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Zum Schaden der Republik

Von Katharina Schmidt

Politik

Die Anklageschrift bietet keine rauchende Pistole, aber viele interessante Details.


Wien. Die "Smoking Gun" sucht man tatsächlich vergeblich. Doch die Anklageschrift zu den Causen Buwog und Terminal Tower, die die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) am Donnerstag am Wiener Straflandesgericht eingebracht hat, bietet einen Fundus an interessanten Details über die Vorgänge.

Zumindest das, was bisher bekannt ist. Denn die kompletten 852 Seiten wurden den Anwälten der Angeklagten noch nicht zugestellt. Bisher hat nur die WKStA als eine Art Vorabinformation die ersten 53 Seiten ausgeschickt. Auf diesen 53 Seiten, die der "Wiener Zeitung" vorliegen, finden sich die Namen aller Angeklagten - und was ihnen zur Last gelegt wird. Vor allem gehen die Ermittler darin davon aus, dass durch den Verkauf der Bundeswohnungen 2004 und die Einmietung der oberösterreichischen Finanzbehörden im Linzer Terminal Tower 2006 der Republik Vermögensschäden zugefügt worden seien. Dem ehemaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser wird Untreue vorgeworfen - er soll über den Immobilienmakler Ernst Plech und einen Mitarbeiter, die ebenfalls angeklagt sind, eine Entscheidung der Auswahlkommission über die mit dem Buwog-Verkauf zu betrauende Investmentbank herbeigeführt haben. Dadurch, dass nicht die von der Kommission favorisierte CA IB zum Zug kam, sondern die von Grasser bevorzugten Lehman Brothers, habe er der Republik einen Schaden von 3,75 Millionen Euro zugefügt.

Verschiebung der Bewertungskriterien

Zu den interessanten Details gehört, wie diese Beeinflussung abgelaufen sein soll. Die Staatsanwälte werfen Plech vor, dass er als Mitglied der Vergabekommission auf Drängen Grassers hin dafür gesorgt haben soll, dass dem "nicht mit der Objektivität und Exaktheit eines Preisvergleichs erfassbaren und somit Bewertungsspielräume eröffnenden, qualitativen Bewertungskriterium ein übermäßiges Gewicht zukomme, was eine missbräuchliche Verschiebung der Bewertung zugunsten von Lehman Brothers ermöglichen sollte."

Weiters wird Grasser vorgeworfen, dass er als Finanzminister beim Verkauf der Bundeswohnungen "pflichtgemäß" auf Erlösmaximierung - und daher vor allem auf einen Einzelverkauf der vier Wohnbaugesellschaften - hätte hinarbeiten müssen. Den Unterschied zwischen der durch den Verkauf an das Österreichkonsortium rund um die Immofinanz erzielten Summe und der durch einen Einzelverkauf an die Bestbieter theoretisch erzielbaren Summe, sieht die Anklagebehörde bei gerundet 35,12 Millionen Euro.

Für diese "pflichtwidrige Erteilung des Zuschlags" an das Österreichkonsortium habe er Zahlungen erhalten, die er "treuwidrig nicht abführte", sondern teils selbst einbehalten, teils an die Mitangeklagten Walter Meischberger, Plech und Peter Hochegger weitergegeben habe, "wodurch er der Republik Österreich einen Vermögensschaden in Höhe der genannten Zahlung von 9.612.812 Euro zufügte".

Verhandlungen überBestechungssumme

Genauso verhält es sich bei der Causa Terminal Tower: Für die "pflichtwidrige Genehmigung des Mietvertragsabschlusses" seien 200.000 Euro als verdeckter Preisnachlass geflossen. Interessant ist auch hier, wie laut Anklage diese Provision zustande gekommen ist. Denn der ursprüngliche Plan, für die Einmietung der Finanzdienststellen in den Terminal Tower 700.000 Euro an Bestechungsgeldern von dem mittlerweile verstorbenen Porr-Chef Horst Pöchhacker zu fordern, sei nicht aufgegangen. Demnach soll Plech Grassers Forderung an Pöchhacker überbracht haben - einmal alleine, einmal mit Meischberger, ohne Erfolg. Dann habe man mit Pöchhacker "Verhandlungen zur Höhe der Bestechungszahlung" geführt und sich auf 200.000 Euro geeinigt. Auch hier sieht die Anklagebehörde einen Schaden für die Republik.

Neben Grasser, Meischberger, Plech, Hochegger und dem früheren Immofinanz-Chef Karl Petrikovics sind noch elf weitere Personen, darunter in die Deals involvierte Berater Grassers und ehemalige Manager angeklagt. Neben Untreue lauten die inkriminierten Delikte auf Beitragstäterschaft dazu, Bestechung, Fälschung von Beweismitteln, versuchte Begünstigung und Geldwäscherei. In der Anklage wird zudem verlangt, dass das geflossene Geld für verfallen erklärt wird. Teilweise befindet es sich noch auf den berühmten Liechtensteiner Konten "Karin", "Natalie" und "Walter". Die Staatsanwälte meinen, dass letzteres Grasser zuzurechnen sei. Auf dem Konto, über das Meischberger verfügungsberechtigt war, seien die von "Grasser für sich selbst einbehaltenen Teile der (. . .) zur Auszahlung gelangten Bestechungszahlung erlegt" gewesen.

"Gemeinschaftlich

gefasster Tatplan"

Insgesamt gehen die Ermittler hart mit Grasser ins Gericht. So ist die Rede von einem "bereits im Jahr 2000 gemeinschaftlich gefassten Tatplan", während der Amtszeit Grassers "finanzielle Vorteile für parteiische Entscheidungen des Letztgenannten bei Verkaufsprozessen, Privatisierungen oder Auftragsvergaben der Republik Österreich zu erlangen". Meischberger, Plech und Hochegger hätten dabei als Kommunikationsstelle gedient.

Grasser, der stets betont, dass bei den Verkäufen alles "super sauber" gelaufen sei, ist noch mit weiteren Ermittlungen konfrontiert: Nach wie vor laufen gegen ihn ein Finanzstrafverfahren, Ermittlungen im Zusammenhang mit der versuchten Aufweichung des Glückspielmonopols und zur Post-Privatisierung. Eingestellt wurden hingegen die Ermittlungen zur Dorotheum-Privatisierung. Die Buwog-Anklage ist nicht rechtskräftig. Erst, wenn sie vollständig zugestellt ist, beginnt eine 14-tägige Frist für Einsprüche zu laufen.