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"Stehen weiter fest hinter Ukraine"

Politik

US-Präsident Joe Biden macht vor der UNO klar, dass die USA sich von Putins Drohungen nicht beeindrucken lassen. Und die Länder, die Nähe zu Russland pflegen, sind kein fester Block.


Ein Abwesender bestimmte maßgeblich die Dynamik der UN-Generalversammlung. Während sich Staats- und Regierungschefs aus aller Welt - darunter aus Österreich Präsident Alexander Van der Bellen, Kanzler Karl Nehammer und Außenminister Alexander Schallenberg - in New York versammelten, hat Russlands Staatschef Wladimir Putin mit seiner Rede am Mittwoch in Moskau seine Feindschaft gegenüber dem Westen mit neuen Drohungen unterstrichen - und dabei auch noch einmal betont, dass sein Land "auch über verschiedene Zerstörungsmittel!", sprich Atomwaffen, verfügt.

US-Präsident Joe Biden hat Putin eine klare Antwort gegeben: "Wir werden weiter fest hinter der Ukraine stehen. Wir werden weiter der russischen Aggression entgegenstehen", verkündet Biden. Er warf Russland vor, mit dem Feldzug gegen die Ukraine die UN-Charta massiv zu verletzen. Es ginge Moskau darum, "der Ukraine das Recht abzusprechen, als Staat zu existieren", sagte Biden. "Das sollte Ihr Blut gefrieren lassen, wo auch immer Sie selbst leben." Und er verurteilte scharf die russische Atomwaffen-Drohung. "Ein nuklearer Krieg kann nie gewonnen werden!", verkündete Biden. Er hat damit noch einmal deutlich gemacht, dass man sich von Putin nicht einschüchtern lassen und sich somit auch nicht erpressbar machen will.

Auch abseits der Generaldebatte wurde die Rede Putins von westlichen Politikern einhellig verurteilt und als Zeichen der militärischen Schwäche und teils auch der Panik gewertet.

"Russland kann diesen verbrecherischen Krieg nicht gewinnen", verkündete der deutsche Kanzler Olaf Scholz am Mittwoch am Rande der Generalversammlung. Schon am Tag zuvor hatte er bei seiner Rede Putin "blanken Imperialismus" vorgeworfen. Die Ukraine müsse in der Lage sein, Russlands Überfall abwehren zu können, hatte der SPD-Politiker betont. "Wir unterstützen die Ukraine dabei mit aller Kraft: finanziell, wirtschaftlich, humanitär und auch mit Waffen."

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verband seine Kritik an Putins Imperialismus mit einem Appell an die Länder, die sich in diesem Konflikt neutral geben: "Die, die heute schweigen, dienen wider Willen oder heimlich, mit einer gewissen Mitschuld, einem neuen Imperialismus, einem aktuellen Zynismus, der unsere internationale Ordnung sprengt, ohne die Frieden nicht möglich ist", sagte er. Der Zusammenhalt sei auch deshalb entscheidend, da wegen der Folgen des Krieges eine Spaltung der Welt drohe.

Macron hatte dabei Länder wie China, Indien oder die Türkei im Blick. Diese haben bisher, wie China, ihre Partnerschaft zu Russland betont, oder, wie die Türkei oder Indien, darauf verzichtet, Russlands Feldzug in der Ukraine zu verurteilen.

Putin hat auch immer wieder versucht, diese wichtigen Staaten auf seine Seite zu ziehen und mit ihnen eine Front gegen den Westen zu bilden. Von einer Blockbildung wie im Kalten Krieg ist man allerdings noch weit entfernt: Bis auf einzelne Ausnahmen wie Syrien oder Nordkorea steht kein Staat vorbehaltlos hinter Moskau. Darüber hinaus gibt es keine ideologische Verbundenheit wie einst unter den sozialistischen Bruderstaaten - vielmehr bestimmt Eigeninteresse die Beziehungen zu Russland.

Leichte Absetzbewegungen von Putin

China sieht sich von den USA bedrängt und betrachtet dabei Russland als Verbündeten. Indien wiederum profitiert von russischen Rohstoffen, die in Europa keinen Abnehmer mehr finden. Gleichzeitig hat es aber auch kein Interesse, wegen einer zu großen Verbundenheit mit Russland westliche Investitionen zu verlieren.

Allerdings ist fraglich, inwieweit diese Staaten bereit sind, Putins Eskalationen mitzutragen - zumal, wenn er in der Ukraine auf die Verliererstraße gerät. Die Volksrepubliken Donezk und Luhansk haben bis auf Moskau nur Syrien und Nordkorea anerkannt. Wenn nun Putin auch in Cherson und Saporischschja Referenden abhält, um diese Gebiete an Russland anzuschließen, könnte sich auch hier die internationale Anerkennung für einen solchen Schritt in Grenzen halten.

Zumal es schon Absetzbewegungen von Putin gibt. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte aufhorchen lassen, als er am Dienstag von Russland die Rückgabe der annektierten Gebiete - einschließlich der Krim - forderte. Auch Indiens Premier Narendra Modi hatte kürzlich zu Putin gesagt, dass derzeit "keine Ära des Krieges" sei. Und Chinas Staatschef Xi Jinping hatte Putin zuletzt zwar nicht offen kritisiert, aber auch auf jegliche offensive Unterstützung verzichtet.

Es ist nicht so, dass sich irgendeiner dieser Staaten - oder auch andere Russland-Versteher wie Südafrika - von Putin abgewandt hätten. Aber sie achten sehr darauf, welchen Preis, etwa in ihren Beziehungen zum Westen, sie für ihre Nähe zu Russland zahlen müssen und was ihnen diese bringt.(klh)