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Der Supreme Court erntet, was Trump gesät hat

Von Alexander Dworzak

Politik

Während der Präsidentschaft des Populisten wurde das Gewicht im Höchstgericht deutlich nach rechts verschoben.


Präsidenten gehen, Höchstrichter bleiben. Während US-Staatschefs lediglich zwei Amtsperioden à vier Jahre im Weißen Haus residieren, sind Richter am Supreme Court auf Lebenszeit bestellt - sofern sie nicht freiwillig vorzeitig demissionieren. Sie wirken damit weit über die Präsidenten hinaus.

In den vergangenen Jahrzehnten gab es im neunköpfigen Gremium formell einen leichten Überhang rechts der Mitte, die Mehrzahl der Richter wurde von republikanischen Präsidenten vorgeschlagen. Bei den Richtern handelte es sich jedoch nicht nur um Parteisoldaten, was auch daran lag, dass eine Mehrheit der 100 Senatoren die Zustimmung erteilen muss. Das erforderte gelegentlich Ausgleich zwischen den beiden politischen Lagern.

Moderate Konservative, Zentristen oder Linksliberale, deren Abstimmungsverhalten nicht vorhersehbar ist, tummeln sich im Supreme Court. Analog zu den "swing states", jenen Bundesstaaten, bei denen nicht klar ist, ob sie republikanisch oder demokratisch abstimmen, etwa bei Präsidentschaftswahlen, gibt es die "swing votes". Paradebeispiel war der unter Ronald Reagan ernannte Anthony Kennedy. Der Konservative stimmte für das Recht auf Abtreibung und machte sich bei den Republikanern unbeliebt.

Andererseits finden sich im Supreme Court ideologisch ganz klar positionierte Richter. Sie werden insbesondere gewählt, wenn Präsidentschaft und Senat in einer Parteihand liegen. Dieser Teil des Gremiums hat unter Donald Trump enorme Stärkung erfahren. Denn unter dem Populisten wurden gleich drei Richter neu bestellt. Juristische Exzellenz stand dabei nicht an oberster Stelle, in erster Linie zählte ein erzkonservatives Weltbild. Neil Gorsuch im Jahr 2017, Brett Kavanaugh 2018 und Amy Coney Barrett 2020 zogen in das Höchstgericht ein.

Keine glatten Siege

Erzürnt hat die Demokraten nicht nur die ideologische Grundierung, sondern auch, dass Trump auf den letzten Metern seiner Präsidentschaft Coney Barrett durchgedrückt hat. Als Barack Obama zehn Monate vor dem Ende seiner zweiten Amtszeit ein Supreme-Court-Mitglied ernennen wollte, blockierten die Republikaner. Sie erklärten, das sei Angelegenheit des nächsten Staatschefs. Die Demokraten schmerzte ebenfalls, dass Coney Barret, deren kritische Position zu Abtreibungen bekannt waren, auf Ruth Bader Ginsburg folgte. Sie galt als Kämpferin für die Gleichstellung und für Minderheiten, auch im Kontext sich verändernder Gesellschaften. Coney Barret gehört hingegen der Rechtsschule des Originalismus an, welche sich möglichst buchstabengetreu an der Verfassung orientiert.

Mit Coney Barret wurde erstmals seit 1870 eine Richterin ohne Stimme der Minderheitenpartei im Senat durchgeboxt. Und die Polarisierung hält an. Unter Joe Biden wurde Ketanji Brown Jackson im April als erste schwarze Richterin gewählt. Für sie votierten nur drei republikanische Senatoren.