Zum Hauptinhalt springen

Die vielfältige Stadt wählt am Sonntag

Von Matthias Nagl

Politik

Bei der Innsbrucker Gemeinderatswahl rittern mehrere Parteien um Platz eins.


Innsbruck. Die Stadt ist bunt, zumindest politisch. Zwölf Listen und neun Kandidaten gibt es zur Auswahl, wenn am kommenden Sonntag zeitgleich mit der Salzburger Landtagswahl in Tirols Landeshauptstadt Innsbruck ein neuer Gemeinderat und Bürgermeister gewählt werden. Schon jetzt ist der Innsbrucker Gemeinderat, was die Vielfalt der Listen angeht, so divers wie kein anderer in einer großen österreichischen Stadt. Acht Parteien und drei freie Mandatare sitzen im Stadtparlament. Zudem sind die Kräfteverhältnisse so ausgeglichen wie sonst kaum wo im Land.

Die vier größten Parteien ÖVP (acht Mandate), Für Innsbruck (acht), Grüne (sieben) und SPÖ (sechs) sind annähernd gleich stark und bilden eine Vierer-Koalition. Mit der FPÖ ist eine fünfte Partei de facto ähnlich stark. Die sechs Mandate verteilen sich derzeit auf zwei Listen. Für die Wahl am Sonntag treten die Liste Rudi Federspiel und die FPÖ wieder gemeinsam an, nachdem Federspiel 2013 in die FPÖ zurückgekehrt ist. Nachdem Für Innsbruck, Grüne und SPÖ mit einer Dreier-Koalition starteten, nahmen sie zur Halbzeit vor drei Jahren noch die ÖVP dazu. "Wegen der großen Herausforderungen wollen wir die Zusammenarbeit auf eine breite Basis stellen", sagte Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer von Für Innsbruck damals.

Grüne und FPÖ kämpfen um Platz eins

An den ausgeglichenen Verhältnissen ändert sich laut einer Stadtblatt-Umfrage von vergangener Woche durch die Wahl wenig. Demnach kämpfen Grüne und FPÖ um den ersten Platz, dahinter folgen ÖVP, Für Innsbruck und die SPÖ. Da es bei Gemeinderatswahlen keine Sperrklausel gibt, haben auch kleinere Listen wie die Landtagsparteien Liste Fritz und Neos sowie die im Gemeinderat vertretenen Listen Seniorenbund und Piraten sowie weitere Kleinparteien Chancen auf einen Sitz im Gemeinderat. Die ÖVP möchte die Ausgeglichenheit für sich nutzen und warnte im Wahlkampf-Finish vor "instabilen Verhältnissen". Auch Landeshauptmann Günther Platter leistete Schützenhilfe. "Bei diesem Listen-Wirrwarr droht sonst eine völlige Zersplitterung", warnt er. Deshalb müsse die ÖVP gestärkt werden, so Platter.

Die anderen Listen sehen das naturgemäß anders und haben mit der Vielfalt weniger Probleme. Bürgermeisterin Oppitz-Plörer geht davon aus, dass es für die Regierungsbildung "mindestens drei Parteien brauchen wird, wahrscheinlich eher vier." Der grüne Bürgermeisterkandidat Georg Willi sagt: "Die Vielfalt in der Parteienlandschaft muss sich auch in der Koalition ausdrücken."

Spannung auch beim Rennen um den Bürgermeistersessel

Große Spannung verspricht auch die Wahl zum Bürgermeister. Eine Stichwahl am 6. Mai ist sehr wahrscheinlich. In der Stadtblatt-Umfrage liegen Bürgermeisterin Oppitz-Plörer und der grüne Ex-Nationalrat Willi gleichauf, FPÖ-Kandidat Federspiel knapp dahinter hat ebenfalls Chancen auf die Stichwahl.

Willi, langjähriger Klubobmann der Grünen im Tiroler Landtag, verkündete schon vor den Zerwürfnissen bei den Grünen seinen Abschied aus dem Nationalrat und setzte sich im Mai 2017 parteiintern in einer Kampfabstimmung als grüner Bürgermeisterkandidat durch.

Die 1994 von Herwig van Staa als ÖVP-Abspaltung gegründete Liste Für Innsbruck könnte nun nach dem Verlust von Platz eins vor sechs Jahren auch den Bürgermeistersessel wieder verlieren. Die 49-jährige Oppitz-Plörer knüpft einen Verbleib in der Politik aber nicht an das Bürgermeister-Amt. "In einer Stadt wie Innsbruck ein Ressort leiten zu dürfen, ist auch eine sehr schöne Aufgabe", sagt die 2012 erste direkt gewählte Bürgermeisterin Innsbrucks. Federspiel hofft, dass sie die Stichwahl verpasst, denn nur so sieht er Chancen auf den Bürgermeistersessel für die FPÖ. "Ich kenne viele in ÖVP-Kreisen, die sagen: ‚Den Willi wollen wir nicht haben.‘ Da setze ich schon auf alle Bürgerlichen. Denn dann müssen sie sich entscheiden", sagt Federspiel, der auf eine Stichwahl gegen Willi hofft.

Thema Wohnen dominierte den Wahlkampf

Inhaltlich prägten klassische kommunale Themen wie Wohnen, Verkehr und Sicherheit den Wahlkampf. Vor allem das Thema Wohnen ist drängend in Innsbruck. Bei den Mietpreisen auf dem freien Markt ist Innsbruck mit einem durchschnittlichen Preis von 16,53 Euro pro Quadratmeter laut der Immobilienplattform Willhaben der teuerste Bezirk außerhalb Wiens. Auf den freien Markt hat die Stadtpolitik aber kaum Einfluss. So will Für Innsbruck die Wartezeit auf eine städtische Wohnung auf maximal zwei Jahre begrenzen. Aktuell stehen 1900 Innsbrucker auf einer Warteliste für eine geförderte Wohnung. Die Grünen wollen 10.000 zusätzliche geförderte Wohnungen in den nächsten sieben Jahren. Die ÖVP will mittels der Widmungspolitik der Stadt vor allem Raum für gefördertes Eigentum schaffen und Leerstände mobilisieren.

Beim Thema Verkehr gab es in den vergangenen sechs Jahren mit der Verlängerung einer Straßenbahnlinie einen Meilenstein. Die Grünen wollen das Straßenbahnnetz weiter ausbauen, Für Innsbruck, die ÖVP und die FPÖ wollen das nicht. Ein neu eingeführtes Parkraumkonzept war im Wahlkampf ein Zankapfel.

Auf das Thema Sicherheit setzt vor allem die FPÖ. Auch dieses Thema wurde in den vergangenen Jahren mit dem Bettelverbot und dem Nächtigungsverbot kontrovers diskutiert. Die FPÖ möchte das Bettelverbot ausweiten, Bürgermeisterin Oppitz-Plörer und die ÖVP möchten die städtische Polizeiverstärkung. Die Grünen setzen auf Prävention und Mediation.