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Trumps Politik verunsichert Südostasein

Von Klaus Huhold

Politik

Die Staatengemeinschaft Asean sieht sich von China bedrängt. Sie weiß aber auch nicht, wie sehr sie sich noch auf die USA verlassen kann.


Die Abwesenheitsliste ist von großer Bedeutung. Wenn am Donnerstag in Thailands Hauptstadt Bangkok der Gipfel der Südostasiatischen Staatengemeinschaft (Asean) beginnt, dann werden zwei prominente Politiker, die eingeladen waren, dort nicht anwesend sein: US-Präsident Donald Trump und sein Außenminister und Chefdiplomat Mike Pompeo. Die USA entsenden ihren Nationalen Sicherheitsberater Robert O’Brien und Handelsminister Wilbur Ross.

Dass die USA lediglich ihre Ersatzbank zu dem Treffen schicken, wird von den zehn Asean-Staaten - das sind Thailand, Vietnam, Indonesien, die Philippinen, Malaysia, Myanmar, Singapur, Brunei, Laos und Kambodscha - sehr aufmerksam wahrgenommen. "Aus ihrer Sicht zeigt das die verringerte Wertigkeit, die sie unter Trump für die USA einnehmen", sagt Alfred Gerstl, ein Experte für die Region, der am Institut für Asienwissenschaften an der Palacky Universität im tschechischen Olmütz forscht, der "Wiener Zeitung".

China gibt Zuckerbrotund Peitsche

Mehr diplomatische Wertschätzung als die USA bringt derzeit China Asean entgegen. Aus der Volksrepublik wird mit Premier Li Keqiang ein politisches Schwergewicht in Bangkok erwartet. Und bereits am Dienstag hat Chinas Außenminister Wang Yi die zehn Botschafter der Asean-Staaten in Peking empfangen.

Allerdings: China gibt den Asean-Mitgliedern Zuckerbrot und Peitsche. Einerseits umgarnt es sie durch wirtschaftliche Kooperationen, bietet im Rahmen der "Neuen Seidenstraße" den gemeinsamen Ausbau von Häfen, Straßen und anderen Infrastrukturprojekten an. Andererseits vergibt China auch die Kredite zu diesen Projekten und schafft so mit wirtschaftlichen auch politische Abhängigkeiten.

Vor allem aber sehen sich einzelne Asean-Länder wie die Philippinen, Vietnam oder Malaysia von der Volksrepublik im Südchinesischen Meer bedrängt. China erhebt hier gegen die anderen Anrainerstaaten Territorialansprüche. Und auch wenn das Ständige Schiedsgericht in Den Haag Pekings Ansprüche gegen die Philippinen bereits zurückgewiesen hat, lässt China seine Muskeln spielen. Die Volksrepublik schüttet Inseln zu militärischen Zwecken auf, hat in der Region bereits Raketen stationiert. Zudem hindert China andere Staaten bei der Suche nach Öl und Gas in dem Gewässer.

Das Südchinesische Meer ist zu einem Symbol geworden, wie weit China auf Kosten anderer Staaten - und auch des internationalen Rechts - seine Interessen durchsetzt. Und das ist einer der wichtigsten Gründe, warum das Verhalten der USA die Asean-Staaten verunsichert.

Die Politik Trumps beunruhigt Südostasien

Die USA zeigen zwar eine stärkere militärische Präsenz im Südchinesischen Meer und haben unter Trump schon mehr sogenannte "Operationen zur Sicherung der freien Schifffahrt" durchgeführt als unter der gesamten Amtszeit Obamas. Allerdings wüssten die Länder in der Region laut Gerstl nicht mehr, ob sie sich im Einzelfall auf die USA verlassen können.

So gibt es zwar einen Verteidigungspakt zwischen den Philippinen und den USA. "Doch unter Trump können sich die Philippinen nicht sicher sein, ob die USA ihre Verpflichtungen auch einhalten", sagt Gerstl. "Aus den USA kommen dazu auch unterschiedliche Signale."

Die Asean-Staaten beobachten genau das sprunghafte, erratische Verhalten von Trump. Wenn dieser, wie in Nordsyrien geschehen, plötzlich von einen Tag auf den anderen die US-Truppen abzieht und so mit den syrischen Kurden einem langjährigen Verbündeten in den Rücken fällt, mag sich das zwar in einer anderen Weltregion abspielen. Doch es sorgt auch in Südostasien für Irritationen.

Gerstl hat in diesem Zusammenhang genau die Aussagen von Mahathir bin Mohamad, den 94-jährigen Premier Malaysias, analysiert. Mahathir "kritisiert Trump vehement dafür, dass dieser nicht Wort hält und man nicht weiß, woran man bei ihm ist".

Nicht nur deshalb drohen die USA an Einfluss in der Region zu verlieren. Sie verlieren auch wirtschaftlich an Boden. So hat Trump die Trans Pacific Partnership (TPP) aufgegeben. Das Handelsabkommen mit Staaten aus der Region unter Ausschluss Chinas war von Obama noch als entscheidender Baustein für einen größeren Handlungsspielraum der Vereinigten Staaten in einer der strategisch wichtigsten Regionen der Welt gesehen worden.

Damit blüht den Asean-Ländern eine größere Abhängigkeit von China. Genau das wollen sie aber vermeiden, was wiederum eine Chance für andere Staaten darstellt. "Wenn es die Asean-Staaten so wahrnehmen, dass sich die USA zurückziehen, dann versuchen die südostasiatischen Regierungen Japan, Indien, Australien oder auch die EU stärker in die Region einzubinden", sagt Gerstl.