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Informationsfreiheit mit vielen Ausnahmen

Von Simon Rosner

Politik

Transparency International und Journalistenvertretungen kritisieren geplanten Gesetzesentwurf.


Wien. Es sollte ein großer Schritt zur Transparenz des offiziellen Österreichs werden: Informationsfreiheit statt Amtsgeheimnis. Dass Ausnahmen bei Auskünften formuliert sein müssen, war zwar immer klar, für Ex-Rechnungshofchef Franz Fiedler ist aus dem großen Schritt jedoch eine Rolle rückwärts geworden. Und zwar, wie er sagt, "ins 19. Jahrhundert".

Auch Journalistenvereine kritisieren den geplanten Entwurf scharf. Der Presseclub Concordia sowie die Vereinigung der Parlamentsredakteurinnen und -redakteure - beiden Interessenvertretungen gehören auch Mitglieder der "Wiener Zeitung" an - veröffentlichten sehr kritische Stellungnahmen zu dem geplanten, einheitlichen Ausführungsgesetz für alle Bundesländer.

Für den Presseclub bedeutet es "de facto kaum eine Verbesserung zur derzeitigen Situation", da die Ausnahmen, welche Informationen der Geheimhaltung unterliegen, weitreichend sind. Darauf verweisen auch die Parlamentsredakteure in ihrer Antwort. Das neue Gesetz entpuppe sich als "Amtsgeheimnis in neuer Verpackung". Vor allem die Geheimhaltungs-Einschränkung in Bezug auf die "Vorbereitung einer Entscheidung" - gemeint sind hier Entscheidungen auf diversen politischen Ebenen - beziehe sich "explizit auch auf die Gesetzgebung und die Mitwirkung des Nationalrats und des Bundesrates". Bei weiter Auslegung könnte Journalisten der Zugang zu Informationen in Gesetzwerdungsprozessen verwehrt werden.

Es ist unter anderem dieser Punkt, der für Fiedler ein Rückschritt ins 19. Jahrhundert darstellt. Andere Gründe für eine Geheimhaltung von Informationen betreffen das Interesse der nationalen Sicherheit, der Landesverteidigung, der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Interesse von Organen und Gebietskörperschaften sowie ein "überwiegendes berechtigtes Interesse eines anderen". Verwiesen wird unter anderem auf die Wahrung des Grundrechtes auf Datenschutz.

Konflikt mit Datenschutz

Der im Bundeskanzleramt angesiedelte und politisch besetzte Datenschutzrat verweist in seiner Stellungnahme auf das Spannungsverhältnis zwischen dem Grundrecht auf Zugang zu Informationen und dem Grundrecht auf Datenschutz. Künftig müsse im Rahmen von Veröffentlichungen eine Interessenabwägung zwischen diesen Grundrechten vorgenommen werden.

Das sieht grundsätzlich auch Fiedler so. In diesem Zusammenhang verweist er aber auf eine weitere grundsätzliche Schwäche des Entwurfs. Denn zuständig für die Gewährung des Zugangs von Information soll jenes Organ sein, zu dessen Wirkungsbereich die Information gehört. Wenn eine Behörde nun dagegen entscheidet, kann nur über das Bundesverwaltungsgericht Einspruch erhoben werden, was lange dauern und in weiterer Folge auch kostspielig werden könne. Fiedler fordert deshalb einen Informationsbeauftragten, und auch Journalistenverbände verweisen auf das Fehlen einer "unabhängigen Vollzugsstelle".

Wolfgang Gerstl, ÖVP-Abgeordneter und einer der Proponenten des einheitlichen Ausführungsgesetzes, widerspricht. Das neu geschaffene Bundesverwaltungsgericht sei die optimale Stelle für solche Einsprüche. "Oder soll wieder eine neue Behörde geschaffen werden?"

Gerstl sieht die Kritik an dem Entwurf primär legistisch begründet. "Man kann die Ausnahmen nicht bis ins letzte Detail formulieren, so dass alle Einzelfälle definiert werden." Es sei nun Sache des Verfassungsdienstes eventuell noch an Formulierungen zu feilen, um größere Klarheit zu schaffen. Am Ende könnte aber auch der Verfassungsgerichtshof in Erkenntnissen entscheiden, wie zum Beispiel ein "überwiegendes berechtigtes Interesse eines anderen" zu verstehen ist.

"Mir ist es wichtig, dass endlich was weitergeht. Ich bin langsam verärgert, weil nun gerade jene Kräfte bremsen, die das so lange gefordert haben", sagt Gerstl. Das Gesetz würde zu einer grundsätzlichen Umkehr führen, da nun eben Freiheit statt Verschwiegenheit festgeschrieben steht. Künftig sollen alle öffentlichen Stellen jene Informationen, die nicht der Geheimhaltung unterliegen, auch proaktiv veröffentlichen müssen. Hier bemängelt Fiedler, dass nicht festgehalten ist, was im Fall eines Zuwiderhandelns passiert.

In der Auflistung jener öffentlichen Stellen, die der Bevölkerung Zugang zu Informationen grundsätzlich gewähren müssen, sind übrigens die "gesetzliche berufliche Vertretungen", also Arbeiter- und Wirtschaftskammer, insofern ausgenommen, als diese nur ihren Angehörigen verpflichtet sind. Fiedler reicht dies nicht. "Beide haben eine enorme Drittwirkung nach außen. Wir wissen doch wie mächtig diese Organisationen sind", kritisiert Fiedler.