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Das Impeachment, die Opferrolle und die Mobilisierung der Basis

Von Konstanze Walther

Politik

Experte: US-Wähler haben eine starke Bindung zu den Parteien und wollen sich nicht verändern.


Es ist ein historischer Moment: Am Mittwoch wurde zum erst dritten Mal in der Geschichte ein Amtsenthebungsverfahren gegen einen US-Präsidenten eingeleitet. Im US-Repräsentantenhaus hat die entscheidende Sitzung dafür begonnen. Die Vorwürfe: Amtsmissbrauch und Behinderung der Justiz im Zuge der Ukraine-Affäre. Mit dem Votum im Repräsentantenhaus ist das Impeachment formell eröffnet.

Damit ist der Ball im Senat. Dort wird das Verfahren im Jänner die Züge eines Gerichtsprozesses erhalten, ein Richter wird den Vorsitz führen. Die Senatoren müssen schließlich über die Amtsenthebung entscheiden. Um Donald Trump aus dem Amt zu bekommen, braucht es eine Zwei-Drittel-Mehrheit, die im republikanisch dominierten Senat als höchst unwahrscheinlich gilt. Der Weg dorthin war und ist vor allem ein Schaulaufen der Demokraten, um moderate Konservative und Nichtwähler zu mobilisieren.

Donald Trump ist 2016 mit 46,4 Prozent der Stimmen zum US-Präsidenten gewählt worden, seine Gegnerin Hillary Clinton verlor trotz einem eigentlichen Mehr an Stimmen - 48,5 Prozent. Die restlichen Stimmen verteilten sich auf zwei unabhängige Kandidaten. Der Unterschied zwischen Gewinner Trump und Verlierer Clinton machte die Gewichtung der einzelnen Bundesstaaten aus.

Laut einer aktuellen Umfrage von Foxnews wollen 54 Prozent der registrierten Wähler, dass gegen Trump ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet wird, und 50 Prozent wollen, dass er auch des Amtes enthoben wird. 41 Prozent sprechen sich gegen ein Amtsenthebungsverfahren aus.

Umfragewerte bleiben stabil

In einer aktuellen CNN-Umfrage, die ein Sample aus der gesamten US-amerikanischen Bevölkerung über 18 verwendet (nicht nur jene, die als Wähler registriert sind), sprechen sich sogar nur 45 Prozent dafür aus, dass Trump des Amtes enthoben wird.

Diese Umfragedaten blieben in den vergangenen Monaten ungefähr gleich. Frank Newport, Chefredakteur des US-amerikanischen Umfrageinstituts Gallup, glaubt nicht, dass sich die Zahlen für oder gegen ein Amtsenthebungsverfahren noch verändern werden - auch, wenn es jetzt zur Anhörung im Senat kommen wird.

"Die öffentliche Meinung zu Trump und dem Impeachment war Woche für Woche, Monat für Monat ziemlich gleichbleibend", erklärt Newport gegenüber der "Wiener Zeitung". Und das, obwohl es doch immer wieder neue Enthüllungen zu den Telefonaten mit dem ukrainischen Präsidenten gegeben hat: "Viele Wähler sind in ihrer Meinung festgesetzt, weil sie starke emotionale Bindungen zu einer der beiden großen politischen Parteien haben und sich deswegen nur schwer verändern", meint Newport.

Daran werde sich auch mit der Senatsanhörung nichts ändern, es werde keine neue Taktik dazukommen: "Die Republikaner und Trump glauben offenbar, dass ihre Strategie die beste Art ist, den Prozess der Amtsenthebung zu begleiten." Die Republikaner seien nicht daran interessiert, die Meinung der Bürger zu ändern. Vielmehr gehe es der Partei darum, die republikanische Basis, die von vornherein gegen das Impeachment war, "zu beruhigen und zu motivieren", sagt Newton.

Mobilisierung sieht dann unter anderem so aus: US-Präsident Trump hat am Mittwoch, kurz bevor die Debatte im Repräsentantenhaus begonnen hat, seine Anhänger zum Gebet aufgerufen. Er sieht sich in der Opferrolle.

Trump: Demokraten erklären der Demokratie den Krieg

Trump veröffentlichte auch einen wutschnaubenden Brief an die demokratische Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi. Er warf ihr den Bruch von Amtseiden und die Missachtung der Verfassung vor und behauptete sogar, dass Pelosi der "amerikanischen Demokratie den Krieg" erkläre. Trump behauptete zudem, dass in dem (von der Verfassung genormten Prozess der Amtsenthebung) "grundlegendste Verfahrensrechte verwehrt" wurden. "Den Beschuldigten bei den Hexenprozessen von Salem wurde ein faireres Verfahren gewährt. (. . .) Dies ist nichts anderes als ein illegaler, parteiischer Umsturzversuch, der (. . .) grandios an der Wahlkabine scheitern wird (. . .)".

Vor Donald Trump ist nur gegen Bill Clinton in den 1990er Jahren und Andrew Johnson im 19. Jahrhundert ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet worden. Richard Nixon trat zurück, bevor der Prozess starten konnte.

Nun ist Trump an der Reihe. Nach dem Votum am Mittwoch steht das eigentliche Verfahren an: Das wird sich voraussichtlich ab Jänner in der zweiten Kammer des Kongresses - dem US-Senat - abspielen. Der Senat nimmt dann die Rolle eines Gerichts ein. Im Senat haben Trumps Republikaner die Mehrheit. Dass Trump also des Amtes enthoben wird, gilt als unwahrscheinlich.