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Südsudans brüchiger Friede

Von Klaus Huhold

Politik

Auch nach Ende des Bürgerkriegs ist die Situation angespannt, und es herrscht große Not.


Juba/Wien. Unter Journalisten aus der Region kursiert eine Anekdote: Demnach waren die beiden Kontrahenten im Südsudan, Präsident Salva Kiir und der Rebellenführer Riek Machar, beim sudanesischen Präsidenten Omar al Bashir zu Gast, um zu verhandeln. Zu diesem Anlass wurde ein Essen gereicht: Kiir weigerte sich aber, etwas zu sich zu nehmen. Er wolle nicht mit Machar gemeinsam an einem Tisch speisen, meinte er.

Inwieweit diese Anekdote stimmt, kann nicht festgestellt werden. Unbestritten ist aber, dass Kiir und Machar eine tiefe persönliche Abneigung gegeneinander hegen. Diese Rivalität hat den Konflikt im Südsudan befeuert. Machar war zunächst Vizepräsident. Nachdem er sich mit Kiir überworfen hatte, wurde er 2013 zum Rebellenführer und ein Bürgerkrieg nahm seinen Lauf. Damit kam auch ein schon lange schwellender ethnischer Konflikt zum Ausbruch, den die beiden Rivalen instrumentalisiert haben. Kiir ist Dinka, Machar ist Nuer, das sind die beiden größten Ethnien des Landes.

Ganze Kleinstädte und Dörfer wurden niedergebrannt, Ernten vernichtet. Sowohl Soldaten der Armee als auch Kämpfer der Rebellengruppen begingen Vergewaltigungen und töteten willkürlich Zivilisten. Zehntausende Menschen starben, rund vier Millionen wurden vertrieben, und damit ein Drittel der Bevölkerung.

Ende vergangen Jahres wurde ein Friedensabkommen unterzeichnet, Machar soll nun wieder Vizepräsident werden. "Seitdem haben die Auseinandersetzungen zwischen den Bürgerkriegsparteien nachgelassen", berichtet Francois Stamm vom Internationalen Komitee des Roten Kreuzes, der ein Jahr den Einsatz in dem afrikanischen Land geleitet hat und soeben von seiner Mission zurückgekehrt ist.

"Dafür beobachten wir nun verstärkt andere Formen der Gewalt." Etwa den Rinderdiebstahl, den es im Südsudan zwar immer schon gegeben hat, der nun aber immer mehr Todesopfer fordert, weil durch den Krieg so viele Waffen im Umlauf sind. Zudem besteht die Gefahr, dass nun lokale Milizen erstarken. Brüchig bleibt auch das Abkommen zwischen Kiir und Machar. Die beiden haben sich in der Vergangenheit als unverlässlich erwiesen und immer wieder Friedensvereinbarungen gebrochen.

Schon lange einverwüsteter Teil Afrikas

Das bringt Hilfsorganisationen in die schwierige Lage, dass sie nicht wissen, wie es weitergeht. Das Rote Kreuz reagiert darauf, indem es zweigleisig fährt. Einerseits verteilt es Saatgut, damit die Südsudanesen wieder ernten können, und baut Gesundheitszentren auf, setzt also auf langfristige Hilfskationen. "Andererseits sind wir darauf vorbereitet, sofort wieder auf eine Notfallsituation zu reagieren und, wenn notwendig, unsere Kapazitäten zu erhöhen", sagt Stamm der "Wiener Zeitung" bei einem Österreich-Besuch.

Generell ist die Situation im Südsudan "noch immer sehr schlimm", berichtet Stamm, der bereits rund 30 Jahre im Dienst des Roten Kreuzes steht. "Die Entwicklung dieses Landes ist immer vollkommen vernachlässigt worden." Es fehle daher an allem: an Schulen, Krankenhäusern, der grundlegenden Infrastruktur. Der Mangel an Straßen und der Krieg brachten es etwa mit sich, dass das Rote Kreuz viele Lebensmittellieferungen aus der Luft abwerfen musste. "Über die Straße oder am Wasser können wir aber viel mehr transportieren", betont Stamm.

Der Südsudan ist schon lange ein verwüsteter Teil Afrikas. Jahrzehntelang kämpfte er um seine Unabhängigkeit vom Sudan. Als er diese dann im Jahr 2011 erhielt, wurden die einstigen Unabhängigkeitskämpfer zu Politikern - und versagten vollkommen in ihrer Verantwortung für ihre Bürger. Sie kauften Waffen und bekriegten einander, überließen die notleidende Bevölkerung der UNO und Hilfsorganisationen.

"Wir können aber nicht für immer dort bleiben", betont Stamm. Er rechnet damit, dass westliche Regierungen Druck auf die südsudanesische Regierung ausüben werden, damit der Staat seine Aufgaben übernimmt. Allerdings räumt Stamm ein, dass dafür noch genügend ausgebildetes Personal fehle.

Aufgrund seiner Geographie und seiner Ressourcen hätte der Südsudan gar keine so schlechten Voraussetzungen, sagt Stamm. Es gebe viel Grün, viel fruchtbares Land, viel Wasser, außerdem besitzt das Land Öl. "Der Südsudan könnte leicht sich selbst ernähren", betont er. Damit es einmal so weit kommt, brauche es aber vor allem eines: "Frieden."