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Mit aller Gewalt gegen Myanmars Demokraten

Von Klaus Huhold

Politik

Die Junta will mit erneuter Haftstrafe Oppositionsikone Aung San Suu Kyi brechen. Doch der Widerstand lebt.


Es ist eine außergewöhnliche Auktion, die sich Myanmars Demokratieaktivisten ausgedacht haben. In ihrem Kampf gegen die herrschende Militärjunta bieten sie nun 40 Immobilien, die Militärs gehören, über das Internet zum Verkauf an. Beziehen kann man die teilweise äußerst luxuriösen Anwesen aber erst, wenn die Junta gestürzt ist. Trotzdem fanden sich bereits Interessenten, denn die erlösten Gelder sollen dazu beitragen, den Widerstand gegen das Militärregime zu finanzieren.

Seit dem Putsch im Februar vergangenen Jahres herrschen in Myanmar die Generäle. Die Gegner der Diktatur machen mit ihrer Auktion einmal mehr deutlich, dass sie die Armee stürzen wollen. Darüber hinaus weisen sie auf die Korruption der Generäle hin: Denn viele der nun zur Versteigerung angebotenen Immobilen hat die Armee einfach in Willkürakten konfisziert.

In diesem Zusammenhang ist es umso beachtlicher, dass ausgerechnet die Militärs, die sich seit Jahrzehnten bereichern, ihren Gegnern nun Korruption vorwerfen. So hat ein Gericht am Mittwoch die Anführerin der Nationalen Liga für Demokratie (NLD), Aung San Suu Kyi, zu fünf Jahren Haft verurteilt. Sie soll Gold und 600.000 US-Dollar Bestechungsgeld von einem Politiker angenommen haben. Das Verfahren fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt und gilt als vollkommen konstruiert. Die 76-jährige Friedensnobelpreisträgerin ist schon zuvor wegen anderer angeblicher Delikte, darunter dem illegalen Besitz von Funkgeräten, zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden.

Klare Wahlsiegerin

Suu Kyi wird an einem unbekannten Ort festgehalten. Unklar ist, ob sie die Generäle zukünftig unter Hausarrest stellen oder in ein Gefängnis werfen. Klar ist aber, was die Militärs mit ihrem Vorgehen erreichen wollen: Sie wollen ihre gefährlichste Gegnerin zum Verschwinden bringen.

Die Tochter des Unabhängigkeitshelden Aung San ist nämlich die weitaus beliebteste Politikerin in dem südostasiatischen Land. Das zeigte sich, als das Militär, das zuvor schon jahrzehntelang geherrscht hatte, um das Jahr 2010 herum eine vorsichtige demokratische Öffnung wagte. Die anschließenden Wahlen gewann die NLD mit ihrer Frontfrau Suu Kyi mit überwältigenden Mehrheiten. Nach dem letzen Urnengang im November 2020 sprach die Armee plötzlich von Wahlbetrug, ohne dafür Beweise vorzulegen. Kurz darauf putschen die Generäle und machten die Demokratisierung rückgängig.

Seitdem ist die Junta mit starkem Gegenwind konfrontiert: Weiterhin gibt es Demonstrationen, immer wieder streiken Beamte und es hat sich ein bewaffneter Widerstand gebildet, der sich mit ethnischen Rebellen verbündet hat und Sabotageakte durchführt. Koordiniert wird der Aufstand von der "Regierung der nationalen Einheit", einer demokratischen Parallelregierung, die sich auf Grundlage des letzten Wahlergebnisses gebildet hat.

Die Armee reagiert darauf in gewohnter Manier: mit aller Gewalt. Demonstranten werden erschossen, tausende Oppositionelle sind in Haft. In Regionen, in denen sich Widerstandsbewegungen bilden, brennt die Armee Dörfer nieder und riegelt ganze Landstriche derart ab, sodass keine Versorgung durchkommt.

Die internationale Lage spielt der Junta in die Hände: Der Westen ist ganz mit dem Ukraine-Krieg und den Corona-Folgen befasst und schenkt Myanmar wenig Aufmerksamkeit. Und der einflussreiche Nachbar China hat prinzipiell kein Problem mit einer Diktatur an seiner Grenze.

Doch im Inneren ist das Regime mit einem massiven Aufstand konfrontiert, den es trotz seiner Brutalität bisher nicht brechen konnte. Und die Demokarteibewegung kann darauf zählen, dass sie in der Bevölkerung wesentlich mehr Rückhalt genießt als die vielerorts verhassten Generäle.