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Zum Auftakt ein Nebenschauplatz

Von Matthias Nagl

Politik

Mehr als drei Jahre nach dem Auffliegen beginnt kommende Woche die gerichtliche Aufarbeitung des Salzburger Finanzskandals.


Salzburg. Rechtzeitig vor Beginn des ersten Prozesses kommt wieder Bewegung in den Salzburger Finanzskandal. Für den ersten Aufreger sorgte in dieser Woche die Hauptangeklagte, Monika Rathgeber. Sie wechselte wenige Tage vor Prozessbeginn ihren Anwalt. Ab Donnerstag muss sich die ehemalige Leiterin des Budgetreferats des Landes Salzburg wegen schweren Betruges und Urkundenfälschung vor einem Schöffensenat des Landesgerichtes Salzburg verantworten.

Dabei wird beim Betrugsverdacht nur eine Nebencausa des gesamten Finanzskandals verhandelt. Es geht um Mittel des Katastrophenfonds des Bundes, die das Land Salzburg zu Unrecht bezogen hat. Das Land hat die Mittel inzwischen zum Großteil wieder rücküberwiesen. Insgesamt geht es um rund zwölf Millionen Euro, die Gemeinden und das Land Salzburg ohne gesetzlicher Voraussetzung erhalten haben. Rathgeber soll dabei im Zeitraum von 2009 bis 2012 Schadensfälle teilweise fingiert und teilweise unrichtig dargestellt haben. Der Vorwurf der Urkundenfälschung betrifft 96 Geschäftsbestätigungen für Zins- und Währungsswaps, die Rathgeber zwischen 2008 und 2012 gefälscht haben soll. Dabei hat sie der Anklage zufolge die zur Bestätigung erforderliche zweite Unterschrift eines Mitarbeiters der Finanzabteilung des Landes hineinkopiert.

"Es gab eine Diskrepanzin der Verteidigungslinie"

In vereinzelten Fällen hat Rathgeber das schon Anfang 2013, kurz nach Auffliegen des Finanzskandals, bei einem Arbeitsgerichtsprozess zugegeben. Abgesehen davon bestreitet sie aber jegliche Vorwürfe vehement, so auch den Vorwurf des Betrugs. Nun dürfte es mit ihrem inzwischen langjährigen Verteidiger Herbert Hübel eine Meinungsverschiedenheit über das Auftreten vor Gericht gegeben haben. Das sagte zumindest Hübel gegenüber Salzburger Zeitungen am Donnerstag: "Es gab eine Diskrepanz in der Verteidigungslinie." Hübel war über die Jahre für Rathgeber mehr als nur Anwalt, sondern auch PR-Berater und bei öffentlichen Auftritten stets an ihrer Seite. So auch als Rathgeber kurz nach Auffliegen des Skandals beschloss, auf den Öffentlichkeitsschutz von Angeklagten zu verzichten und mit vollem Namen und Fotos in der Öffentlichkeit aufzutreten.

Auch bei der Präsentation ihrer Aufarbeitung des Finanzskandals in Buchform war Hübel wortreich an Rathgebers Seite. Nun lässt sie sich von Kurt Jelinek vertreten, einem anderen Salzburger Anwalt mit Hang zu medienwirksamen Fällen. Auch wenn vorerst nur zwei Verhandlungstage anberaumt sind, kann sich Jelinek auf ein längerfristiges Engagement einstellen.

Denn die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) sind in der gesamten Causa bei weitem noch nicht abgeschlossen. Drei Sachverhaltskomplexe inklusive eines Finanzstrafverfahrens werden derzeit noch bearbeitet. Neben Rathgeber werden dabei sieben Personen, darunter mehrere prominente Politiker und Ex-Politiker, als Beschuldigte geführt.

So sind das etwa in Zusammenhang mit einem Finanzgeschäft zwischen Stadt und Land Salzburg der Salzburger Bürgermeister Heinz Schaden und der ehemalige Finanz-Landesrat Othmar Raus. Ob und wann es hier zu einer Anklage kommt, ist noch offen, die Beschuldigten bestreiten die Vorwürfe. Im Finanzstrafverfahren ist auch David Brenner, Finanzlandesrat beim Auffliegen des Finanzskandals, unter den Beschuldigten. Auch hier gibt es noch keine Entscheidung über eine Anklage.

Das Finanzgeschäft zwischen Stadt und Land hat einen konfliktträchtigen Nebenstrang. Das Land hat die Stadt auf dem Zivilrechtsweg auf knapp fünf Millionen Euro geklagt, da die Stadt nicht zu einem Verjährungsverzicht bereit war. Wollte die Stadt zunächst Vergleichsgespräche führen, scheint es nun so, als würde die Klage tatsächlich vor Gericht gehen.

Auf einen von Bürgermeister Schaden angekündigten, nachträglichen Verjährungsverzicht reagierte der aktuelle Finanzlandesrat Christian Stöckl verärgert. "Die Stadt hat die Zeit verstreichen lassen und keine Vergleichsgespräche geführt. Ein Vergleichsangebot gab es nicht, also will sie offenbar den Prozess", sagte Stöckl in den "Salzburger Nachrichten". Doch auch dieser Streit berührt nur einen Bruchteil dessen, was den gesamten Finanzskandal ausmacht.

Die genaue Höhe des Schadens ist noch immer ungewiss

Unter Rathgeber war das Budgetreferat des Landes mit Billigung der damaligen Regierungsparteien SPÖ und ÖVP auf den internationalen Finanzmärkten großspurig aktiv. Wie groß der Schaden aus hunderten Spekulations- und Absicherungsgeschäften letztlich ist, wurde nie genau herausgefunden. Offiziell wird der Verlust des Landes auf insgesamt rund 350 Millionen Euro taxiert.

Der Skandal hatte auch ein politisches Nachbeben zur Folge. Die von ÖVP-Chef Wilfried Haslauer ausgerufenen Neuwahlen spülten die Landeshauptfrau-Partei SPÖ aus der Landesregierung und brachten Haslauer selbst den Landeshauptmannsessel ein. Haslauer regiert mit den Grünen und hat kürzlich den dritten Koalitionspartner, das Team Stronach, aus der Regierung geworfen.