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Das Ende der Wohlfühl-Koalition

Von Matthias Nagl

Politik

Das Team Stronach fliegt aus der Salzburger Landesregierung.


Salzburg. Es mag ein Zufall sein, dass die aktuellen Turbulenzen in Salzburgs Landesregierung fast auf den Tag genau zweieinhalb Jahre nach ihrer Angelobung kommen, also genau zur Halbzeit. Fest steht, dass die Ereignisse vom Montag als Zäsur in die Geschichte dieser nun schwarz-grünen Regierungskoalition eingehen. Die Regierung besteht seit Montag nur mehr aus zwei Parteien, und die Grünen verabschiedeten sich offiziell von einem ihrer größten Wahlversprechen.

Beide Ereignisse kommen letztlich wenig überraschend. Schon zum Start der Koalition galt die Dreier-Variante mit dem Unsicherheitsfaktor Team Stronach als nicht wirklich stabil. Und dass eine mittelgroße Regionalpartei ein für die Stromversorgungssicherheit Österreichs zentrales Projekt kippt, war auch unwahrscheinlich.

380-kV-Leitung genehmigt

Als Profiteur aus den Ereignissen vom Montag gehen Landeshauptmann Wilfried Haslauer und seine ÖVP hervor. Er nutzte das Zerbröseln des Salzburger Team Stronachs, um die eigene Machtbasis auszubauen. Die Genehmigung der 380-kV-Leitung dürfte innerhalb der ÖVP-Klientel ebenfalls für Zufriedenheit sorgen und ist eine Schwächung für Haslauers Regierungspartnerin Astrid Rössler.

Begonnen hat der Umbruch vor drei Wochen, als sich Landesrat Hans Mayr als Erster vom Team Stronach verabschiedete. Zur Erinnerung: Mayr war vor der Landtagswahl von der ÖVP zum Team Stronach übergelaufen, da er im Vorwahl-Poker um ein Mandat unterlegen war. Kurz nach Mayr verließ auch Ex-Fußball-Tormann Otto Konrad die Stronach-Partei. Er wird seither vom ÖVP-Landtagsklub, wie es heißt, "mitbetreut" und sicherte damit Schwarz und Grün auch ohne Stronach-Mandatare eine Mehrheit im Landtag, wenn auch nur mit einer einzigen Stimme Überhang.

Das klingt recht instabil, ist es de facto aber nicht. Dafür sorgt ein weiteres Privat-Zerwürfnis in Salzburgs Parteienlandschaft. Nach dem Bruch mit der Strache-FPÖ hat Salzburgs langjähriger Freiheitlichen-Chef Karl Schnell auch aufgrund jüngster Umfragedaten kein Interesse an raschen Neuwahlen. Seine FPS ist noch im Aufbau. Die Umfragen sehen die Strache-FPÖ als zweitstärkste Partei bei über 20 Prozent. Schnell sicherte der Regierung die Unterstützung seiner Mandatare auch bereits zu, nur eine Abgeordnete im Landtag bekennt sich aktuell zur Strache-FPÖ. Die Proteste des verbliebenen Team-Stronach-Landeschefs und Klubobmanns Helmut Naderer gegen den Ausstieg Mayrs waren für ÖVP und Grüne die willkommene Gelegenheit, sich vom ungeliebten Stronach-Beiwagerl zu trennen.

Naderer hatte in den letzten Wochen mit zunehmender Vehemenz den Regierungssitz von Mayr und Aufsichtsratposten gefordert und sich dabei verpokert. Er wurde von den Ex-Partnern im nur 20-minütigen Koalitionsausschuss überrumpelt. "Wir wollten konstruktiv in die Sitzung gehen, die Würfel sind offenbar aber schon vorher gefallen", sagte Naderer nach dem Rausschmiss aus der Regierung.

Das Rausschmeißen des Team Stronach aus der Koalition war jenes Ereignis, das am Montag für mehr Aufsehen sorgte. Doch auch ein zweiter Termin zu Mittag, wenige Stunden vor dem Koalitionsausschuss hatte es in sich, zumindest für die Grünen und deren Frontfrau Astrid Rössler. Sie präsentierte das lange erwartete Ergebnis der Umweltverträglichkeitsprüfung für die 380-kV-Leitung in Salzburg, die eine Lücke in Österreichs Hochspannungs-Stromnetz schließen soll.

Rösslers persönliche Niederlage

Aufgrund der Interessensabwägung wird die Leitung genehmigt. Für Rössler ist das eine persönliche Niederlage. Sie hatte die Leitung in ihrer Zeit als Oppositionspolitikerin heftig bekämpft und zog mit der Forderung nach einer kompletten oder zumindest teilweisen Erd-Verkabelung in den Wahlkampf. Nun ist sie die Politikerin, die den positiven Bescheid ausstellt. "Ich stehe zur Entscheidung der Behörde, auch wenn es nicht mein Lieblingsprojekt ist. Ich habe diesen positiven Bescheid zu akzeptieren und trage ihn auch mit", sagt Rössler.

Das werden ihr nicht nur diverse Naturschutz-Organisationen übel nehmen, sondern auch einige Wähler. Bei der Landtagswahl 2013 schnitten die Grünen zwar überdurchschnittlich ab, ihre besten Resultate erzielten sie aber in Gemeinden, die von der neuen Trassenführung der Stromleitung besonders stark betroffen sind.

Die Frage nach der Zulässigkeit der 380-kV-Leitung war zwischen Haslauer und Rössler quasi außer Streit gestellt und wurde auf das UVP-Verfahren ausgelagert. Dennoch gibt es einen klaren Sieger und eine klare Verliererin. Anders als beim Start ist nur mehr eine Partei übrig, die sich in dieser Koalition so richtig wohlfühlen kann.