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Hofers Hochburg

Von Marina Delcheva

Politik

Der Gemeindebau wählt am Sonntag eher Hofer - weniger aus blauer Überzeugung und mehr aus rot-schwarzem Frust.


Wien. Obwohl die Sonne scheint, pfeift ein eisiger Wind durch den Innenhof des Bebelhofs in Wien Meidling. Wie ein Denkmal des Roten Wien der Zwischenkriegszeit ragt der Gemeindebau an der Längenfeldgasse über die umliegenden Häuser empor. Allein, so rot ist der Bebelhof nicht mehr. Bei der Wienwahl im Herbst vergangenen Jahres waren SPÖ und FPÖ im hiesigen Wahlsprengel gleichauf. Dass der Sprengel auf der Wien-Karte noch rot eingefärbt ist, ist einer Differenz von lediglich 0,24 Prozentpunkten zugunsten der SPÖ zu verdanken.

Bei der kommenden Präsidentschaftswahl am Sonntag scheint jedoch Norbert Hofer, der Kandidat der Freiheitlichen, die Nase vorne zu haben. Rund um den Bebelhof gibt es alles, was ein blaues Herz laut poltern lässt. Vor dem Hofeingang stehen junge Männer, die Drogen anbieten. Ein nicht allzu kleiner Teil der Bewohner ist arbeitslos. Ein anderer, ebenfalls nicht kleiner Teil, spricht schlecht Deutsch oder trägt Kopftuch. Und rund 200 Meter entfernt wurde vergangenen Sommer ein Flüchtlingsheim eröffnet.

"Ich wähle den Hofer. Von welcher Partei ist er nochmal? Also sicher keinen Roten oder Schwarzen", sagt Herr Schuster von Stiege 21. "In unserer Stiege gibts weniger Ausländer, Gott sei dank." Dass es nicht die Aufgabe eines Bundespräsidenten ist, gegen die lokale Drogenproblematik vorzugehen oder für mehr Aufschwung auf dem Arbeitsmarkt zu sorgen, wissen die meisten Bewohner. Im Gespräch mit ihnen wird aber schnell klar: Eine Stimme für Hofer ist weniger eine Stimme für die FPÖ, als eine Stimme gegen SPÖ und ÖVP. Deren Kandidaten, Rudolf Hundstorfer und Andreas Khol, bewegen sich auch in den Umfragen der meisten Meinungsforschungsinstitute um die 15- beziehungsweise 10-Prozent-Marke.

Im Herzen Sozi,auf dem Stimmzettel blau

Einige Bewohner sind unzufrieden, dass in ihrem Hof gedealt wird und ab und zu Spritzen am Spielplatz liegen. Andere glauben, dass bei der Jobsuche nur Ausländer bevorzugt würden und sie deshalb länger arbeitslos sind. Und für all das geben sie nun der Bundesregierung die Schuld. Und ein bisschen auch den Grünen, die ja in der Landesregierung sitzen und "nur den Michi vor sich hertreiben", so ein Bewohner.

"Ich bin im Herzen ein Sozi, aber ich wähle diesmal trotzdem den Hofer. Es kann so nicht weitergehen", sagt Alfred H. Er sei lange Jahre Parteimitglied der SPÖ gewesen, habe aber sein Parteibuch zurückgelegt. Was er von der Ausländerpolitik der FPÖ hält? "Ich bin nicht gegen Asylanten, ich bin nur gegen kriminelle Asylanten", sagt er. Seine Frau sei Serbin und er fühle sich in ihrer Heimat sehr zuhause. Für Wien wolle er das "burgenländische Modell", also Rot-Blau.

In seinem Wahlkampfvideo dreht SPÖ-Kandidat Rudolf Hundstorfer seine Runden durch einen Wiener Gemeindebau und wirbt mit dem Slogan, "einer von uns" zu sein. Die Bewohner des Bebelhofs nehmen ihm das aber nicht so recht ab. "Ich wähle lieber die Conchita Wurst, ehe ich den Hundstorfer wähle", sagt die Pensionistin Ingrid Kammerer. "Der Rudi war ein super Gewerkschafter. Aber jetzt im Wahlkampf wirkt er so, als ob ihm alles wurscht ist", sagt Kim Michalek, der lange Jahre bei den Wiener Linien gearbeitet hat.

Nur Hofer will er auf keinen Fall wählen, lieber Alexander Van der Bellen. "Ich habe nie Probleme mit Ausländern gehabt und was der Herr Hofer fordert, ist nicht tragbar."

Auch Rohullah Haqumal, er beitreibt einen Kebab-Imbiss in der Nähe des Bebelhofs, will am Sonntag seine Stimme Van der Bellen geben. "Ich wähle keinesfalls die FPÖ." Immerhin, wenn "der Professor" nicht wäre, würde er Hundstorfer wählen.

Alles zu den Bundespräsidentenwahlen finden Sie in unserem Dossier.