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Gegenwind für den "Brandstifter"

Von WZ-Korrespondent Tobias Käufer

Politik

In Bolivien stehen am Sonntag Präsidentschaftswahlen an. Favorit ist einmal mehr Evo Morales. Doch diesmal überschattet seine fehlende Umweltpolitik die Kandidatur des ersten indigenen Präsidenten des Landes.


Vielleicht rettet ja der weiße Kastenwagen das ruinierte Image des Präsidenten: Vor ein paar Tagen stellte Evo Morales das erste in Bolivien hergestellte Elektro-Auto der Öffentlichkeit vor. Das in Gewerbegebiet Llajta bei Cochabamba produzierte Auto soll Bolivien ins neue Zeitalter der Autoherstellung einreihen. Das südamerikanische Land hat vor allem einen Vorteil: Es sitzt auf großen Vorkommen von Lithium, das zur Herstellung von Batterien notwendig ist. Linkspopulist Morales spielte im Wahlkampf eine ähnliche nationalistische Karte wie Donald Trump in den USA: Bolivianer sollten künftig Produkte bevorzugen, die auch in Bolivien produziert werden. Allerdings gibt es im Land Streit um die Fairness der Lithium-Verträge mit deutschen und chinesischen Partnern.

Das bolivianische Elektro-Auto kommt gerade noch rechtzeitig vor den Wahlen am Sonntag, um den arg ramponierten Ruf des selbst ernannten Beschützers von Mutter Erde zu schützen. Am Mittwoch traf ein indigener Protestmarsch in Santa Cruz ein. Aufgebrochen waren die Demonstranten vor Wochen in San Ignacio de Velasco. Die Ureinwohner werfen Morales Doppelmoral bei der Umweltpolitik vor. Denn vor Monaten hatte der seit 2005 regierende Präsident ein Dekret erlassen, dass Landgewinnung durch Brandrodung ausdrücklich erlaubt. Anschließend brachen - ähnlich wie in Brasilien - tausende Feuer aus, am Ende wurden vier Millionen Hektar Wald und Weideland vernichtet. Mehr als zwei Millionen Tiere sollen in der Feuersbrunst umgekommen sein, berichten lokale Umweltschützer.

Besonders betroffen war die Region Chiquitania, aus der sich die Indigenen auf den Weg in Richtung Santa Cruz machten. "Brandstifter!", riefen sie, als sie am Mittwoch von tausenden Menschen auf dem Marktplatz in Santa Cruz empfangen wurden. Sie fordern, dass ihre Region als "Katastrophen-Gebiet" qualifiziert wird.

Für Morales, den ersten indigenen Präsidenten Boliviens, ist das eine gefährliche Entwicklung.

Dieser indigene Aufstand ist nicht der erste. Es gibt seit Jahren indigene Proteste gegen Autobahnen und andere Infrastruktur-Projekte, die der Wirtschaft helfen, aber die indigene Kultur und dem Klimaschutz entgegenstehen.

Morales selbst sieht das alles ganz anders. Er fürchtet eine Rückkehr in neoliberale Zeiten, wenn die Opposition gewinnt. Diese würde Bolivien den USA unterwerfen, meint Morales.

Dafür fährt Morales seit Jahren den Kurs einer sozialistischen Wirtschaftspolitik - und Bolivien macht im Gegensatz zu anderen heruntergewirtschafteten Sozialismus-Projekten in Lateinamerika stabile Fortschritte.

Einmal geht es noch?

Morales erneute Kandidatur ist hoch umstritten, denn von der Verfassung nicht erlaubt. Um das zu umgehen, rief Morales Partei MAS vor drei Jahren zu den Urnen. Beim Verfassungsreferendum sprach sich eine knappe Mehrheit der Bevölkerung gegen eine Aufhebung der Amtszeitbegrenzung aus. Damit wäre Morales politische Karriere eigentlich in diesem Jahr zu Ende gegangen, doch der Präsident setzte seine Kandidatur auf juristischem Wege durch. Die Folge: Nach seinen strahlenden Wahlsieg 2009 und 2014 muss Morales diesmal um einen Erfolg zittern. Umfragen schließen eine Stichwahl gegen den konservativen Herausforderer Carlos Mesa nicht aus.