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Grüner Leuchtturm Innsbruck

Von Matthias Nagl

Politik

Innsbrucks neuer Bürgermeister Georg Willi gibt den angeschlagenen Grünen neue Hoffnung.


Innsbruck. Beim Neustartkongress in Linz mussten sich die Grünen am Samstag noch mit dem Üben eines Wahlerfolgsjubels zu Motivationszwecken begnügen. Am Sonntag durften sie dann wirklich jubeln. Georg Willi gewann in Innsbruck die Bürgermeisterstichwahl mit 52,9 zu 47,1 Prozent gegen die bisherige Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer von Für Innsbruck (FI).

Damit ist er Österreichs erster grüner Bürgermeister einer Landeshauptstadt. Eineinhalb Jahre nach Alexander Van der Bellen in der Bundespräsidentenwahl hat wieder ein Grüner eine Persönlichkeitswahl gewonnen. Dazwischen setzte es für die Grünen auf Bundes- und Länderebene ausnahmslos Wahlniederlagen, inklusive der Zäsur Nationalratswahl, die die Grünen ihre Zugehörigkeit zum Parlament kostete.

Kogler: Persönlichkeitswahl

Auch nach Willis Erfolg betonte Grünen-Chef Werner Kogler den Anteil des 59-jährigen Langzeitpolitikers Willi an seinem eigenen Wahlerfolg. Ein "herausragender Erfolg einer herausragenden Person" sei der Wahlsieg gewesen, und auch Willi selbst betonte, die Stichwahl sei "eher eine Persönlichkeitswahl" gewesen. Kogler betrachtet den Erfolg in Innsbruck als Handlungsanleitung für zukünftige grüne Wahlerfolge. "Willi hat den Beweis erbracht, wie es gehen kann", sagte Kogler am Sonntag.

"Das Persönlichkeitselement hat eine große Rolle gespielt", sagt auch der Politikwissenschafter Ferdinand Karlhofer von der Universität Innsbruck. Vor der Wahl warnten ÖVP und FPÖ in Innsbruck noch vor einem linken Bürgermeister, die bisherige grüne Vizebürgermeisterin Sonja Pitscheider, gegen die sich Willi in der grünen Vorwahl durchgesetzt hatte, warf dem nunmehrigen Wahlsieger im Wahlkampf dagegen rechtspopulistische Mechanismen vor. Weder die eine noch die andere Zuschreibung schadete Willi, der als Prototyp eines bürgerlichen Grünen gilt.

Viele EU-Bürger wahlberechtigt

Innsbruck war schon zuvor ein guter Boden für die Grünen, bei der Nationalratswahl 2013 war man stärkste Partei. Bei einer so geringen Wahlbeteiligung wie den 43,7 Prozent vom Sonntag können aber auch demografische Details über den Sieg entscheiden. So sind rund 16.000 Innsbrucker Studenten, fast 18.000 EU-Bürger mit Hauptwohnsitz in Innsbruck waren bei der Stichwahl wahlberechtigt. "Das spielt eine große Rolle, keine Frage. Innsbruck ist alles andere als eine Industriestadt. Studierende, die wahlberechtigt sind, wählen eher grün, und es gibt auch viele Zugewanderte, die hier ihren Job haben", sagt Karlhofer.

Am Tag nach der Wahl hob der künftige Bürgermeister auch den Anteil der Grünen am Wahlsieg hervor. Ohne sie wäre der Sieg nicht möglich gewesen, meinte er. "Der Erfolg strahlt auch über Innsbruck hinaus. Es ist auch für die Grünen wieder möglich, Wahlen zu gewinnen", ist Willi überzeugt. Auch Karlhofer schreibt dem Erfolg in Innsbruck für die Grünen in ganz Österreich eine "Leuchtturmfunktion" zu.

Willi schließt Parteifunktion aus

Willi will nun die schon bisher bestehende Vier-Parteien-Koalition aus Grünen, FI, ÖVP und SPÖ mit neuen Kräfteverhältnissen neu zusammensetzen. Die FPÖ will dagegen eine Koalition aus FI, FPÖ und ÖVP gegen Willi schmieden. Dass es tatsächlich so weit kommt, fürchtet Willi aber nicht. Auch Karlhofer sieht die Wahrscheinlichkeit dafür "gleich null". Der Politikwissenschafter kann sich vielmehr vorstellen, dass es zu einer Wiedervereinigung der ÖVP-Abspaltung FI mit ihrer Mutterpartei zur dann stärksten Fraktion im Gemeinderat kommen könnte.

Wie schon bei Bundespräsident Van der Bellen werden die Bundesgrünen auch auf ihren zweiten Wahlsieger in einer Persönlichkeitswahl weitgehend verzichten müssen. Er werde sich zwar auch auf Bundesebene einbringen, ein offizielles Parteiamt schloss Willi aber bereits aus.