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Warten bis Montag Mittag

Von Jan Michael Marchart

Politik
Mit seinem Ultimatum hat Sozialminister Stöger etliche Länder gegen sich aufgebracht.

Mindestsicherung: ÖVP kritisiert Sozialminister Stöger - einheitliche Lösung nicht absehbar.


Wien. Als "Optimist" ging Sozialminister Alois Stöger am Donnerstag in die Verhandlungen mit den Ländern für eine bundeseinheitliche Form der Mindestsicherung. Heraus kam der SPÖ-Politiker mit einem Ultimatum: Bis Montag Mittag hätten die Länder Zeit zu erklären, ob sie dem Vorschlag des Ministers zustimmen. Oder eben nicht. Oberösterreich und Niederösterreich beharren auf ihren Varianten. Am Freitag schloss auch Vorarlberg seine Zustimmung aus. Eine einheitliche Regelung scheint damit nach dem Auslaufen der bestehenden 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern mit Jahresende höchst ungewiss, zumal auch von der Bundes-ÖVP ein Nein zum Vorschlag Stögers kommt. Das ist deshalb relevant, weil die Vereinbarung auch im Nationalrat eine Mehrheit braucht.

Wie so oft steckt der Teufel im Detail. Stögers Vorschlag sieht eine Deckelung für arbeitsfähige Vollbezieher bei 1500 Euro vor. Das will auch die ÖVP. Grundsätzlich. Im Entwurf ist die Deckelung der Sozialhilfe aber als Kann- und nicht als Muss-Bestimmung angeführt. Damit überlasse der Bund erneut den Ländern, ob sie eine Deckelung einführen, und es sei erst recht keine bundeseinheitliche Lösung möglich, hört man von schwarzer Seite. Das Sozialministerium hält es dagegen für einen "Systembruch", einen Maximalbetrag vorzuschreiben. Das sei nicht nur kompetenzrechtlich schwierig, die Länder würden es sich zudem nicht gefallen lassen. Auch in der bestehenden 15a-Vereinbarung seien nur Mindestbeträge festgehalten.

Am Beispiel Oberösterreichs, wo die ÖVP mit der FPÖ koaliert und das die Mindestsicherung Ende Juni halbiert hat, zeigt sich, dass manche Länder eher weniger als mehr Sozialhilfe zahlen wollen. Abgesehen davon, dass die Linzer Variante verfassungsrechtlich fragwürdig ist, erscheint der Maximalbetrag das kleinste Problem zu sein. Doch wenn die Länder darüber entscheiden können, ob sie die Deckelung umsetzen oder nicht, bleibt das Problem, dass es Asylberechtigte in jene Länder zieht, wo am meisten ausbezahlt wird.

Residenzpflicht kein Thema

Dann stünde Stögers alte Forderung nach einer Residenzpflicht wieder im Raum. Asylberechtigte sollen so nur mehr in dem Bezirk Anspruch auf Mindestsicherung erhalten, in dem sie als Asylwerber untergebracht waren. Die Residenzpflicht ist in den Verhandlungen aber kein Thema. Für beide Parteien gehe es erst einmal darum, die mit Ende des Jahres auslaufende 15a-Vereinbarung zu verlängern. Erst dann will die ÖVP über eine Residenzpflicht reden, ist zu hören. Ob sich an dieser Haltung über das Wochenende noch etwas ändert, bleibt abzuwarten.

August Wöginger, selbst Oberösterreicher und ÖVP-Sozialsprecher im Parlament, kritisiert an Stögers Plan zudem, dass der Deckel nur für Vollbeziehern greifen soll und nicht für jene, die eine Aufstockung haben. Wöginger goutiert den Plan Niederösterreichs. Dort soll jedes Einkommen im Haushalt in den Deckel eingerechnet werden. Ausgenommen sind arbeitsunfähige und pflegebedürftige Menschen. Zudem enthalte Stögers Vorschlag ein Verschlechterungsverbot, womit die neue Mindestsicherung an bestehenden Auszahlungen nichts ändern würde. "Das geht nicht", sagt Wöginger. Und schließlich müsse es eine niedrigere Mindestsicherung für jene geben, die erst kurz im Land sind und noch nichts in die Systeme einbezahlt haben.

ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka kritisierte die Idee Stögers, nach der es nur mit einer Integrationsvereinbarung die volle Mindestsicherung geben soll. Als Basis sollen 512 Euro, mit vereinbarten Verpflichtungen zusätzlich 317 Euro ausbezahlt werden. "Wer unterschreibt da nicht?", fragte er. Lopatka fordert den Minister auf, mit den Landeshauptleuten statt nur mit den Soziallandesräten zu verhandeln. Er will nur zustimmen, wenn alle Länder an Bord sind.

Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) brachte eine mögliche "Teileinigung" ins Spiel. Es könne Bereiche in der Vereinbarung geben, für die Bund oder Länder zuständig sind. Die Höhe des Integrationsbonus gehöre in die Kompetenz der Länder, die Decklung der Mindestsicherung sowie das Thema gemeinnützige Arbeit müsse der Bund regeln.

Kein Interesse an dem Geplänkel zeigte Kanzler Christian Kern. Es sei "entscheidend", dass es bei jenen, die es brauchen, "keine Einschränkungen" gebe. So etwa bei Alleinerziehern oder Behinderten, die am Arbeitsmarkt nicht die Chancen haben, dürfe es "keine Kürzungen" geben. Die nächsten Tage versprechen innerkoalitionär spannend zu werden.