelfen. Zielsetzung dabei: ein späterer Verkauf.

Billig kaufen, teuer verkaufen

Der Grund dafür ist ein simpler, für ein staatliches Unternehmen allerdings strategisch erstaunlich: Die ÖBIB will die Casinos Austria übernehmen und dann teurer wieder verkaufen. Das ist eigentlich das Geschäftsmodell von sogenannten "Heuschrecken".

Ob die Regierung bei ihrem Ministerratsbeschluss all diese Überlegungen angestellt hat oder der ÖBIB einfach auf dem Leim gegangen ist, ist unbekannt. Beiratsvorsitzende der ÖBIB ist Staatssekretärin Sonja Steßl (SPÖ), die im Bundeskanzleramt angesiedelt ist. "Unsere Aufgabe ist nur die Besetzung der Aufsichtsräte", sagte der Sprecher von Steßl. "Die Ermächtigung zum Ankauf von Casino-Anteilen geht an den Finanzminister." Der gehört zur ÖVP.

Dort ist das mittlerweile Chefsache. "Die Casinos-Sache liegt beim Büroleiter des Finanzministers, dort wird entschieden", ist aus dem Ministerium informell zu hören. Die ÖBIB selbst gibt sich noch zugeknöpfter: "Wir haben den Auftrag, alle möglichen Optionen zu evaluieren", sagte Bernhard Nagiller, Sprecher der Staatsholding.

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Jüngste Schätzungen geben der Casinos-Gruppe einen Unternehmenswert von 500 Millionen Euro. Die ÖBIB hat bereits 33,2 Prozent des Glückspielunternehmens übernommen, und zwar von der ebenfalls staatlichen Nationalbank. Die Regierung agierte hier großzügig - zu ihren Gunsten. Während die Eigentumsrechte bereits an die Staatsholding übertragen worden sind, gibt es noch keinen Kaufpreis. Der wird derzeit in zwei Gutachten ermittelt, bezahlt wird erst im Herbst. Da das Ergebnis der Casinos Austria im Jahr 2014 besser ausgefallen ist als erwartet, wird sich wohl auch der Kaufpreis erhöhen. Die Notenbank erwartete etwa 140 Millionen Euro für den Drittelanteil, kann jetzt auf 160 Millionen Euro oder mehr hoffen.

Das Kaufinteresse der Republik hat indes auch private Interessenten auf den Plan gerufen. Investoren wie Ronny Pecik und Peter Goldscheider, bekannte Größen auf dem Markt der Firmenübernahmen, wurden genannt.

ÖBIB ist nicht zu beneiden

Nun steigt aber auch die "Novia Management" auf den Plan, die in Malta beheimatet ist. Der Investmentfonds hat sich auf Glücksspiel spezialisiert und ist bereits in Rumänien tätig. Interessant ist das Management-Team von Novia: Mit Rudolf Binder und Josef Schöpf sitzen dort zwei ehemalige Spitzen-Manager von Novomatic in der Leitung.

Novomatic ist das zweite Glückspielunternehmen in Österreich, weltweit aktiv - und verschwiegen. Es gehört der Familie Graf und setzte 2014 zwei Milliarden Euro um. Der Gewinn lag bei 277 Millionen Euro. Graf gehört zu den reichsten Österreichern.

Besonders interessant sind dabei aber die zwei "non-executive"-Manager, die man salopp als Aufsichtsräte der Novia-Gruppe bezeichnen kann: Herbert Stepic, Ex-Chef der Raiffeisen Bank International, und Ex-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer.

Gusenbauer sitzt auch im Aufsichtsrat der Novomatic-Tochter Löwen Enterprises.

Besonders pikant ist es bei Stepic. Der langjährige und erfolgreiche Raiffeisen-Banker sitzt mit einem Casino-Interessenten im Boot - und Raiffeisen ist dabei der größte Verkäufer (siehe Grafik).

Über eine Medial-Holding, die 38,3 Prozent an den Casinos Austria hält, kontrolliert Raiffeisen bisher die Casinos Austria (Casag). RZB-Chef Walter Rothensteiner ist Aufsichtsratspräsident der Casag und wurde in der Funktion erst gestern bei der Hauptversammlung bestätigt. (Wie auch alle anderen Aufsichtsräte.)

Stepic ist für Novia wertvoll, weil er die komplizierten Syndikatsverträge kennt, die die derzeitigen privaten Eigentümer der Casag aneinander ketten. Gusenbauer ist es ebenso, auch weil er Novomatic sehr gut kennt. Und bei Novia handelt es sich um eine Investmentgesellschaft mit Sitz in Malta, die Fonds in Luxemburg betreibt. Ob die Novomatic-Eigentümerfamilie Graf dort investiert ist, wird in Österreich überaus schwierig darzustellen sein.

Für die Staatsholding ÖBIB jedenfalls wird das hohe Interesse am Glückspielunternehmen langsam zum Problem. Je potenter die privaten Investoren sind, desto höher wird der Kaufpreis.

"Kaufpreis entscheidet"

Erwin Hameseder, Chef der Raiffeisen-Holding bringt es auf den Punkt: "Der Ministerratsbeschluss von voriger Woche ist klar. Die Regierung will eine klare Lösung, und wir werden uns der nicht verschließen. Wir warten auf ein Angebot, das noch nicht vorliegt. Entscheidend wird der Kaufpreis. Den muss ich vor unseren Eigentümern vertreten."

Kann also sein, dass die ÖBIB am Ende des Tages mit ihrer Überlegung, die Casag billig zu übernehmen und teuer wieder zu verkaufen, Probleme bekommt. Und wie schon bei AUA und Telekom werden die strategischen Probleme der Staatsholding später zum politischen Problem des Finanzministers. Denn es geht dabei um öffentliche Mittel.

Dabei wäre die ursprüngliche Idee gar nicht so schlecht gewesen. Mit der ÖBIB-Übernahme würden die komplizierten Syndikatsverträge wegfallen, die jede Veränderung bei den Casinos verhinderten. "Ich hoffe sehr, dass die Experten im Ministerium das alles vorher bedacht haben", sagte ein Bankchef zur "WZ". "Aber ehrlich gesagt, ich zweifle daran."