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Die Hoffnung auf mehr

Von Nina Flori

Politik

Der ÖAAB hat einen neuen Obmann - die Mitglieder erwarten sich von ihm mehr öffentlichwirksames Auftreten.


Wien. August Wöginger hat einen Karrieresprung hingelegt. Am Dienstag wurde der bisherige Generalsekretär des ÖVP-Arbeitnehmerbundes auch formal im Bundesvorstand zum geschäftsführenden Obmann bestellt. Der 41-Jährige löst die nach Niederösterreich zurückkehrende Johanna Mikl-Leitner ab.

Seit 13 Jahren ist der Oberösterreicher Nationalratsabgeordneter, seit 2013 war er Generalsekretär des ÖAAB. Nun hat er das Ruder eines der wichtigsten Bünde der ÖVP in der Hand und ist somit prädestiniert für weitere parteiinterne Beförderungen und Personalrochaden.

Allerdings hat der Bund innerparteilich in den vergangenen Jahren an Einfluss verloren. Die meisten Spitzenfunktionen der Partei - Parteichef und Vizekanzler Mitterlehner, Finanzminister Schelling, ÖVP-Generalsekretär McDonald - werden derzeit von Wirtschaftsbündlern bekleidet. Und das, obwohl er nach dem Seniorenbund, mit 153.770 Mitgliedern der größte Bund ist.

"Wenn es um Politikformulierungen geht, ist im Moment eine Dominanz der Wirtschaftsbündler zu spüren, zumindest was Schlüsselpositionen betrifft", sagt der Politikwissenschaftler Fritz Plasser. "Man kann davon ausgehen, dass die ÖAAB-Führung nachdenken wird, wie sie sich in den nächsten Jahren wieder deutlicher öffentlich zeigen und auch innerparteilich stärken kann."

Beamte dominieren

In den vergangenen Jahren hatte der ÖAAB mit Johanna Mikl-Leitner eine Obfrau, die zwar ständig in den Medien präsent war - allerdings als Innenministerin und nicht als Vertreterin für Arbeitnehmer. "Verständlicherweise war für Mikl-Leitner die Flüchtlingskrise das zentrale Thema", sagt Plasser. Nun sei es an der Zeit, sich zu überlegen, mit welchen Themen und Vorschlägen wieder Profil zu gewinnen sei. Dabei müssen die schwarzen Arbeitnehmer aufpassen, nicht als reine Beamtenvertreter erscheinen. Tatsächlich ist die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst die einzige schwarz dominierte Teilgewerkschaft.

Auch wenn der ÖAAB in der Vergangenheit an innerparteilichen Einfluss verloren hat, seine Mobilisierungskraft ist nicht zu unterschätzen. Mit Ausnahme des ländlichen Raumes, wo der Bauernbund stark verankert ist, hat der ÖAAB ein ungleich stärkeres Potenzial, Menschen zu erreichen als der Wirtschaftsbund. "Das liegt schon einmal daran, dass es in Österreich wesentlich mehr Arbeitnehmer als Wirtschaftstreibende gibt", sagt Plasser. "Das ist ein ganz starker Machtfaktor. Denn von ihnen kommen die Mitgliedsbeiträge."

Im Lauf der Jahre hat es immer wieder Phasen gegeben, in denen der ÖAAB innerhalb der ÖVP stärker oder schwächer positioniert war. "Auf- und Abschwünge wechseln sich ab. In der Parteiobmannschaft von Alois Mock etwa, wäre man genau zum gegenteiligen Urteil wie heute gekommen. Das hängt mit der Parteiführung zusammen", sagt Plasser. Einen Trend hin zum Machtverlust des ÖAAB will er aufgrund der derzeitigen Entwicklung nicht ableiten.

Wöginger wird wohl trotzdem nicht darum herumkommen, den ÖAAB stärker zu positionieren. Unterstützt wird er dabei von seinem bisherigen Stellvertreter Karl Nehammer als Generalsekretär, der zur Zeit noch Wahlkampfmanager von Andreas Khol ist.

"Ich denke, dass der neue Obmann, schon allein aus Zeitgründen, mehr nach Außen auftreten wird", sagt der ÖAABler und schwarze Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl. Man müsse das christlichsoziale Zusammenleben wieder stärker betonen und verdeutlichen, wie junge Menschen heute - etwa durch Praktika - ausgebeutet werden.

Weniger Macht, mehr Zeit

"Natürlich hat eine Obfrau, die der Bundesregierung angehört, mehr Macht, weil sie bestimmte Beschlüsse in der Bundesregierung stärken kann. Aber sie hat auch wenig Zeit, wenn sie noch Verantwortung in Europa trägt", sagt Gerstl. Wöginger sei "näher am Arbeitsrecht dran".

Als Werte des Arbeitnehmerbundes nennt Gerstl das Recht auf Eigentum, Leistung und Freiheit. Es gehe darum, das Individuum zu stärken, man sehe sich als bedarfsorientiere Unterstützung für Konsumenten. Mit sozialistischem Gewerkschaftsdenken habe der ÖAAB nichts zu tun. "Wir versuchen nicht, auf Teufel komm raus alles rauszuholen, was man kriegen kann. Wir sehen die Gesamtverantwortung des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers", betont Gerstl. Früher habe man verstärkt Zukunftsthemen angesprochen, das müsse man nun wieder tun.

Klubobmann Reinhold Lopatka, der 2011 Mikl-Leitner bei der Wahl zum ÖAAB-Obmann unterlag, erhob dieses Mal keine Ansprüche. Er halte sie mit dem Amt des Fraktionschefs für nicht vereinbar, da er die Interessen aller Bünde gleichermaßen vertreten müsse, betonte er.

Die Amtsübergabe von Johanna Mikl-Leitner an Wolfgang Sobotka findet am Donnerstag statt.