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Die Klima-Allianz

Von Petra Tempfer

Politik

Umweltministerin Köstinger machte sich beim Klimagipfel "R20 Austrian World Summit" für einen CO2-Mindestpreis stark.


Wien. Der Regen prasselt außerhalb und innerhalb der Hofburg. Innerhalb freilich nur als Inszenierung, diese kommt der Realität allerdings sehr nahe: Auf einer gigantischen Leinwand und mit Lichteffekten gehen Unwetter im großen Festsaal nieder, die einen die Jacke enger knöpfen lassen. Dazu die Wiener Sängerknaben, auf der Leinwand in einem Boot gegen die Wellen anrudernd, im Festsaal auf dem roten Teppich - singend, naturgemäß.

Arnold Schwarzenegger weiß, wie man einen Klimagipfel in Szene setzt. Die Wiener Hofburg war am Dienstag Unwetterherd, Kinosaal und Bühne für den zweiten "R20 Austrian World Summit", das Gipfeltreffen für den Klimaschutz mit mehr als 1200 Teilnehmern aus 70 Nationen. Bei den 120 Rednern reihten sich internationale Gäste wie UN-Generalsekretär António Guterres oder Lars Løkke Rasmussen, Premierminister von Dänemark, in die österreichische Politiker-Riege, allen voran Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Bundeskanzler Sebastian Kurz.

Es gehe um das Schicksal der Erde, so der allgemeine Tenor. Und darum, schnell und gezielt zu handeln. Schon jetzt nehmen Unwetter aufgrund des Klimawandels zu, steigt der Meeresspiegel und sterben Millionen von Menschen durch die Luftverschmutzung - der Weltgesundheitsorganisation WHO zufolge rund sieben Millionen Menschen jährlich.

"Mehr, als durch Kriege getötet werden", sagt dazu Schwarzenegger, der gerade erst eine Herzoperation hatte. Und weiter: "Auch Sie, Präsident Trump, treten Sie uns bei." Damit spricht Schwarzenegger die Ankündigung der USA an, aus dem Pariser Klimaabkommen - wonach die globale Erwärmung bis 2100 unter zwei Grad Celsius gehalten werden muss - auszutreten und damit aus dem Grünen Klimafonds. Dieser ist eine Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen, die mit dem Ziel der Klimafinanzierung, etwa in Entwicklungsländern, gegründet worden ist.

Wirtschaftswachstum - aber nicht auf Kosten der Umwelt

Ganz zu Beginn schiebt sich noch - abgesprochen oder nicht - die Bewegung "Systeme Change, not Climate Change" vor dem ersten Redner Kurz vors Mikrofon, die in keinem der Programme zu finden ist. Fossile Energien würden noch immer mit Milliarden gefördert, so die Kritik. Von grünen Lügen ist die Rede. Kurz, endlich am Mikrofon, umschifft die Kritik: "Ich hab’ schon Angst gehabt, Sie lesen meine Rede vor und mir fehlt dann mein Manuskript."

Man müsse mit einem Missverständnis aufräumen, so Kurz schließlich, seinem Manuskript folgend. Es gehe nicht darum, sich entweder für die Wirtschaft oder für Nachhaltigkeit und den Umweltschutz zu entscheiden. Vielmehr brauche es eine starke Wirtschaft, "die die Errungenschaften des Sozialstaates weiter finanzierbar lässt - aber nicht auf Kosten der Umwelt".

Sowohl Kurz, Van der Bellen und danach noch einmal ausführlich Umweltministerin Elisabeth Köstinger machen sich daher für einen Kohlendioxid-Mindestpreis auf europäischer Ebene stark. Damit folgen sie dem Beispiel Frankreichs: Der französische Präsident Emmanuel Macron hat bereits im Herbst des Vorjahres eine Reform des europäischen Handels mit Kohlendioxid-Verschmutzungsrechten gefordert. Derzeit liegt der Preis an der Börse bei etwa sieben Euro pro Tonne Kohlendioxid (CO2). Macron sprach von einem Mindestpreis von 30 Euro, den beim Klimagipfel auch die französische Staatssekretärin für Ökologie, Brune Poirson, wieder ins Spiel bringt.

"Der CO2-Mindestpreis sollte einen Lenkungseffekt haben"

Köstinger möchte sich aktuell aber auf noch keinen Mindestpreis festlegen, dieser sei Gegenstand von Verhandlungen, nur soviel: "Er sollte einen Lenkungseffekt haben", sagt sie, also zum Brennstoffwechsel in der Stromerzeugung weg von der CO2-intensiven Kohle hin zu erneuerbaren Energieträgern bewegen. Der Emissionshandel (ETS), also der Handel mit Zertifikaten, die eine gewisse Menge CO2-Emissionen erlauben, soll dabei parallel dazu bestehen bleiben.

Strom - genau darauf möchte Köstinger fokussieren. Zählt doch die Stromerzeugung zu Europas größten CO2-Emittenten. In Österreich soll der Strom bis 2030 zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energieträgern kommen, im Moment sind es laut Köstinger 70 Prozent. Bis 2050 soll das Energiesystem dekarbonisiert sein.

EU-Ratspräsidentschaft ab Juli und UN-Klimakonferenz

Die Euphorie des Klimagipfels von Paris 2015 sei jedenfalls "teilweise etwas verflogen" - jetzt gehe es darum, dass jeder Vertragspartner die notwendigen Maßnahmen ergreife und finanziere, sagt Köstinger. Die nächsten wichtigen Termine in Sachen Klimaschutz sind Österreichs EU-Ratspräsidentschaft ab Juli und die UN-Klimakonferenz im Dezember in Kattowitz in Polen.

Vielleicht etwas leiser als die übrigen Redner, aber nicht weniger nachdrücklicher ergreift nach Präsidenten und Ministern Friedensnobelpreisträgerin Jane Goodall das Wort. Warum die intelligenteste Spezies gleichzeitig jene ist, die die Erde zerstört, wird sie gefragt. "Weil sie es zwar geschafft hat, sich mit der ganzen Welt zu verbinden, sie aber verlernt hat, mit dem Herzen zu denken."