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Bitterarmer Jemen wird zum Spielball der US-Außenpolitik

Politik

US-Regierung will Houthi-Rebellen auf Terrorliste setzen - humanitäre Folgen wären fatal.


Kurz vor seinem Abgang am 20. Jänner macht US-Präsident Donald Trump den bettelarmen Jemen zum Spielball seiner Außenpolitik. Laut Außenminister Mike Pompeo will die scheidende Administration die Houthi-Rebellen, die einen Großteil des Landes kontrollieren, als Terrororganisation einstufen.

Die schiitischen Kämpfer sollen unter anderem für grenzüberschreitende terroristische Aktivitäten zur Rechenschaft gezogen werden. Der Schritt würde die Bemühungen um einen friedlichen, souveränen und geeinten Jemen stärken, heißt es in Washington. Pompeo selbst bezeichnet die Rebellen als eine "tödliche, vom Iran unterstützte Miliz".

Im Jemen herrscht ein blutiger Bürgerkrieg. Die Houthi kontrollieren mit dem gebirgigen Westen auch die Hauptstadt Sanaa und kämpfen gegen die Truppen der international anerkannten Regierung, die unter anderem vom Nachbarland Saudi-Arabien militärisch unterstützt wird.

Das Land am südlichen Rand der Arabischen Halbinsel ist seit jeher eines der ärmsten der Welt. Der Bürgerkrieg hat das Leid der Menschen nochmals deutlich vergrößert. 24 Millionen Menschen - rund 80 Prozent der Bevölkerung - sind nach UN-Angaben auf Hilfe angewiesen. 128.000 Menschen wurden im Krieg bereits getötet, 131.000 sind wegen Mangels an Lebensmitteln oder Medikamenten gestorben.

Hungersnot droht

Die Vereinten Nationen und humanitäre Helfer schlagen wegen der amerikanischen Pläne Alarm. Sollten die Houthi auf der US-Terrorliste landen, würde die Arbeit von Organisationen wie dem Welternährungsprogramm, Care, Oxfam oder dem UN-Flüchtlingshilfswerk dort schwierig bis unmöglich, heißt es.

"Ich könnte für schlichte humanitäre Hilfe kriminalisiert oder strafrechtlich verfolgt werden", sagte Sultana Begum, die für die Norwegische Flüchtlingshilfe (NRC) in Sanaa arbeitet, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. "Humanitäre Arbeit im Jemen könnte faktisch illegal werden." NRC und andere Organisationen müssen mit den Houthi verhandeln, um etwa Lebensmittel, Wasser oder Medizin ins Land bringen und um sich dort sicher bewegen zu können.

Auch der Strom von Geld, Benzin und Nahrung aus dem Ausland - der Jemen importiert 90 Prozent seiner Lebensmittel - könnte versiegen; eine Hungersnot wäre die Folge. Händler, Banken, Lieferanten und Versicherungen könnten ihre Geschäfte aus Sorge vor US-Sanktionen einstellen. Auch die für viele überlebenswichtigen Überweisungen von Verwandten, die als Arbeitsmigranten etwa in Saudi-Arabien leben, würden gekappt. Andere Staaten könnten ihre Hilfszahlungen ebenfalls aussetzen.

Es steht zu befürchten, dass Trump das alles wenig kümmert. Die USA sehen die Houthi als Handlanger des Iran, der nach US-Überzeugung mit einer Politik des "maximalen Drucks" in die Schranken gewiesen werden muss. Nach dem indirekten Eingeständnis seiner Wahlniederlage könnte Trump den Griff zur Terrorliste nutzen, um ein letztes Mal stark zu erscheinen. Und es wäre eine Art Abschiedsgeschenk an das verbündete Saudi-Arabien, das den Iran als Erzfeind betrachtet und das im Jemen gegen die Houthi kämpft.

Beispiel Somalia

Immerhin könnte die Terror-Einstufung dazu führen, dass das Vermögen der Houthi eingefroren und einige der Einnahmequellen für den brutalen Krieg ausgetrocknet werden. Der Konflikt würde dadurch aber nicht rasch beendet, sondern nur verlängert, schreiben die Analysten der International Crisis Group.

Die Situation erinnert an die Lage in Somalia 2008, als die USA die Al-Shabaab-Miliz als Terrororganisation einstuften. Aus Sorge vor US-Sanktionen nahmen Hilfsorganisationen damals von bestimmten Gebern kein Geld mehr an; die Hilfe wurde beträchtlich eingeschränkt. In der Folge kam es zu einer Hungersnot im Land: Zwischen den Jahren 2010 und 2012 fanden mehr als 250.000 Menschen den Tod.(red)