Zum Hauptinhalt springen

Verein Gedenkdienst vor dem Aus?

Von Jan Michael Marchart

Politik
Das Innere der Gedenkstätte Yad Vashem.
© ullstein bild - Israelimages

Die Finanzierungist ist ebenso unsicher wie die neuerliche Anerkennung durch das Ministerium.


Wien. Ausgerechnet im Gedenkjahr folgt für den Verein Gedenkdienst auf ein Problem das nächste. Die Finanzierung von Gedenkdiensten ist ungewiss, nun auch die Anerkennung des Vereins. Das Sozialministerium verlangt die Offenlegung aller 500 Mitglieder des Vereins, der wehrt sich mit einem Gutachten. Das sei rechtswidrig, sagt die stellvertretende Vorsitzende des Vereins, Jutta Fuchshuber, und beruft sich auf den Datenschutz.

Bereits im vergangenen Jahr wollte zum ersten Mal ein Sachbearbeiter des Ministeriums Einblick in die Daten aller Mitglieder haben, die im Verein stimmberechtigt sind. Damals ging es um die Geldmittel für den aktuellen Jahrgang, aber die Offenlegung wurde verweigert, letztlich erhielt der Verein die Geldmittel trotzdem.

Heuer muss sich der Verein vom Ministerium neu anerkennen lassen, um weiterhin Freiwillige entsenden zu dürfen. Erneut fordert ein Sachbearbeiter die Offenlegung der Daten. "Dem werden wir nicht folgen", so Fuchshuber.

Das Ministerium fordere die Offenlegung mit dem Argument, dass nur wirtschaftlich stabile Vereine vom Staat gefördert werden, "was schwer nachvollziehbar ist, weil wir das seit 26 Jahren machen", so Fuchshuber. Zudem sei unklar, warum das Ressort dafür Mitgliedernamen brauche, der Verein gebe schließlich Finanzpläne und Rechnungsabschlüsse ab.

Die Freiwilligen, die der Verein ausgewählt hat, treten immer Mitte August ihren Dienst an. "Solange uns das Ministerium aber nicht anerkennt, können wir den neuen Jahrgang nicht rausschicken", sagt die stellvertretende Vereinsvorsitzende. Am Mittwoch findet zudem die traditionelle "Verabschiedung" des neuen Jahrgangs durch Bundespräsident Alexander Van der Bellen statt. Ob tatsächlich der ausgewählte Jahrgang des Vereins entsendet werden kann, wird sich weisen.

Finanzielle Lücken

Im Sozialressort heißt es schlicht, dass der Gedenkdienst "einen wichtigen Beitrag" leistet. Am Montag wird es das von der Regierung schon länger angekündigte Gespräch mit dem Verein geben, berichtet das Ö1-Radio. Dazu kam es aber erst, als Gedenkdiener Kanzler Sebastian Kurz in Yad Vashem in Israel aus Protest ein gemeinsames Foto verweigerten. Sie wollten nicht "als außenpolitisches Instrument eingesetzt werden, während man das Projekt Gedenkdienst aushungern lässt",

Der Wirbel um den Gedenkdienst an Holocaust-Gedenkstätten geht weiter. Der Verein Gedenkdienst kämpft nämlich auch mit Geldnöten. So sehr, dass er ankündigte, im nächsten Jahr erstmals seit der Gründung 1992 keine Gedenkdiener zu entsenden. Grund dafür ist die nicht ausreichende
Finanzierung durch das Sozialministerium. Oft müssen Zivildiener selbst dazuzahlen. Im Nationalrat wurde zwar im Vorjahr die Förderung von 720.000 Euro auf 1,2 Millionen Euro aufgestockt. Aber nur, damit mehr Gedenkdiener aufgenommen werden. Für den Einzelnen bleiben von 720 Euro Förderungen abzüglich Versicherungskosten etwa 521 Euro übrig, wovon die Verpflegung sowie die An- und Abreise bezahlt werden müssen.

Zuletzt hat der Verein Gedenkdienst sein Ende angekündigt, sollte sich nichts ändern. Bisher hat die Sozialministerin Beate Hartinger-Klein die Mittel nicht an die einzelnen Freiwilligen weitergegeben.

Trotz allem machen derzeit etwa 60 junge Menschen einen Gedenkdienst. Dieser ist wie der Zivildienst ein Wehrersatzdienst und kann zwölf Monate an Holocaust-Gedenkstätten, Forschungszentren, Museen und Altenheim, etwa in New York, Israel, Auschwitz oder in London geleistet werden. Derzeit sind 20 Freiwillige über den Verein Gedenkdienst und 22 über den Verein Österreichischer Auslandsdienst im Einsatz. Letzterer gibt an, nicht von den Problemen des Vereins Gedenkdienst betroffen zu sein und seine Planung bis 2023 gesichert zu haben.