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Trump macht die Grenze dicht

Von Klaus Huhold

Politik
Donald Trump präsentierte sich nun als oberster Krisenmanager.
© reuters/Mills

Der US-Präsident hat das Coronavirus lange heruntergespielt. Nun geht er in die Offensive und setzt eine drastische Maßnahme: Europäer dürfen 30 Tage lang nicht einreisen. Die EU ist verärgert.


Selbst seine Rede zur Corona-Epidemie machte Donald Trump zu einer typischen Trump-Rede. Als sich nämlich der US-Präsident am Mittwoch zu abendlicher Stunde an die Nation wandte, sprach er nicht nur über die Maßnahmen, die die USA ergreifen wollen, um das Virus zu bekämpfen. Sondern er stopfte auch diese Rede voll mit Superlativen und Lob an die Nation - was bei ihm immer auch ein Selbstlob ist.

So könne kein Land mit einer derartigen Widerstandskraft dieser Krise gegenübertreten wie die USA. Denn: "Wir haben die beste Wirtschaft, das am besten entwickelte Gesundheitssystem und die talentiertesten Ärzte." Und er vergaß dabei auch nicht einzustreuen, dass die Wirtschaft "aufgrund der Maßnahmen in den letzten drei Jahren", also während seiner Amtszeit, so gut laufe. Was er nun veranlasse, seien "die aggressivsten und umfassendsten Anstrengungen, die gegen ein fremdartiges Virus in der amerikanischen Geschichte jemals unternommen wurden". Zuvor hatte er bereits erwähnt, dass die Epidemie in China ihren Ausgang genommen hatte.

Scharfe Kritik an der EU

Von den verkündigten Maßnahmen fand großen Widerhall in Europa, weil sie den Kontinent massiv trifft und in ihrem gewaltigen Ausmaß überraschend kam: Die USA verhängen von Freitag an ein Einreiseverbot für Reisende aus dem EU-Schengenraum. Die Regelung soll 30 Tage lang gelten. Davon ausgenommen ist Großbritannien, obwohl dort inzwischen bereits an die 600 Infektionen gezählt wurden. Trump nannte dafür keinen Grund. Auch US-Bürger und Bürger mit einer Aufenthaltsbewilligung für die USA dürfen weiter einreisen - müssen sich aber Untersuchungen unterziehen.

Trump begründete den Schritt mit dem seiner Ansicht nach schlechten europäischen Krisenmanagement: "Die EU hat dabei versagt, die selben Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen und Reisebeschränkungen für China und andere Schwerpunkte der Seuche zu erlassen", sagte er. "In der Folge sind viele Ansteckungsherde in den USA durch Reisende aus Europa entstanden." Bereits vergangenen Monat hatten die USA Reisebeschränkungen für China erlassen.

Die EU war verärgert: Ratspräsident Charles Michel und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kritisierten den einseitigen Beschluss, der ohne Rücksprache getroffen worden sei. "Der Coronavirus ist eine globale Krise, die nicht auf einen Kontinent beschränkt ist. Dies erfordert Kooperation und keine einseitigen Handlungen", stellten Michel und von der Leyen fest.

Trump hat damit eine Kehrtwende vollzogen: Lange Zeit hatte er die Coronakrise heruntergespielt. Es gebe kaum Infizierte, man habe alles unter Kontrolle, verkündete er noch vor zwei Wochen. Und erst kürzlich kritisierte er die Medien, dass sie nicht über die tausenden Grippetoten imvergangenen Jahr berichtet hätten, aber nun wegen den paar Corona-Todesfällen riesige Artikel erscheinen würden. Selbst ihm sonst freundlich gesinnte Kommentatoren kritisierten daraufhin, dass Trump den Eindruck erwecke, die Gefahr für das Leben von US-Bürgern nicht ernst zu nehmen. Mittlerweile sind etwa 40 US-Bürger an Covid-19 gestorben und rund 1300 haben sich infiziert.

Steuerliche Maßnahmen

Nun hat der Präsident aber eine Kehrtwende vollzogen: Mit seiner Rede an die Nation und den Einreisestopps für Europäer geht er in die Offensive und präsentiert sich als oberster Krisenmanager. Und er versucht, auch das in typisch Trump’scher Manier, das Narrativ durch Vorwürfe gegen andere zu verändern: Nicht er hat lasch reagiert, nein, die Europäer haben versagt.

Diese Strategie wählt Trump wohl auch wegen der im Herbst dieses Jahres anstehenden Präsidentschaftswahlen. Das Coronavirus könnte ihm nämlich gefährlich werden. Das auch und vor allem wegen der wirtschaftlichen Folgen. Dass die Kurse an der Wall Street diese Woche in den Keller purzelten, war unangenehm für Trump - weil er die starke Wirtschaft und die brummenden Aktienmärkte immer wieder als Argument für seine Wiederwahl nannte.

Deshalb wunderte es nicht, dass Trump neben Unterstützung für den medizischen Sektor vor allem wirtschaftliche Maßnahmen ankündigte: Um für zusätzliche Liquidität zu sorgen, sollen die Fristen für die Steuerzahlungen bestimmter Unternehmen und Gruppen von Bürgern verlängert werden. Ferner appellierte Trump an den US-Kongress, möglicht bald Kürzungen der Einkommensteuer zu beschließen. Zudem verkündete er nach seiner Rede über Twitter, dass von der Grenzschließung keine europäischen Waren betroffen seien.

Allerdings könnte Trump mit seiner Rede mit Blick auf die Wirtschaft genau den gegenteiligen Effekt als den gewünschten erzielt haben. Er sendete nämlich die Botschaft, die er so lange vermeiden wollte: Es herrscht Krise.