Zum Hauptinhalt springen

Pensionsgipfelchen statt großer Wurf

Von Werner Reisinger

Politik

Eine große Reform blieb wie erwartet aus, zusätzliche Anreize sollen für längere Beschäftigungsdauer sorgen.


Wien. Es war ein langer Abend für die Pensionsverhandler von SPÖ und ÖVP, Sozialminister Alois Stöger und Finanzminister Hans Jörg Schelling. Um 17 Uhr trafen die Verhandlungsteams, mit dabei auch Arbeiterkammer-Direktor Werner Muhm und ÖVP-Sozialsprecher August Wöginger, im Sozialministerium zusammen. Allem Anschein nach dürften die Gespräche recht zäh verlaufen sein und wurden immer wieder durch Pausen unterbrochen. Am späten Abend wurde ÖVP-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner hinzugezogen. Wechselseitige Kompromissvorschläge führten dann gegen 23 Uhr zur Einigung. Und mehr als ein Kompromiss, ein Drehen an kleinen Schrauben, wäre vom Gipfel, den die SPÖ lieber als Verhandlungsrunde bezeichnete, auch nicht zu erwarten gewesen - eine große Pensionsreform stand schon im Vorfeld nicht mehr zur Debatte. Immerhin stehen im April die Präsidentschaftswahlen an, und es gilt, niemanden vor den Kopf zu stoßen.

Gemischte Expertenreaktionen

Die Forderungen nach einer Pensionsautomatik und einer raschen Angleichung des Frauenpensionsalters an das der Männer hatte die ÖVP fallen gelassen, mit dem Koalitionspartner sei dies zur Zeit eben nicht möglich, sagte Vizekanzler Reinhold Mitterlehner am Rande des Gipfels. Gegenüber der APA bezeichnete Mitterlehner am Dienstag die beschlossenen Anreize, die Männer wie Frauen länger im Erwerbsleben halten sollen, dennoch als "kulturellen Durchbruch" und strich vor allem die Reform der Pensionskommission hervor. Diese soll nun deutlich verkleinert und effizienter gestaltet werden (siehe unten).

Sozialminister Stöger bezeichnete als größten Erfolg, einen Pensionsautomatismus abgewendet zu haben. "Sehr viel" bedeute es für ihn auch, dass es bei den Frauen und der Mindestpension nun Verbesserungen gebe. Der Finanzminister ist jedoch überzeugt, dass das Thema in den kommenden Jahren erneut auf die Agenda zu setzen sein wird. Die Regierung will sich die Option auf weitere Verhandlungen offenlassen.

Die Reaktionen der Pensionsexperten auf die "schwere Geburt" am Montagabend fallen gemischt aus. Für Ulrich Schuh, Ökonom am industrienahen Forschungsinstitut Eco Austria, berücksichtigen die beschlossenen Neuerungen die langfristige Perspektive des Pensionssystems hinsichtlich der steigenden Lebenserwartung nicht ausreichend. Gerade für Junge sei nicht ausreichend geklärt, wie sich das Pensionssystem in Zukunft gestalten werde. Die Reform der Pensionskommission lässt Schuh eher kalt. Die Kommission erstatte schon seit geraumer Zeit Vorschläge an die Regierung, ohne dass diese sich daran halten würde. Schuh bezweifelt, dass sich daran etwas ändern werde, und geht davon aus, dass SPÖ und ÖVP das Gremium - trotz Verkleinerung und geändertem Beschickungsmodus - auch in Zukunft "eher ausgewogen" besetzten werden.

Reha "frühzeitig ansetzen"

Dem widerspricht Thomas Url vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo). Er begrüßt, dass Institutionen wie das Wifo und das Institut für Höhere Studien künftig nur mehr eine beratende Funktion, aber kein Stimmrecht mehr innehaben werden. Die Kommission entwickle sich von der Beratungsfunktion hin zu einem Entscheidungsgremium, hofft Url.

Positiv sieht Url die Nachschärfungen bei der Rehabilitation. Da es in der Vergangenheit für Betroffene schwer war, wieder in den Arbeitsprozess einzusteigen, bringe es viel, hier frühzeitig anzusetzen. Die Halbierung der PVA-Beiträge ab dem Erreichen des gesetzlichen Pensionsalters sind laut Url zwar eine sinnvolle Maßnahme, um Ältere länger im Arbeitsleben zu halten, würden jedoch in Summe der öffentlichen Hand keine Ersparnis bringen, weil auch eine höhere Pension ausbezahlt wird.

Unzufrieden mit der Beschneidung der Erwerbsmöglichkeiten für Pensionisten ist die geschäftsführende Obfrau des ÖVP-Seniorenbundes, Ingrid Korosec: "Einerseits will man, dass die Leute länger arbeiten, andererseits bestraft man sie dafür."